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Die Bedrohungen aus Washington
Angel Guerra Cabrera La
Jornada 30.
November 2005
Der mögliche Erfolg des indigenen Führers der Kokabauern Evo Morales,
dem Kandidaten der MAS (Bewegung zum Sozialismus) bei den nächsten Präsidentschaftswahlen
am 18. Dezember 2005 in Bolivien wäre nicht das Ergebnis einer Werbekampagne
ohne konkrete Vorschläge, wie sie in Mode sind.
Wenn dieses bedeutende Ereignis stattfindet, wäre es auf den starken Kampf
der Indios und der sozialen Bewegungen Boliviens um ihre Naturressourcen und
gegen das traditionelle System der Unterdrückung durch den us-amerikanischen
Imperialismus und die Oligarchie, zurückzuführen. Alles weist darauf
hin, dass Evo, dem Kandidaten Washingtons Jorge Quiroga an Stimmen um Längen
voraus ist. Aber das besondere bolivianische Wahlgesetz sieht vor, dass der Kongress,
in dem die MAS fast sicher nicht die Mehrheit haben wird, bestimmt wer der Staatschef
sein soll. Dies geschieht wenn keiner der Kandidaten 51 Prozent der Stimmen erhält.
Dennoch ist es auch in diesem Fall für die Parteien der Oligarchie schwierig
Morales zu blockieren, da es einen Massenaufstand hervorrufen würde.
Die sozialen Bewegungen in Bolivien haben schon die neoliberalen Präsidenten
Gonzalo Sánchez de Losada, im Jahr 2003, und Carlos Mesa im Juni dieses
Jahres, gestürzt. Außerdem haben sie andere wichtige Siege errungen,
wie im „Wasserkrieg“ im Jahre 2000. Nach dem Abgang Mesas akzeptierte
die soziale Bewegung, dass der Kongress Eduardo Rodríguez als Übergangspräsidenten
bestimmte, jedoch unter der Bedingung, dass innerhalb von sechs Monaten vorgezogene
allgemeine Wahlen stattfinden. Die Oligarchie hat danach mit Unterstützung
des Verfassungsgerichtes versucht legale Spitzfindigkeiten anzuwenden, um die
Wahlen abzublasen oder zu verschieben. Durch den Druck des Volkes konnte dies
aber nicht gelingen. Durch ein Dekret des Präsidenten Rodríguez blieb
der Weg für die Wahlen frei.
Die Angst der bolivianischen Elite und der Regierung Bush vor einer Präsidentschaft
von Morales ist nicht unbegründet. Sie gründet sich auf dem politischen
Wechsel der sowohl innerhalb Boliviens als auch in der Region stattfinden könnte,
die für die Vereinigten Staaten bereits ungünstig ist, wie man kürzlich
beim Gipfel in Mar del Plata sehen konnte Die MAS hat ein weites Netz von Bündnissen
sozialer Kräfte in Bezug auf die Kandidatur von Morales gesponnen. Es basiert
auf drei wesentlichen Punkten: Zurückweisung der neoliberalen Politik und
des „Frei“handels, Nationalisierung und Industrialisierung der Rohstoffe
als Antrieb der ökonomischen und sozialen Entwicklung und die Einberufung
einer verfassungsgebenden Versammlung, die den traditionell benachteiligten Sektoren
einen größeren Einfluss im Staat gäbe. Die mögliche Wahl
von Morales zum Präsidenten sichert nicht von allein die Erfüllung
dieses Programms. Washington wird alles tun um das Programm anzugreifen und wird
seine gesamte Macht nutzen, um die dominante Klasse Boliviens auf legislativer
und judikativer Ebene zu erhalten. Es ist viel sagend, dass das Pentagon die
Auslieferung von Bodenluftraketen der bolivianischen Armee erzwungen hat. Bolivien
befindet sich am Rande des Bankrotts, weil sich das internationale Kapital großer
Teile der Reichtümer bemächtigt.
Bolivien läuft Gefahr durch die Abspaltungsversuche der Oligarchie von Santa
Cruz de la Sierra, die sich angesichts eines möglichen Sieges von Evo Morales
verstärken, geteilt zu werden.
Unter dem Dach der Oligarchie von Santa Cruz hat sich ein großer Teil der
traditionellen dominanten Klasse des Westens des Landes geschart, die viel von
ihrem früheren politischen Einfluss verloren hat. Die Elite von Santa Cruz
sah sich nicht so großen Angriffen gegenüber wie ihre Sinnesgenossen
im Westen. Der Migrationshintergrund großer Teile der Bevölkerung
im Osten förderte die Entwicklung rebellischer Bewegungen nicht. Zusammengefasst
ist die Oligarchie in Santa Cruz das Instrument der wiederholten Versuche Washingtons
den Zutritt der sozialen Bewegungen, in der Person Evo Morales, an die Regierung
zu verhindern. Der Separatismus von Santa Cruz wird dadurch motiviert, sich die
reichen Gasvorkommen von Tarija, wo die Unterstützung für Morales gering
ist, anzueignen.
Dies würde das bolivianische Volk seiner wichtigsten Ressource berauben,
mit der ein Programm zur Verteilung der Reichtümer vorangebracht werden
kann, in einem Land dessen Bevölkerung zu den Ärmsten in Südamerika
gehört. Deshalb ist vielleicht die größte Herausforderung mit
der der Sieg des Volkes bei den Wahlen in Bolivien konfrontiert sein könnte,
ein Bürgerkrieg. Dieser soll dann die militärische Intervention Washingtons
rechtfertigen.
Aus dem Spanischen vom Gegeninformationsbüro |
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