|
|
|
|
PersonalServiceAgenturen
– PSA: die propagierte Wunderwaffe gegen Arbeitslosigkeit?
Johannes Steffen Arbeitnehmerkammer
Bremen Burgerstraße
1 28195 Bremen
als
pdf-Datei 1.
Wahlprogramme und Koalitionsvereinbarung
In ihren Wahlprogrammen haben die Koalitionsparteien Langzeitarbeitslosen gegenüber
Versprechen abgegeben, die nicht einmal einen Monat nach dem Wahltag eklatant
verletzt werden.
Bündnis 90 / Die Grünen gaben vor, für eine soziale Grundsicherung
zu sorgen, die die bisherige Arbeitslosenhilfe und die Sozialhilfe zusammenfassen
solle. In ihrem Vierjahresprogramm 2002 bis 2006 heißt es: „ArbeitslosenhilfebezieherInnen
sollen nicht schlechter gestellt werden als bisher. Die Bezugsbedingungen der
Grundsicherung sollen denen der Arbeitslosenhilfe angeglichen werden.“ –
Das genaue Gegenteil wurde mit dem Koalitionsvertrag vom 16. Oktober 2002 vereinbart.
Im Regierungsprogramm 2002 bis 2006 der SPD ist zu lesen: „Wir bekennen
uns zur besonderen Verantwortung gegenüber den Schwächeren in unserer
Gesellschaft. Deswegen wollen wir im Rahmen der Reform der Arbeitslosen- und Sozialhilfe
keine Absenkung der zukünftigen Leistungen auf Sozialhilfeniveau.“
– Das genaue Gegenteil wurde mit dem Koalitionsvertrag vom 16. Oktober 2002
vereinbart.
Dort nämlich halten die Koalitionsparteien fest: „In einem ersten Schritt
zur Umsetzung des Hartz-Konzepts für die Zusammenführung von Arbeitslosenhilfe
und Sozialhilfe werden wir bei den Leistungen der Arbeitslosenhilfe Einkommen
und Vermögen stärker berücksichtigen. Das Einkommen des Partners
wird nicht angerechnet, soweit der Arbeitslosenhilfeempfänger durch diese
Anrechnung Hilfe zum Lebensunterhalt beanspruchen
kann.“ 2. Die
Maßnahmen
In Übersicht 1 sind die Maßnahmen der zurzeit offenbar favorisierten
Variante zur Umsetzung der Koalitionsvereinbarung aufgelistet. Daneben werden
weitere Modelle erörtert, die von einer Reduzierung der hypothetischen Arbeitslosenhilfe
des Partners auf den Mindestbetrag (Höhe des steuerlichen Existenzminimums)
über eine noch stärkere Kürzung des Vermögensfreibetrages
bis hin zur völligen Angleichung der Einkommensanrechnung bei der Arbeitslosenhilfe
an die Einkommensanrechnung des BSHG reichen. Entsprechend höher fielen die
projektierten Einsparvolumina zu Lasten der Arbeitslosenhilfe aus.
Im Rahmen der Arbeitslosenhilfe beliefen sich die Brutto-Einsparungen bei der
zur Zeit offenbar favorisierten Kürzungsvariante auf 3,1 Milliarden Euro/Jahr
– davon entfielen etwa 0,9 Milliarden Euro auf eingesparte Sozialversicherungsbeitrage
und 2,2 Milliarden Euro auf die direkten Transferleistungen.
Die Mehrausgaben bei der Sozialhilfe werden mit 0,35 Milliarden Euro veranschlagt,
so dass für die staatlichen Haushalte insgesamt ein Nettosparbetrag in Hohe
von 2,75 Milliarden Euro verbliebe. Übersicht 1:
Mögliche Umsetzung der Koalitionsvereinbarung
|
Rechtsstand 2002 |
z. Zt. favorisierte
Kürzungsvariante |
Zu berücksichtig-
endes Ein-
kommen des/der Arbeitslosen |
1. Nebeneinkommen, sofern es den Frei-
betrag und die anzusetzenden Werbungskosten übersteigt
Freibetrag: 20 Prozent der Alhi, mindestens 165 Euro/Monat
Werbungskosten in angefallener Höhe
2. Sofern es nicht als Nebeneinkommen anzurechnen ist |
Absetzung von Werbungskosten entfällt |
Zu berücksichtig-endes Ein-
kommen des/der
Partners(in) |
Soweit es den Freibetrag übersteigt;
Als Freibetrag anzusetzen sind:
Hypothetische Arbeitslosenhilfe des/der Partners(in)
Mindestens 602,92 Euro/Monat (2002) |
|
Vom Einkommen sind absetzbar
|
1. Auf das Einkommen entfallende
Steuern
2. Sozialversich-
erungsbeiträge
3. Beiträge zu öffentlichen oder privaten Versich-
erungen, soweit gesetzlich vorge-
schrieben oder angemessen in Höhe von drei Prozent des Einkommens (sofern
der Arbeitslose und sein Partner in der SV versicherungspflichtig sind)
4. Werbungskosten
5. Ein Betrag in angemessener Höhe von den Erwerbsbe-
zügen des Partners. 2002 ist dies ein Pau-
schbetrag in Hohe von 150,73 Euro/Monat. |
Absetzung von Versicherungs-
prämien entfällt
Absetzung von Werbungskosten entfällt
Absetzung des Betrages entfällt |
Schonvermögen |
Ein Betrag von 520 Euro je Person
(Arbeitsloser/ Partner) und Altersjahr – begrenzt auf jeweils 33 800 Euro |
Vermögensfrei-
betrag wird auf 260 Euro je Person und Altersjahr halbiert |
3. Exorbitante Ausgrenzung aus
dem Leistungsbezug
Ergebnis der drastischen Einschnitte wäre eine Reduzierung der Zahl der
EmpfängerInnen von Arbeitslosenhilfe um rund 460 000 Personen (auf
Basis von derzeit rd. 1,7 Millionen EmpfängerInnen) oder 27,1 Prozent.
In den anderen Varianten liegt die Ausgrenzungsquote noch deutlich hoher. Übersicht
2: Einsparvolumina durch Änderung der Anrechnungsvorschriften im Bereich
Arbeitslosenhilfe
Ausgangsbasis: Sollzahlen des Jahres 2003 – Angaben in Milliarden Euro
KV - Krankenversicherung
RV - Rentenverischerung
SV - Sozialversicherungsbeiträge
ALHI - Arbeitslosenhilfe
HLU - Hilfe zum Unterhalt - Sozialhilfe
Variante |
Einspa-
rung im Bereich der Trans-
ferlei-
stungen |
Einspa-
rung im Bereich der KV |
Einspa-
rung im Bereich der RV |
SV
Beiträge zusam-
men |
Szenario 1:
Anrechnung Einkommen wie BSHG und Vermögensfrei-
betrag je Person und Altersjahr von 260 Euro |
3,68 Mrd. Euro
|
0,61 Mrd. Euro
|
0,70 Mrd. Euro
|
1,51
Mrd. Euro |
Szenario 2:
wie 1 aber hypothetische Arbeitslosen-
hilfe 1 wird [wie bisher] als Freibetrag gewährt; Frei-
betrag für eigene Erwerbstätigkeit gem. SGB III 2 Vermögensfrei-
betrag wie Szenario 1 |
2,20 Mrd. Euro
|
0,48 Mrd. Euro
|
0,42 Mrd. Euro
|
0,90
Mrd. Euro |
Szenario 3:
wie 2 aber hypothetische Alhi nur in Höhe des Existenzmini-
mums (602 Euro) Vermögensfrei-
betrag wie Szenario 1 |
3,26 Mrd. Euro |
0,72 Mrd. Euro |
0,62 Mrd. Euro |
1,34
Mrd. Euro |
Szenario 4:
wie 3 aber Vermögensfrei-
betrag je Person und Altersjahr 100 Euro |
3,36 Mrd. Euro
|
0,74 Mrd. Euro
|
0,64 Mrd. Euro
|
1,38
Mrd. Euro |
Variante |
Einsparung
insgesamt im System ALHI |
Mehrbelas-
tung HLU (Sozi) |
Nettoein-
sparung insgesamt ab 2004
[Ein-
sparung-
en abzgl. Mehr-
ausgaben HLU/Sozi] |
Szenario 1:
Anrechnung Einkommen wie BSHG und Vermögensfrei-
betrag je Person und Altersjahr von 260 Euro |
5,2 Mrd. Euro |
0,00 Mrd. Euro |
5,2
Mrd. Euro |
Szenario 2:
wie 1 aber hypothetische Arbeitslosenhilfe 1 wird [wie bisher] als Freibetrag
gewahrt; Freibetrag für eigene Erwerbstätigkeit gem. SGB III 2 Vermögensfreibetrag
wie Szenario 1 |
3,1 Mrd. Euro
|
0,35 Mrd. Euro
|
2,75
Mrd. Euro |
Szenario 3:
wie 2 aber hypothetische Alhi nur in Höhe des Existenzminimums (602 Euro)
Vermögensfreibetrag wie Szenario 1 |
4,59 Mrd. Euro
|
0,52 Mrd. Euro
|
3,97
Mrd. Euro |
Szenario 4:
wie 3 aber Vermögensfreibetrag je Person und Altersjahr 100 Euro |
4,75 Mrd. Euro
|
0,52 Mrd. Euro
|
4,13
Mrd. Euro |
Variante |
Nettoein-
sparung insgesamt im Jahr 2003 [für Neube-
scheide] Ein-
sparung Alhi abzgl. Mehr-aufwand HLU/Sozi |
Struktur-
infor-
mationen Anteil der Personen,
bei denen ALHI wegfällt |
Struktur-
infor-
mationen Anteil der Doppelbe-
zieher ALHI/HLU |
Szenario 1:
Anrechnung Einkommen wie BSHG und Vermögensfreibetrag je Person und Altersjahr
von 260 Euro |
2,86 Mrd. Euro |
35,10
Prozent |
10,0
Prozent |
Szenario 2:
wie 1 aber hypo-thetische Arbeitslosenhilfe (1) wird [wie bisher]
als Freibetrag gewahrt; Freibetrag für eigene Erwerbstätigkeit gem.
SGB III (2) Vermögensfreibetrag wie Szenario 1 |
1,51 Mrd. Euro
|
27,10
Prozent |
13,9
Prozent |
Szenario 3:
wie 2 aber hypothetische Alhi nur in Höhe des Existenzminimums (602 Euro)
Vermögensfreibetrag wie Szenario 1 |
2,19 Mrd. Euro
|
38,50
Prozent |
16,7
Prozent |
Szenario 4:
wie 3 aber Vermögensfreibetrag je Person und Altersjahr 100 Euro |
2,27 Mrd. Euro
|
39,70
Prozent |
16,7
Prozent |
- Freibetrag in Höhe der Arbeitslosenhilfe, die sich aus
dem Erwerbseinkommen des Ehegatten oder Partners ergibt (mindestens 602 Euro)
- Freibetrag in Höhe von 20 Prozent der Arbeitslosenhilfe,
mindestens 165 Euro
Berechnung auf Basis der Einkommens- und Verbrauchstichprobe
Johannes Steffen Arbeitnehmerkammer
Bremen Burgerstraße
1 28195 Bremen
http://www.arbeitnehmerkammer.de/sozialpolitik/
Zitate
„Die Verzahnung von Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe für Arbeitslose
ermöglicht konzentrierte Bemühungen im Interesse der Langzeitarbeitslosen
für eine bessere, schnellere Vermittlung in Beschäftigung. Wir bekennen
uns zur besonderen Verantwortung gegenüber den Schwächeren in unserer
Gesellschaft. Deswegen wollen wir im Rahmen der Reform der Arbeitslosen- und sozialhilfe
keine Absenkung der zukünftigen Leistungen auf Sozialhilfeniveau.“
(SPD-Wahlprogramm: Erneuerung und Zusammenhalt – Wir in Deutschland. Regierungsprogramm
2002 bis 2006) „Die Grundsicherung fasst Arbeitslosenhilfe und
Sozialhilfe zusammen. Dabei wollen wir keine Umwandlung von Arbeitslosenhilfe
in Sozialhilfe, sondern ein neues Leistungssystem. ArbeitslosenhilfebezieherInnen
sollen nicht schlechter gestellt werden als bisher. Die Bezugsbedingungen der
Grundsicherung sollen denen der Arbeitslosenhilfe angeglichen werden. Angesparte
finanzielle Reserven zur Alterssicherung und privat genutztes Wohneigentum dürfen
nicht auf die Grundsicherung angerechnet werden.“
(Bündnis 90/Die Grünen-Wahlprogramm: Vierjahresprogramm 2002 bis 2006)
„Wir werden die Kompetenzen zur Bekämpfung von Langzeitarbeitslosigkeit
durch die Zusammenführung der Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe bündeln.
So erhalten erwerbsfähige Leistungsbezieher den Zugang zu erforderlichen
Beratungs-, Vermittlungs- und Integrationsleistungen sowie Geldleistungen zur
Sicherung des Lebensunterhalts. In einem ersten Schritt zur Umsetzung des Hartz-Konzepts
für die Zusammenführung von Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe werden
wir bei den Leistungen der Arbeitslosenhilfe Einkommen und Vermögen stärker
berücksichtigen. Das Einkommen des Partners wird nicht angerechnet, soweit
der Arbeitslosenhilfeempfänger durch diese Anrechnung Hilfe zum Lebensunterhalt
beanspruchen kann.“ (Rot-Grüne Koalitionsvereinbarung für die
15. Wahlperiode) |
|
|