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Die Macht des Stärkeren
Tobias Singelnstein taz
14. April 1999
Kritik abgeräumt
Die Begründung der Grünen für die polizeiliche Räumung der
Landesgeschäftsstelle – fehlende Verhandlungsbereitschaft – ist
nicht nur unpolitisch, sondern auch falsch. Es gab sehr wohl Verhandlungsbereitschaft
von Seiten der BesetzerInnen, nur wollten die Grünen deren Forderungen nach
vollständiger Überlassung der Büros nicht annehmen.
Dass die BesetzerInnen das Angebot der Grünen, tagsüber zwei der Büros
nutzen zu können, ebenfalls nicht annehmen wollten, scheint im nachhinein
mehr als verständlich. Sie befürchteten, wenn sie nachts das Gebäude
verlassen müssten, würden die Grünen sie über den Tisch ziehen.
Genau das ist jetzt passiert.
Ein wirkliches Interesse an einer Auseinandersetzung mit den BesetzerInnen und
ihren Forderungen hatten die Grünen nicht. Sie wollten nur ihre Büros
zurück und das, obwohl das erste Anliegen der BesetzerInnen ein zutiefst
demokratisches war: Sie wollten Informationsfreiheit der einseitigen Medienberichterstattung
zugunsten der Nato entgegensetzen.
Hätten sich die Grünen auf diese Diskussionen eingelassen, hätten
sie vielleicht auch irgendwann verstanden, warum den BesetzerInnen daran lag,
die Landesgeschäftstelle einer kriegsbefürwortenden Partei so weit es
geht zu blockieren. Aber die Grünen haben sich anders entschieden: Gegen
Diskussionen und für das militärische Abräumen der grundsätzlichen
Kritik an ihrer Politik. Dabei hatten die BesetzerInnen nur gefordert, was auch
die Grünen in Rambouillet den Serben aufzwingen wollten: Ein „Antikriegs-Protektorat
mit freiem Zugang zu allen Räumen und Immunität der BesetzerInnen“.
Aber wie im Kosovo wissen die Grünen die militärische Macht eben auch
in der Oranienstraße auf ihrer Seite. |
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