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Spanien schickt Panzer nach Kolumbien und schließt die Grenzen für Flüchtlinge
voz de la nueva colombia 7. März 2004


CEAR (spanische Flüchtlingshilfsorganisation) wurde durch die Nachricht alarmiert, dass Spanien mehrere Kampffahrzeuge und Granaten an Kolumbien liefern wird, die einen Wert von mehr als sechs Millionen Dollar haben. Damit wird Spanien zum zweitwichtigsten Land nach den USA, das militärische Hilfe bietet. Als Flüchtlingshilfsorganisation in Spanien und angesichts unseres Einsatzes für die Menschenrechte verstehen wir nicht, wie die spanische Regierung dem Präsidenten Uribe militärische Unterstützung geben kann. Damit trägt sie zur Verschärfung des Kriegs bei und erhöht die Unterdrückungs- und Gewaltspirale, die die Zivilbevölkerung quält.

Der Kampf gegen den Terrorismus ist kein Argument mit dem man über die erschreckende Realität Kolumbiens hinweggehen kann. Laut Studien von Nichtregierungsorganisationen wurden seit 1985 fast drei Millionen Kolumbianer Opfer der Vertreibung aufgrund des bewaffneten Konflikts, an dem Guerrillagruppen, ultrarechte Paramilitärs und Polizei beteiligt sind. Mit dieser Entscheidung bewaffnet Spanien eine Armee, die von Menschenrechtsorganisationen und internationalen Organismen als Hauptverantwortliche für die Verletzung der Menschenrechte bezeichnet wurde. Es ist außerdem eine Armee, die eng mit paramilitärischen Gruppen verbunden ist, denen die kolumbianische Regierung aufgrund des Gesetzesprojektes „Strafalternative“ („alternatividad penal“) die absolute Straffreiheit bezüglicher ihrer kriminellen Handlungen zusichert. Weiterhin erkennt diese Regierung die Besitzergreifung von Ländereien durch Vertreibung der Bevölkerung und Terrorpraktiken an.

Die spanische Regierung passt sich der These von Uribe an, indem sie wiederholt, dass es in Kolumbien keinen bewaffneten Kampf gäbe, sondern „einen Kampf des Volkes gegen Banditen und Terroristen“. Dies bedeutet, das Prinzip der Unterscheidung zwischen den Seiten nicht anzuerkennen, was die Erfüllung des internationalen Menschenrechts garantieren würde. Interessanterweise wird dieser Diskurs gemeinsam mit einem Angriff Uribes gegen die Menschenrechtsverteidiger gehalten, wo er sie als „Terrorismusverteidiger“ beschuldigt und dies, obwohl sie einen wesentlichen Teil der Opfer der Gewalt stellen.

CEAR schließt sich den Forderungen der Menschenrechtsorganisationen in Kolumbien, sowie der Internationalen Menschenrechtsvereinigung an, indem sie eine Sicherheitspolitik, die nicht den fundamentalen Rechten und Freiheiten entgegensteht, und das Ende der Militärstrategie fordert. Damit sollen Lösungswege diskutiert und ein Frieden mit sozialer Gerechtigkeit gefunden werden, der mit fünf Jahrzehnten Bürgerkrieg Schluss macht. Die so genannte Politik der demokratischen Sicherheit des Präsidenten Uribe, die massiv von 75 Prozent der kolumbianischen Wähler beim Referendum vom 25. Oktober abgelehnt wurde, und mit der man angeblich den Terrorismus bekämpfen will, wird den bewaffneten Konflikt auf die Zivilbevölkerung ausdehnen. Dieser werden Sicherheitsfunktionen übertragen, die Sache des Staates sind. Diese Politik drückte sich im vergangenen Jahr durch fast 2000 willkürliche Festnahmen aus. Die Situation verschärft sich noch durch die Schaffung eines Antiterrorgesetzes von 2003 (Estatuto Antiterrorista, Acto Legislativo 223), das die Gefangennahme ohne gerichtlichen Beschluss erlaubt, die Bewegungsfreiheit einschränkt und den Militärs polizeirechtliche Befugnisse einräumt.

Die Bilanz dieser „Sicherheitspolitik“ könnte nicht verheerender sein: während des Mandats von Präsident Uribe wurden bisher 13 Menschenrechtsverteidiger, 72 Gewerkschaftler und mehr als 50 Gemeindeführer und Bauern ermordet. Zwischen Juni 2002 und Juni 2003 wurden mehr als 19 Morde täglich in Kolumbien verübt. Die Gewalt wird täglich und ungestraft gegen die Menschenrechtsverteidiger, Gewerkschaftler, soziale Führer, Bauern, Indigene und Journalisten ausgeübt und zwingt jährlich Tausende das Land zu verlassen.

Obwohl Präsident Aznar diese Realität kennt, hat er nicht nur entschieden der Internationalen Menschenrechtsorganisation kein Gehör zu verleihen, als diese kürzlich dem Europäischen Parlament riet nicht der Kriegsstrategie des Präsidenten zu folgen, als dieser sich auf Europareise befand. Vielmehr unterstützte er die kolumbianische Regierung, d.h. die Straflosigkeit, die Einschränkung von Rechten und Freiheiten, die Ausdehnung des Konflikts auf die Zivilbevölkerung und Angriffe gegen die Menschenrechtsverteidiger. Spanien entscheidet sich, den bewaffneten Konflikt auf einer Seite zu fördern. Es ist blind und stumm gegenüber dem internationalen Ruf, der das Ende des Bürgerkrieges fordert, der Kolumbien in eines der hauptsächlichen Länder der Welt für Flüchtlingsbewegungen verwandelt hat.

Allein im Jahr 2003 suchten 6808 Kolumbianer Schutz in Drittländern. Davon kamen 524 an unsere Grenzen. Wir müssen darauf hinweisen, dass die Waffensendung der spanischen Regierung an Kolumbien mit einer Politik der geschlossenen Grenzen zusammenfällt. Diese drückt sich in einem Visumszwang für ankommende Kolumbianer aus. Ihre Ankunft und die Möglichkeit auf einen Asylantrag werden enorm erschwert, indem eine große Anzahl von Anträgen mit dem Argument, Kolumbien sei ein „sicheres Land“, abgelehnt wird. CEAR denunziert diese unmoralische, unverantwortliche und die den Menschenrechten und Frieden gegenüber respektlose Politik. Wir fordern von der spanischen Regierung, dass sie den Waffenverkauf an Kolumbien, sowie an andere Länder, wo ein bewaffneter Konflikt existiert oder Menschenrechtsverletzungen geschehen, verbietet. Weiterhin soll die spanische Regierung den Zugang zum Asylantrag garantieren und einen entsprechenden Schutz für Menschen, die in unser Land kommen, um vor Verfolgung in Kolumbien zu fliehen, in Übereinstimmung mit von Spanien unterzeichneten internationalen Verträgen, sichern.
 7. März 2004