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Kriegsgegner besetzen Grünen-Büro
Tobias Singelstein taz
13. April 1999
„Gegen-Informations-Büro“ in der Landesgeschäftsstelle
Etwa 50 GegenerInnen des Nato-Einsatzes auf dem Balkan haben gestern nachmittag
erneut das Büro von Bündnis 90/Die Grünen in der Oranienstraße
besetzt. Im Gegensatz zu vorangegangenen Besetzungen wollen die KriegsgegnerInnen,
die aus verschiedenen Antikriegsgruppen stammen, dieses Mal für unbestimmte
Zeit in den Räumen der Landesgeschäftsstelle bleiben.
Gestern richteten sie dort ein „Gegen-Informations-Büro“ ein.
Ziel soll sein, „der herrschenden Kriegspropaganda etwas entgegenzusetzen“,
heißt es in einer ersten Erklärung. Dafür soll bei den Grünen
Raum für Diskussionen und Informationsaustausch geschaffen werden.
Der Landevorstand der Grünen, der von der Besetzung völlig überrascht
wurde, versuchte zunächst, die BesetzerInnen nicht hereinzulassen, und zog
sich in seine Räumlichkeiten zurück. Später machten die Grünen
den BesetzerInnen das Angebot, ihnen einen Raum und Infrastruktur zur Verfügung
zu stellen. Dies wollten die KriegsgegnerInnen zunächst aber nicht annehmen,
da die Grünen ihnen keinen Schlüssel geben und auch das Übernachten
in den Räumen nicht gestatten wollten. Bis Redaktionsschluss hielten die
Diskussionen an.
Den Medien werfen die KriegsgegnerInnen vor, die Propaganda und Definitionen der
Nato zu übernehmen und so die öffentliche Meinung „in die Irre“
zu führen. „Denn die Bevölkerung soll Ja! sagen zu eigenen Toten,
und sie soll den Krieg schließlich auch finanzieren - durch Sozialkürzungen,
Steuererhöhungen usw.“, heißt es in der Erklärung. Die strategischen
und wirtschaftlichen Interessen des Nato-Einsatzes würden hingegen verschwiegen
und stattdessen „in allen Medien einseitige Schuldzuweisungen wiedergekäut“.
Dem soll das „Gegen-Informations-Büro“ entgegenwirken, zu dessen
Eröffnung auf Flugblättern eingeladen wird. Da die BesetzerInnen das
Bedürfnis für derartige Diskussionen für immens halten, erwarten
sie in den kommenden Tagen einen großen Andrang. Weiterhin sind themenbezoge
Arbeitsgruppen geplant, um zu diskutieren, „wovon nicht die Rede ist“. |
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