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Christoph Spehr
Der Tod schleicht sich wieder an
Christoph Spehr 28. Oktober 2001


Afghanistan und die „arabische Erfahrung“

Wenn es nicht so bitter wäre, es entbehrte nicht einer grimmigen Komik. 22 Jahre nach dem Einmarsch sowjetischer Truppen nach Afghanistan, schicken sich die USA und die Nato an, genau dieses gescheiterte Unternehmen zu wiederholen. Nein, das Militär gehört dabei nicht zu den Falken. US-Verteidigungsminister Powell scheint klar zu sein, worauf man sich damit einlassen würde. Die Rüstungsfirmen, ja. Sie könnten ein Testfeld zum Einsatz ihrer neuesten Technologien brauchen. Das Finanzkapital, nein. Immer wenn das Pendel näher zur Seite Krieg oder gar Bodentruppen ausschlägt, macht sich hier Nervosität breit; zu deutlich sind die Risiken der Ausbreitung eines Krieges in der ganzen Region, zu klar die destabilisierenden Folgen für eine bereits weit globalisierte Ökonomie. Die Ölkonzerne, ja. Hier gibt es viel zu gewinnen. Die US-Regierung in ihrer Mehrheit, ja. Die europäischen Regierungen, eher nicht. Der Riss geht quer durch die Reihen. Und bis zum Mut, nein zu sagen, bringt es die hier und dort vorsichtig herausschauende Vernunft bei weitem nicht. Die eine Vernunft, die, die das Risiko betont. Auch die Falken folgen einer Vernunft. Einer, die in zynischer Weise die Chancen sucht. Sobald eine Auslieferung Bin Ladens durch die Taliban auch nur in die Nähe des Denkbaren gerät, baut Bush bereits vor, dass ihm das eigentlich auch schnurz ist.


Das Land mit der Pipeline

Die ausgebombte, elende Lage in Afghanistan, die es schwer macht noch sinnvolle „Ziele“ für einen Militärschlag auszumachen, steht in scharfem Kontrast zu dem hohen strategischen Wert, den das Land darstellt. Die geschätzten Vorkommen an Erdöl, Erdgas, Kohle, Kupfer sind interessant, weil leicht abbaubar, aber in ihrem Volumen nicht aufregend. Das Entscheidende ist die Lage des Landes, auf dem Weg einer geplanten Pipeline von den Erdgas- und Erdölvorkommen um Baku zum Arabischen Meer, um die seit zehn Jahren gerungen wird. Bei den Ölfeldern um Baku, die zur ehemaligen Sowjetrepublik Aserbeidschan gehören, handelt es sich möglicherweise um die größten Reserven nach den saudischen Ölfeldern. 1994 schloss ein Konsortium aus acht westlichen Ölkonzernen, darunter die us-amerikanische Unocal, einen gewaltigen Deal mit Aserbeidschan ab, diese Vorkommen gemeinsam auszubeuten. Aber wohin dann mit dem Öl? Es muss zu irgendeinem Hafen geleitet werden. Wer an der Pipeline sitzt, dem fallen hohe Transitprofite und ein gewisser Einfluss zu. Möglich ist eine Pipeline durch Russland nach Norden; durch Armenien und die Türkei, speziell Kurdistan, sprich durch umkämpfte Gebiete; durch den Iran zum arabischen Meer, was für den Westen am wenigsten in Frage kommt. Oder eben, auch wenn es ein paar Kilometer mehr sind, statt durch den Iran durch Turkmenistan, Afghanistan und Pakistan.
Genau das visierte Unocal bereits 1995 in einer Vorvereinbarung mit den Taliban an, noch ein Jahr bevor diese Kabul eroberten. Turkmenistan und Pakistan hatten bereits einen Vertrag über eine solche Pipeline mit der argentinischen Bridas Oil abgeschlossen, den sie auf massiven US-Druck brachen und Unocal den Zuschlag gaben. Im Januar 1998 schloss Unocal einen entsprechenden Vertrag mit der Taliban-Regierung ab. Im Dezember 1998 legte Unocal den Bau der Pipeline jedoch bis auf weiteres auf Eis, aufgrund des politischen Drucks, der sich in den USA und in der internationalen Staatengemeinschaft gegen die Taliban formierte. Seither ist Warten angesagt. Die Weltbank hatte im März 1998 die Richtung vorgegeben: eine Beteiligung an der Finanzierung des Pipeline-Projektes könne es erst geben, wenn Afghanistan geeint und befriedet sei, wie auch immer.


„Creating a monster“

Die Taliban waren der zweite (und eben inzwischen auch abgewirtschaftete) Versuch in einem gewaltigen Projekt, mit dem der Westen daran ging, die Karten in der Region neu zu mischen. 1983, vier Jahre nach der sowjetischen Entsendung einer 100.000 Mann starken Armee nach Afghanistan war klar, dass die Sowjetunion den Krieg gegen den einheimischen Widerstand in den Provinzen nicht gewinnen konnte. In dieser Situation fassten die USA einen weitreichenden Plan, der zu einer 6 Mrd. Dollar schweren CIA-Aktion gerann: die Förderung eines internationalisierten, religiös ideologisierten Widerstands, der die Sowjetunion ausbluten sollte. Als Gegenstück zum schiitischen Islamismus, der im Iran regierte und massiv antiwestlich ausgerichtet war, wurde ein sunnitischer Islamismus gefördert, den es so bis dahin nicht gab, und von dem man sich – ähnlich wie in Saudi-Arabien – eine radikal religiöse, aber pragmatisch west-orientierte Ausrichtung ohne soziales Revolutionsprogramm erwartete.
Die CIA übertrug die Ausführung dem pakistanischen Geheimdienst, der ISI, und dem saudischen Geheimdienstchef Bin Faisal. Seit 1984 wurden Tausende aus allen arabischen Ländern angeworben, im Süden Afghanistans militärisch ausgebildet und mit Geld und Waffen gegen die sowjetischen Truppen ausgerüstet. Koordiniert wurde das Programm von Osama bin Laden, der aus Saudi-Arabien nach Afghanistan ging. Die „Afghanen“, wie die internationalen arabischen Freiwilligen genannt wurden, kämpfen dann teilweise unter dem Kommando regionaler Generäle, teilweise in der Armee des afghanischen Milizenführers Gulbuddin Hekmatjars, des damaligen westlichen Hoffnungsträgers. Hekmatjar gehörte zu denen, die schon vor der sowjetischen Invasion mit Unterstützung des pakistanischen Geheimdienstes Milizen aufgebaut hatten, und bereits ab 1973 einen fundamentalistisch begründeten Guerilla-Krieg gegen die neue afghanische Linksregierung führten.
Dass sich in Gestalt der „Afghanen“ und vor allem der Netzwerke, die das ganze Projekt organisierten, eine hoch riskante, explosive Macht entwickelte, wurde durchaus bemerkt. Der US-amerikanische Nahost-Experte Selig Harrison soll die CIA bereits damals gewarnt haben: „I told them we were creating a monster.“ Aber die Sowjetunion verlor 14.000 Soldaten und ihr internationales Ansehen in Afghanistan, und das zählte.
Die Unterstützung durch den Westen sank rapide, als die Sowjetunion 1989 aus Afghanistan abzog. Es dauerte noch drei Jahre, bis die Regierung Nadschibullah in Kabul den Bürgerkrieg gegen die Islamisten endgültig verlor; einen Krieg, der zu diesem Zeitpunkt teilweise mehr mit Geld als mit Waffen geführt wurde: Die Islamisten kauften sich einfach den bis dahin entscheidenden militarischen Bündnispartner der Regierung, die usbekische Armee Rashid Dostums. Die vereinigten Armee von Dostum und Ahmad Massud eroberten Kabul. Aber die Zeiten hatten sich geändert. Der Golfkrieg hatte stattgefunden, die USA hatten den Irak bombardiert und machten keine Anstalten, aus Saudi-Arabien wieder abzuziehen, und die erste Generation der „Afghanen“ wandte sich daraufhin gegen den Westen.


CIA-Operation Afghanistan, zweiter Teil

An diesem Punkt hätte auf westlicher Seite Nachdenken einsetzen können. Stattdessen versuchte man das gleiche noch einmal mit frischen Pferden. Die Weltbank strich der Regierung in Kabul gleich die Kredite und setzte Afghanistan auf die Liste der Länder mit „non-accrual status“, die globale Horror-Liste der nicht-kreditwürdigen, zur Destabilisierung freigegeben Parias, auf die der Irak seinerzeit ebenso kam wie Jugoslawien 1993 oder Zimbabwe im Oktober 2000.
Pakistan und die CIA ließen Hekmatjar fallen und setzten auf die Taliban. Diese neue Bewegung war seit 1991 an islamistischen Koranschulen in Pakistan ausgebildet worden. Wieder war die Idee, eine Kraft aufzubauen, die radikal war in ihrem Eintreten für einen islamistischen Staat, aber in ihrer konservativen Sittenstrenge desinteressiert an sozialrevolutionären Botschaften. Ab 1994 nahmen die Taliban mit massiver Finanz- und Militärhilfe den Kampf um Afghanistan auf; der größere Teil der sechs Mrd. Dollar-Operation fiel auf diese Phase. 1996 nahmen die Taliban-Milizen Kabul ein. Wieder wurden gegnerische Milizführer massiv eingekauft, darunter 1997 der engste Mitstreiter Rashid Dostums. 1998 rückte ein endgültiger Sieg der Taliban über ihre verbliebenen militärischen Gegner, die „Nordallianz“, die noch etwa zehn Prozent des Landes kontrollierte, in greifbare Nähe.


Dritter Versuch: Stinger für Massud

Doch zu diesem Zeitpunkt fielen auch die Taliban beim Westen durch. Das lag zum einen daran, dass die extremen Menschenrechtsverletzungen, die den Siegeszug der Taliban begleitet hatten, international immer schärfer kritisiert wurden – und damit auch die USA, von denen die Taliban unterstützt wurden. Die Taliban bauten in Afghanistan ein faschistisches Regime auf. Sie richteten Massaker unter der Zivilbevölkerung in Städten an, die sie eroberten. Die Strafjustiz ist grausam und verletzt massiv Menschenrechte, Kritik zu äußern ist unmöglich. Frauen sind weitestgehend entrechtet; sie können keinen Berufen nachgehen, werden im Krankenhaus nicht behandelt, haben kein Eigentumsrecht und keine persönlichen Freiheiten. Das Regime führt ethnische Säuberungen durch. Am 23. Mai 2001 wurde ein Erlass verfügt, wonach Hindus einen gelben Saum an der Hemdtasche zu tragen haben, um sich kenntlich zu machen. Musik ist verboten. Auf Werbung für andere Religionen steht der Tod.
Der internationale und inner-amerikanische Druck gegen die Unterstützung der Taliban wuchs an, vor allem der von Frauenorganisationen. 1998, am Frauentag 8.März, startete die damalige EU-Kommissarin Emma Bonino die Aktion „Eine Rose für die Frauen von Kabul“. Während ein Konsortium internationaler Investoren, darunter angeblich auch Siemens und Hoechst, noch Ende 1998 mit den Taliban über die Schürfrechte in der Ainak-Region verhandelte, organisierte die amerikanische Frauenorganisation „Feminist Majority“ im Frühjahr 1999 eine Gala mit Hollywood-Stars wie Melanie Griffith, Angelica Huston und Whoopi Goldberg, um gegen die „Geschlechtsapartheid“ des Taliban-Regimes zu protestieren. Talkmaster Jay Leno, Ehemann der „Feminist Majority“-Vorsitzenden Mavis Leno, machte sich als Aktionär 1998 bei der Unocal stark für einen Abbruch des Pipeline-Projektes.
Was für die westliche Haltung gegenüber den Taliban jedoch erheblich schwerer wog, war die Tatsache, dass die Taliban weder bereit noch in der Lage waren, die Internationale der „Afghanen“ zu kontrollieren. Diese begann seit etwa 1993 – also nachdem die USA die erste Generation fallengelassen hatten – ernstzumachen mit ihrem Kampf für die Befreiung arabischen Bodens von westlichen Truppen und für die Durchsetzung islamistischer Staaten in der Region. Die seinerzeit in unvorstellbarem Ausmaß mit Waffen, Logistik und internationalen Verbindungen aufgerüsteten islamistischen Frontkämpfer brachten CIA-Angestellte im Libanon um und amerikanische Ölkonzern-Angestellte in Afghanistan; sie bauten ihrerseits nach dem algerischen Putsch von 1992 die „Bewaffneten Islamischen Gruppen“ (GIA) in Algerien auf, die einen entsetzlichen Bürgerkrieg mit zahllosen Massakern führte; sie bildeten Terrorgruppen in Ägypten aus, die Anschläge wie den in Luxor verübten.
Die Betonung in dem, was der Westen von den Taliban erwartete, lag auf „kontrollieren“, d.h. unerwünschte Aktivitäten der „Afghanen“ zu stoppen und erwünschte zuzulassen. Wo „Afghanen“ auf der „richtigen“ Seite kämpften, scheute sich der Westen bis heute nicht, die „islamistische Karte“ zu spielen, von Söldnergruppen in Bosnien bis zur UCK. Die Vorstellung, die Taliban-Regierung könnte die radikalen Islamisten kontrollieren, die inzwischen eher wie ein transnationaler Konzern funktionieren, war und ist jedoch naiv.


Operation Afghanistan, dritter Teil

Auch hier hätte auf westlicher Seite noch Nachdenken einsetzen können. Stattdessen traf man in letzter Zeit offensichtlich die Vorbereitungen, dasselbe Spiel noch einmal zu spielen: diesmal sollten die Taliban fallen gelassen werden und stattdessen auf eine neue Kraft zu setzen. Als im August 1998 die Attentate in Kenia und Tansania verübt werden, bombardieren die USA mit einem Vergeltungsschlag am 20. August 1998 Ziele im Sudan und Afghanistan. Dass es sich bei den bombardierten Einrichtungen im Sudan um zivile Ziele handelte, die in keinem Zusammenhang mit den Attentaten standen, wurde später eindeutig bewiesen; für die Bombenziele in Afghanistan gibt es keine entsprechende Untersuchung. Auf dem Treffen der sechs-plus-zwei-Gruppe, d.h. der Anrainerstaaten Afghanistans plus USA plus Russland, das im Oktober 1998 am Rande eines UNO-Gipfels stattfand, setzte sich die Orientierung durch, statt der Taliban die beinahe geschlagene Nordallianz um Ahmad Massud zu unterstützen. Im November 1999 erließ die UNO die Sanktion, internationale die Bankguthaben der Taliban einzufrieren; einen Monat später verhängte der UN-Sicherheitsrat ein Waffenembargo und einen Lieferstopp für chemische Erzeugnisse. Die Taliban brachen daraufhin die von der UNO moderierten Friedensverhandlungen ab.
Anstatt grundsätzlich keine Waffen mehr in die Bürgerkriegsregion zu liefern, wie dies die Organisation Islamischer Staaten (OIC) oder RAWA, die exil-afghanische oppositionelle Frauenorganisation forderten, boykottierte der Westen die Taliban und belieferte die Nordallianz mit Waffen. Anfang April dieses Jahres folgte Ahmad Massud einer Einladung des Europa-Parlaments und traf sich mit Regierungsmitgliedern verschiedener EU-Länder. Im Juli 2001 berichtete Jane’s Defense Weekly, die USA seien bereit, Massuds Nordallianz mit Flugabwehrraketen der Marke Stinger zu versorgen.
Zwei Tage vor den Terror-Anschlägen auf das World Trade Center und das Pentagon wurde Massud Opfer eines Selbstmord-Attentats, dessen Folgen er eine Woche später erlag. Falls beides tatsächlich auf Organisationen im Umkreis der „Afghanen“ und Osama Bin Ladens zurückgehen sollte, ist nicht auszuschließen, dass der erneute Bündniswechsel des Westens im afghanischen Krieg den letzten Ausschlag dafür gegeben hat.


Die „arabische Erfahrung“

Aber die westliche Holzhammer-Politik, auf Ein-Weg-Bündnispartner zu setzen, die man erst hochrüstet und dann bei Mißgefallen wegwirft, ist nur die oberflächlichste Dimension des totalen Desasters, das die westliche Politik gegenüber Afghanistan und der arabischen Welt darstellt. Dass es den Netzwerken islamistischer Terror-Organisationen gelingt, immer neuen Nachwuchs zu finden und ihre Aktionen erfolgreich gegen alle westlichen Geheimdienste abzuschotten, wäre nicht möglich, wenn sie nicht an einer tief verwurzelten, anti-westlichen Haltung anknüpfen könnten, in der sich die historische Erfahrung der breiten Bevölkerung arabischer Länder niederschlägt. Afghanistan und der Golfkrieg sind nur die jüngsten Beispiele dieser Geschichte. Sie reicht zurück zum Sturz der Regierung Mossadeg im Iran 1953, vorbereitet von der CIA, als Mossadeg die iranische Ölindustrie verstaatlichen wollte; zum westlichen Krieg gegen Ägypten 1956, um die Nationalisierung des Suez-Kanals zu verhindern; zur massiven Unterstützung des Terror-Regimes des Schahs bis zu dessen Sturz durch die iranische Revolution von 1979; zur Unterstützung Saudi-Arabiens und der anderen zynischen Feudalstaaten am Golf, die sich auf die sklaven-ähnliche Arbeitskraft internationaler FremdarbeiterInnen stützen; zu den US-Bomben auf Lybien 1986; mündend in das Desinteresse der neuen Bush-Regierung, im israelisch-palästinensischen Konflikt nicht nur zuzusehen. Die Grundlinien dieser Politik sind die selben geblieben: soziale Reformen um jeden Preis verhindern; arabische Staaten gegeneinander auszuspielen; autoritäre Regime zu stützen, die spuren, weil sie sich ohne diese Unterstützung politisch nicht halten könnten; Bündnispartner zu wechseln wie das Hemd, wenn es den eigenen ökonomischen und strategischen Interessen dient. Alles fürs Öl. Die Erfahrung der breiten arabischen Bevölkerung mit der Politik des Westens besteht darin, als minderwertiges Objekt behandelt zu werden, als Fußabstreifer, auf den man nach Belieben Bomben werfen kann, immer in der heiligen Dreieinigkeit Weltbank – subversive Aktionen – Militärschläge.
All dies gibt auch zu denken im Hinblick auf die internationalen Proteste gegen Menschenrechtsverletzungen in vielen dieser Länder, auch gegen Taliban-Afghanistan. So berechtigt diese Proteste sind, so stark stehen sie in der Gefahr, ähnliche westliche Denkmuster zu bedienen – nach dem Motto „warum unterstützen wir denn die, nehmen wir doch lieber die da!“ Eine solche Kampagnen-Politik ist allzu leicht instrumentalisierbar für den steten „Wechsel-Bedarf“ der westlichen Bündnispolitik. Es führt kein Weg vorbei an einer langfristigen, gleichberechtigten Kooperation mit emanzipatorischen Bewegungen der Region selbst, auch wenn deren Sichtweisen für uns häufig unbequem sein mögen; an militärischer Deeskalation statt neuen westlichen Waffen; an Verhandlungen mit allen Seiten, um einen selbständigen Entwicklungsweg zu ermöglichen, statt von weit weg und ganz oben „die Verhältnisse ordnen“ zu wollen.
Man könne fühlen, „wie der Tod sich anschleicht“, sagte ein Bäcker in Kabul zu Reuters-Journalisten dieser Tage. „Wenn wir jetzt draufschlagen, wird es nur noch schlimmer weitergehen“, sagt unsere Geflügelfrau am Markt, „wir müssen unsere Politik gegenüber denen da unten ändern.“ Beiden ist nichts hinzuzufügen.



Literatur:
  • Chantal Aubry: Tausche Frauenrechte gegen hilfsprogramme, le monde diplomatique 5759, 12. Februar 1999

  • CIA worked with Pakistan to create Taliban, times fo India, nachgedruckt unter www.emperors-clothes.com/docs/pak.htm

  • Energy Information Administration: Afghanistan Fact Sheet, December 2000, www.eia.doe.gov

  • Jürgen Gottschlich: Dallas in Downstown Baku, taz 4431, 30. September 1994

  • Jochen Hippler: Afghansitan. Von der „Volksdemokratie“ zur Herrschaft der Taliban, in Betz/Brüne (Hrsg.), Jahrbuch Dritte Welt 1998, München 1997.

  • Hannes Hofbauer: Neue Staaten, neue Kriege, in: ders.(Hrsg.): Balkankreig. Die Zerstörung Jugoslawiens, Wien 1999.

  • Masood may get US stringers, Frontier Post, 16. Juli 2001

  • Oliver Roy: Die Taliban als Wächter der Scharia und der Pipeline, Le Monde diplomatique 5079, 15. November 1996

  • Ders.: Sunnitische Internationale aus dem Miemandsland, Le Monde diplomatique 5661, 16. Oktober 1998.
 28. Oktober 2001