zurück | farbbeutel
Farbbeutelinfo Nummer 2
Farbbeutelinfo 15. November 2000


Nach dem Krieg ist vor dem Krieg – Für eine radikale Perspektive gegen jeden Krieg

Aus aktuellem Anlass wollen wir am Dienstag den 22. Februar 2000, um 11 Uhr dem Auswärtigen Amt einen Besuch abstatten. Nachdem bei der offiziellen Einweihung 25 000 Menschen über den Terrakotta-Boden im neuen Arbeitszimmer des Kriegsaußenministers Fischers trampeln durften und sich anstatt über den Krieg über Fischers Stillosigkeit mokierten, werden wir Antikriegspositionen hörbar machen. Wir werden den Ort, an dem die zukünftigen „humanitären“ Interventionen im Interesse der BRD und Europäischen Union vorbereitet werden, mit einer ersten Kundgebung gegen den Krieg einweihen.

Der aktuelle Anlass ist die Vernehmung Fischers wegen des Farbbeutelanschlages auf dem Kriegsparteitag der Grünen in Bielefeld. Dort wurde ihm anlässlich seiner Rolle als Mitverantwortlicher für den Kosovo-Krieg ein Farbbeutel ins Gesicht gepfeffert. Sein Ohr was das erste deutsche Kriegsopfer an der Heimatfront. Der Farbanschlag markierte ihn in seiner Rolle als deutscher Außenminister und als Chef der Jäger 90/Die Grünen blutrot und sprach vielen Menschen aus dem Herzen. Die nicht öffentliche Vernehmung Fischers wurde von der Verteidigung der Werferin beantragt. Fischer wird zum Kosovo-Krieg befragt werden. Fischer selber lässt es sich offensichtlich nicht nehmen, den Vernehmungsrichter lieber ins Auswärtige Amt zu bestellen, als sich als Vizekanzler in ein popeliges Amtsgericht zu bemühen. Das ist gut so: Das Auswärtige Amt ist einer der politischen Orte an den – neben Parlament, Medien, Waffenrüstungsfirmen und Militärs – eine radikale Kritik der Nach- und Vorkriegsgesellschaft hingehört.

Auch wenn Fischer die Vernehmung platzen lassen sollte, weil er wieder in irgendwelchen Flugzeugen sitzt, um die „Absatzmärkte und Zugänge zu den Ressourcen“ im Interesse der BRD und EU, zu vertreten- wir werden die Kundgebung nicht platzen lassen! Wir sind nicht bereit, tatenlos zuzuschauen, wie der vergangene Krieg zu einem Nichtthema wird und über die Folgen niemand mehr reden mag. Wir sind auch nicht bereit, zukünftigen Kriegsvorbereitungen tatenlos zuzusehen.

Wir wollen Öffentlichkeit:
  • gegen die Bombenangriffe von deutschen Tornadobombern und anderen Natotruppen
  • für die unschuldig Ermordeten, die mit dem Unwort des Jahres „Kollateralschäden“ unsichtbar gemacht werden sollten
  • über die Medien und Propaganda der Nato, die z.B. mit zu schnell laufenden Videos ihre rücksichtlose „Humanität“ zerbombter ziviler Züge zu verschleiern sucht
  • über die Verkehrung der Vertreibung und Ermordung von KosovoalbanerInnen in Vertreibung und Ermordung von SerbInnen, Roma und anderen Menschen im Protektorat der Natoländer unter Aufsicht der verschiedenen Militärs
  • gegen die aggressive Flüchtlingspolitik des Aushungerns, der Zwangverpflegung und der Obdachlosmachung in der Festung Europa mit dem Ziel der Vertreibung und Abschiebung der Flüchtlinge, (eindrucksvoll belegen dies der vergangene Hungerstreik von Kriegsflüchtlingen aus allen Teilen Jugoslawiens in den verschiedenen Heimen des „Roten Kreuzes“)
  • gegen die täglichen Angriffe und Morde an AusländerInnen und Brutalisierung der Gesellschaft
  • sowie gegen das Vergessenwollen und die Entsorgung der deutschen Geschichte
  • ...
All das treibt uns, die Vernehmung Fischers zum Anlass für eine Mobilisierung vor das Auswärtige Amt zu nehmen. Auch wenn der Widerstand gegen den Kosovokrieg ausgesprochen dünn war, wollen wir uns damit nicht abfinden. Wir wollen eine Auseinandersetzung zu dem vergangenen Krieg weil wir hinsichtlich der kommenden Kriege eine Position stark machen wollen, die offensiven Widerstand gegen zukünftige Eroberungskreuzzüge auf breitere Grundlagen zu stellen weiß.

Die Kundgebung ist eine Möglichkeit, unsere grundsätzliche Opposition zu gesellschaftlichen Verhältnissen zum Ausdruck zu bringen, die diesen Krieg ermöglicht haben und zukünftige Kriege ermöglichen werden, wenn nicht ein breiter außerparlamentarischer und entschlossener antimilitaristischer Widerstand Schranken setzt.

Auch wenn die Uhrzeit weder ArbeiterInnen noch FaulenzerInnen entgegen kommt, freuen wir uns über eine breite Beteiligung und Unterstützung.

Wir planen sowohl kulturelle als auch politische Beiträge zu den Themen Flüchtlingspolitik in Deutschland, Deserteure im Allgemeinen und Totalverweigerung in der BRD im Besonderen, eine Analyse der Kriegspolitik im Zusammenspiel mit der Bedeutung der Flüchtlinge als Manövriermasse der verschiedenen Militärs im Krieg etc. Außerdem versuchen wir, Flüchtlinge und Deserteure direkt zu gewinnen, die ihre Stimmen zu Fischers Ohr tragen. Kundgebung: Dienstag, 22. Februar, um 11 Uhr zwischen Alt- und Neubau des Auswärtigen Amtes an der Kurstraße in Berlin Mitte. Bringt Trillerpfeifen u.ä. mit, um fette Staatskarossen lautstark zu begrüßen.


Wer Geld spenden will: Prozesskonto des Berliner Ermittlungsausschusses, EA, Kontonr.: 20610-106. Postbank Berlin, Bankleitzahl: 10010010. Wichtig ist das Stichwort: AUFPRALL. Geld, das übrig bleibt, bekommt der EA. Alle, die Kontakt suchen, schreiben an:

„Fischerchöre“, c/o Buchladen „Schwarze Risse“, Gneisenaustr. 2a 10961 Berlin (Zu den weiteren Prozessen demnächst mehr)
 15. November 2000