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PersonalServiceAgenturen – PSA: die propagierte Wunderwaffe gegen Arbeitslosigkeit?
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1. Wahlprogramme und Koalitionsvereinbarung

In ihren Wahlprogrammen haben die Koalitionsparteien Langzeitarbeitslosen gegenüber Versprechen abgegeben, die nicht einmal einen Monat nach dem Wahltag eklatant verletzt werden.

Bündnis 90 / Die Grünen gaben vor, für eine soziale Grundsicherung zu sorgen, die die bisherige Arbeitslosenhilfe und die Sozialhilfe zusammenfassen solle. In ihrem Vierjahresprogramm 2002 bis 2006 heißt es: „ArbeitslosenhilfebezieherInnen sollen nicht schlechter gestellt werden als bisher. Die Bezugsbedingungen der Grundsicherung sollen denen der Arbeitslosenhilfe angeglichen werden.“ – Das genaue Gegenteil wurde mit dem Koalitionsvertrag vom 16. Oktober 2002 vereinbart.

Im Regierungsprogramm 2002 bis 2006 der SPD ist zu lesen: „Wir bekennen uns zur besonderen Verantwortung gegenüber den Schwächeren in unserer Gesellschaft. Deswegen wollen wir im Rahmen der Reform der Arbeitslosen- und Sozialhilfe keine Absenkung der zukünftigen Leistungen auf Sozialhilfeniveau.“ – Das genaue Gegenteil wurde mit dem Koalitionsvertrag vom 16. Oktober 2002 vereinbart.

Dort nämlich halten die Koalitionsparteien fest: „In einem ersten Schritt zur Umsetzung des Hartz-Konzepts für die Zusammenführung von Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe werden wir bei den Leistungen der Arbeitslosenhilfe Einkommen und Vermögen stärker berücksichtigen. Das Einkommen des Partners wird nicht angerechnet, soweit der Arbeitslosenhilfeempfänger durch diese Anrechnung Hilfe zum Lebensunterhalt beanspruchen
kann.“


2. Die Maßnahmen

In Übersicht 1 sind die Maßnahmen der zurzeit offenbar favorisierten Variante zur Umsetzung der Koalitionsvereinbarung aufgelistet. Daneben werden weitere Modelle erörtert, die von einer Reduzierung der hypothetischen Arbeitslosenhilfe des Partners auf den Mindestbetrag (Höhe des steuerlichen Existenzminimums) über eine noch stärkere Kürzung des Vermögensfreibetrages bis hin zur völligen Angleichung der Einkommensanrechnung bei der Arbeitslosenhilfe an die Einkommensanrechnung des BSHG reichen. Entsprechend höher fielen die projektierten Einsparvolumina zu Lasten der Arbeitslosenhilfe aus.

Im Rahmen der Arbeitslosenhilfe beliefen sich die Brutto-Einsparungen bei der zur Zeit offenbar favorisierten Kürzungsvariante auf 3,1 Milliarden Euro/Jahr – davon entfielen etwa 0,9 Milliarden Euro auf eingesparte Sozialversicherungsbeitrage und 2,2 Milliarden Euro auf die direkten Transferleistungen.
Die Mehrausgaben bei der Sozialhilfe werden mit 0,35 Milliarden Euro veranschlagt, so dass für die staatlichen Haushalte insgesamt ein Nettosparbetrag in Hohe von 2,75 Milliarden Euro verbliebe.

Übersicht 1:
Mögliche Umsetzung der Koalitionsvereinbarung


  Rechtsstand 2002 z. Zt. favorisierte
Kürzungsvariante
Zu berücksichtig-
endes Ein-
kommen des/der Arbeitslosen
1. Nebeneinkommen, sofern es den Frei-
betrag und die anzusetzenden Werbungskosten übersteigt
Freibetrag: 20 Prozent der Alhi, mindestens 165 Euro/Monat
Werbungskosten in angefallener Höhe

2. Sofern es nicht als Nebeneinkommen anzurechnen ist
Absetzung von Werbungskosten entfällt
Zu berücksichtig-endes Ein-
kommen des/der
Partners(in)
Soweit es den Freibetrag übersteigt;
Als Freibetrag anzusetzen sind:
Hypothetische Arbeitslosenhilfe des/der Partners(in)
Mindestens 602,92 Euro/Monat (2002)
 
Vom Einkommen sind absetzbar 1. Auf das Einkommen entfallende Steuern
2. Sozialversich-
erungsbeiträge
3. Beiträge zu öffentlichen oder privaten Versich-
erungen, soweit gesetzlich vorge-
schrieben oder angemessen in Höhe von drei Prozent des Einkommens (sofern der Arbeitslose und sein Partner in der SV versicherungspflichtig sind)
4. Werbungskosten
5. Ein Betrag in angemessener Höhe von den Erwerbsbe-
zügen des Partners. 2002 ist dies ein Pau-
schbetrag in Hohe von 150,73 Euro/Monat.
Absetzung von Versicherungs-
prämien entfällt
Absetzung von Werbungskosten entfällt
Absetzung des Betrages entfällt
Schonvermögen Ein Betrag von 520 Euro je Person (Arbeitsloser/ Partner) und Altersjahr – begrenzt auf jeweils 33 800 Euro Vermögensfrei-
betrag wird auf 260 Euro je Person und Altersjahr halbiert


3. Exorbitante Ausgrenzung aus dem Leistungsbezug

Ergebnis der drastischen Einschnitte wäre eine Reduzierung der Zahl der EmpfängerInnen von Arbeitslosenhilfe um rund 460 000 Personen (auf Basis von derzeit rd. 1,7 Millionen EmpfängerInnen) oder 27,1 Prozent. In den anderen Varianten liegt die Ausgrenzungsquote noch deutlich hoher.


Übersicht 2:
Einsparvolumina durch Änderung der Anrechnungsvorschriften im Bereich Arbeitslosenhilfe
Ausgangsbasis: Sollzahlen des Jahres 2003 – Angaben in Milliarden Euro

KV - Krankenversicherung
RV - Rentenverischerung
SV - Sozialversicherungsbeiträge
ALHI - Arbeitslosenhilfe
HLU - Hilfe zum Unterhalt - Sozialhilfe


Variante Einspa-
rung im Bereich der Trans-
ferlei-
stungen
Einspa-
rung im Bereich der KV
Einspa-
rung im Bereich der RV
SV Beiträge zusam-
men
Szenario 1:
Anrechnung Einkommen wie BSHG und Vermögensfrei-
betrag je Person und Altersjahr von 260 Euro
3,68 Mrd. Euro 0,61 Mrd. Euro 0,70 Mrd. Euro 1,51 Mrd. Euro
Szenario 2:
wie 1 aber hypothetische Arbeitslosen-
hilfe 1 wird [wie bisher] als Freibetrag gewährt; Frei-
betrag für eigene Erwerbstätigkeit gem. SGB III 2 Vermögensfrei-
betrag wie Szenario 1
2,20 Mrd. Euro 0,48 Mrd. Euro 0,42 Mrd. Euro 0,90 Mrd. Euro
Szenario 3:
wie 2 aber hypothetische Alhi nur in Höhe des Existenzmini-
mums (602 Euro) Vermögensfrei-
betrag wie Szenario 1
3,26 Mrd. Euro 0,72 Mrd. Euro 0,62 Mrd. Euro 1,34 Mrd. Euro
Szenario 4:
wie 3 aber Vermögensfrei-
betrag je Person und Altersjahr 100 Euro
3,36 Mrd. Euro 0,74 Mrd. Euro 0,64 Mrd. Euro 1,38 Mrd. Euro



Variante Einsparung insgesamt im System ALHI Mehrbelas-
tung HLU (Sozi)
Nettoein-
sparung insgesamt ab 2004
[Ein-
sparung-
en abzgl. Mehr-
ausgaben HLU/Sozi]
Szenario 1:
Anrechnung Einkommen wie BSHG und Vermögensfrei-
betrag je Person und Altersjahr von 260 Euro
5,2 Mrd. Euro 0,00 Mrd. Euro 5,2 Mrd. Euro
Szenario 2:
wie 1 aber hypothetische Arbeitslosenhilfe 1 wird [wie bisher] als Freibetrag gewahrt; Freibetrag für eigene Erwerbstätigkeit gem. SGB III 2 Vermögensfreibetrag wie Szenario 1
3,1 Mrd. Euro 0,35 Mrd. Euro 2,75 Mrd. Euro
Szenario 3:
wie 2 aber hypothetische Alhi nur in Höhe des Existenzminimums (602 Euro) Vermögensfreibetrag wie Szenario 1
4,59 Mrd. Euro 0,52 Mrd. Euro 3,97 Mrd. Euro
Szenario 4:
wie 3 aber Vermögensfreibetrag je Person und Altersjahr 100 Euro
4,75 Mrd. Euro 0,52 Mrd. Euro 4,13 Mrd. Euro



Variante Nettoein-
sparung insgesamt im Jahr 2003
[für Neube-
scheide] Ein-
sparung Alhi abzgl. Mehr-aufwand HLU/Sozi
Struktur-
infor-
mationen
Anteil der Personen, bei denen ALHI wegfällt
Struktur-
infor-
mationen
Anteil der Doppelbe-
zieher ALHI/HLU
Szenario 1:
Anrechnung Einkommen wie BSHG und Vermögensfreibetrag je Person und Altersjahr von 260 Euro
2,86 Mrd. Euro 35,10 Prozent 10,0 Prozent
Szenario 2:
wie 1 aber hypo-thetische Arbeitslosenhilfe (1) wird [wie bisher] als Freibetrag gewahrt; Freibetrag für eigene Erwerbstätigkeit gem. SGB III (2) Vermögensfreibetrag wie Szenario 1
1,51 Mrd. Euro 27,10 Prozent 13,9 Prozent
Szenario 3:
wie 2 aber hypothetische Alhi nur in Höhe des Existenzminimums (602 Euro) Vermögensfreibetrag wie Szenario 1
2,19 Mrd. Euro 38,50 Prozent 16,7 Prozent
Szenario 4:
wie 3 aber Vermögensfreibetrag je Person und Altersjahr 100 Euro
2,27 Mrd. Euro 39,70 Prozent 16,7 Prozent

  1. Freibetrag in Höhe der Arbeitslosenhilfe, die sich aus dem Erwerbseinkommen des Ehegatten oder Partners ergibt (mindestens 602 Euro)
  2. Freibetrag in Höhe von 20 Prozent der Arbeitslosenhilfe, mindestens 165 Euro

Berechnung auf Basis der Einkommens- und Verbrauchstichprobe
Johannes Steffen Arbeitnehmerkammer Bremen Burgerstraße 1 28195 Bremen http://www.arbeitnehmerkammer.de/sozialpolitik/



Zitate
„Die Verzahnung von Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe für Arbeitslose ermöglicht konzentrierte Bemühungen im Interesse der Langzeitarbeitslosen für eine bessere, schnellere Vermittlung in Beschäftigung. Wir bekennen uns zur besonderen Verantwortung gegenüber den Schwächeren in unserer Gesellschaft. Deswegen wollen wir im Rahmen der Reform der Arbeitslosen- und sozialhilfe keine Absenkung der zukünftigen Leistungen auf Sozialhilfeniveau.“ (SPD-Wahlprogramm: Erneuerung und Zusammenhalt – Wir in Deutschland. Regierungsprogramm 2002 bis 2006)

„Die Grundsicherung fasst Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe zusammen. Dabei wollen wir keine Umwandlung von Arbeitslosenhilfe in Sozialhilfe, sondern ein neues Leistungssystem. ArbeitslosenhilfebezieherInnen sollen nicht schlechter gestellt werden als bisher. Die Bezugsbedingungen der Grundsicherung sollen denen der Arbeitslosenhilfe angeglichen werden. Angesparte finanzielle Reserven zur Alterssicherung und privat genutztes Wohneigentum dürfen nicht auf die Grundsicherung angerechnet werden.“
(Bündnis 90/Die Grünen-Wahlprogramm: Vierjahresprogramm 2002 bis 2006)

„Wir werden die Kompetenzen zur Bekämpfung von Langzeitarbeitslosigkeit durch die Zusammenführung der Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe bündeln. So erhalten erwerbsfähige Leistungsbezieher den Zugang zu erforderlichen Beratungs-, Vermittlungs- und Integrationsleistungen sowie Geldleistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts. In einem ersten Schritt zur Umsetzung des Hartz-Konzepts für die Zusammenführung von Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe werden wir bei den Leistungen der Arbeitslosenhilfe Einkommen und Vermögen stärker berücksichtigen. Das Einkommen des Partners wird nicht angerechnet, soweit der Arbeitslosenhilfeempfänger durch diese Anrechnung Hilfe zum Lebensunterhalt beanspruchen kann.“ (Rot-Grüne Koalitionsvereinbarung für die 15. Wahlperiode)
 22. Oktober 2002