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„Dunkle und verleumderische Desinformation“
Edgar Göll junge Welt 6. Oktober 2004


Zunehmend werden Kampagnen gegen Kuba mit der Lage der dortigen Menschenrechte begründet. So auch bei der IGfM

Anfang September erschien in der Frankfurter Rundschau (FR) ein vielsagender Beitrag zu Kuba. Unter dem Titel „Sextouristen füllen Castros Kasse auf“ suggerierte die Autorin, die sozialistische Regierung in Havanna würde (Kinder-) Prostitution tolerieren oder gar mit dem Ziel fördern, an Devisen zu gelangen. Die These stützte sich maßgeblich auf ein Interview mit der in Miami/ USA ansässigen Exilkubanerin Laida Carro. Ihre Terminplanung in Deutschland oblag der „Internationalen Gemeinschaft für Menschenrechte“ (IGfM). Und die wußte, wie die Gespräche zu inszenieren waren. Wenige Tage nach dem FR-Gespräch waren die Exilkubaner samt IGfM beim Deutschen Ärzteblatt in Köln zu Gast. Kernaussage in dessen anschließendem Bericht: „In Kuba herrscht ein regelrechtes medizinisches Apartheidsystem.“ Während Laida Carro in dem FR-Artikel als Vorsitzende einer Gruppe namens „Kubanisch-Amerikanische Frauenkoalition“ vorgestellt wird, posierte sie gegenüber dem Ärzteblatt lediglich als brave Medizinergattin. Tatsächlich setzt sie sich in ihrer Wahlheimat USA vor allem dagegen ein, dass die Universität Miami trotz staatlicher Repressalien an Studienreisen nach Kuba festhält. Ein obskures Freiheitsverständnis.

Es war nicht das erste Mal, dass die IGfM rechte ideologische Kampagnen unter dem Deckmantel des Menschenrechtsaktivismus verbarg. Bereits 1990 befassten sich die Journalisten Günter Platzdasch und Rainer Fromm in einer investigativen Studie mit der Gruppe. Die Arbeit basierte sowohl auf umfangreichen Recherchen als auch auf den persönlichen Erfahrungen, die Platzdasch in der Pressestelle der IGfM machte. Demnach sind bzw. waren in der Gruppe rechskonservative bis -extremistische Personen wie Otto von Habsburg, Konrad Löw und Lothar Bossle aktiv. Aber auch Kriminelle und Neofaschisten seien in führenden IGfM-Positionen im Einsatz. Kontakte habe es demnach mit der NPD, den Republikanern, der totalitaristischen Mun-Sekte, vereinzelt auch mit den türkischen Neofaschisten der „Grauen Wölfe“ und der CIA gegeben. Das ist wenig erstaunlich, beachtet man die historischen Hintergründe der Gruppe. Bei ihren historischen Recherchen fanden Platzdasch und Fromm heraus, dass die IGfM 1972 unter starkem ideologischen Einfluss einer ehemals Hitlertreuen russischen Organisation gegründet worden war: dem „Bund russischer Solidaristen“ (ROWS, später in NTS umbenannt).

Aufgrund der mehr als dubiosen Machenschaften der IGfM haben immer wieder führende Mitglieder wie Cornelia Gerstenmaier, der Staatsrechtler Martin Kriele und der sowjetische Dissident Wladimir Bukowski die Gruppe verlassen. Ende 1987 verurteilte die 42. Generalversammlung der Vereinten Nationen „die so genannte Internationale Gesellschaft für Menschenrechte“ sogar als „Agenten“ des südafrikanischen Rassistenregimes „scharf“ wegen „dunkler und verleumderischer Desinformationskampagnen“. Die schon damals entlarvte Propagandaarbeit der IGfM dauert ungehindert an: Wie auf einer Konferenz der CDU-nahen Konrad-Adenauer-Stiftung am 30. September bekannt wurde, beabsichtigen der Unionsabgeordneten Klaus-Jürgen Hedrich und der SPD-Mann Markus Meckel den gemeinsamen Aufbau eines internationalen Netzwerks, um „Aufmerksamkeit für die Lage von politischen Gefangenen auf Kuba zu wecken und deren Familien humanitäre Hilfe“ zukommen zu lassen. Die Aktion soll „mit ähnlichen Projekten in Europa und Lateinamerika insbesondere mit der Organisation der Christdemokraten Amerikas (ODCA) abgestimmt und vernetzt werden“. In der schriftlichen Begründung beziehen sich auch Hedrich und Meckel maßgeblich auf eine Quelle: die IGfM.
 6. Oktober 2004