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Presseerklärung der Grünen Kreuzberg
Grünen Kreuzberg
17. April 1999
Bündnis 90/Die Grünen Kreuzberg erklären:
Stopp den Nato-Bombardements!
Rückkehr zu Verhandlungen für eine zivile und langfristige Lösung
des Kosovo-Konflikts!
Mit den seit dem 24. März geführten Bombardements hat sich die Nato
entgegen besseren Wissens in eine Situation gebracht, die weder das serbische
Regime zum Einlenken auf den Rambouillet-Prozess gebracht hat, noch die Vertreibungen,
Massaker und Verwüstungen im Kosovo verhindern konnten. Durch den von der
Nato beschrittenen Weg des Angriffskrieges wurden die zivilen Handlungsmöglichkeiten
jenseits militärischer Logik fast zerstört. Dennoch fordern wir, alle
noch verbliebenen diplomatischen und völkerrechtlich legitimierten Wege zu
beschreiten, insbesondere unter Einbeziehung Russlands und der UNO, um die Aufnahme
von Verhandlungen und das Ende des Krieges zu beschleunigen.
Die BRD befindet sich als Teil der Nato in einem Angriffskrieg, noch dazu gegen
ein Land, das durch die deutsche Aggression im 2. Weltkrieg schwer gelitten hat.
Als Legitimation der Nato-Angriffe dient zunehmend der Verweis auf die Vertreibung
und Vernichtung der Kosovaren durch serbische Einheiten. Dabei konnten bisher
diese Vertreibungen, die dem Tatbestand des Völkermordes entsprechen, nicht
unterbunden werden. Das Gegenteil ist augenscheinlich eingetreten, nämlich,
dass durch die Nato-Luftangriffe die serbische Politik des Ethnozids an den Albanern
weiter eskaliert und neuer Hass gesät wird. Die Nato-Angriffe auf Ziele von
militärischer und strategischer Bedeutung unter zunehmender Einbeziehung
infrastruktureller und mobiler Ziele forderten etliche Tote auch unter der Zivilbevölkerung
Serbiens. Einen „sauberen“ Krieg präziser Luftschläge gibt
es nicht.
Die Tatsache, dass es für diesen Angriff kein UN-Mandat gibt, ist von historischer
Tragweite. Wir missbilligen, dass unsere Grünen Regierungsmitglieder und
die Mehrheit der Grünen MdBs durch ihre Zustimmung zur Kosovo-Politik der
Nato unter anderem am 16. Oktober 1998 im Bundestag die politische Grundlage für
die deutsche Beteiligung geschaffen haben. Wir danken den sieben Grünen MdBs,
die auch jetzt ihre Zustimmung verweigern, dafür, dass sie trotz enormen
politischen und medialen Drucks mit Mut und Rückgrat der Kriegslogik widerstanden
haben.
Wir – Bündnis 90/Die Grünen Kreuzberg – lehnen nach wie
vor militärische Aktionen als Mittel der Politik ab. Wir fordern alle Konfliktparteien
im Kosovo-Krieg auf, zu einer zivilen Konfliktlösung zurückzukehren.
Insbesondere erwarten wir, dass sich die grüne Fraktion im Bundestag und
die grüne Parteispitze nachdrücklich für die Einstellung der völkerrechtlich
nicht legitimierten Kampfhandlungen einsetzt und dass rasche und wirksame Hilfe
für die albanischen Flüchtlinge verstärkt wird,
Der Kosovo-Konflikt ist eng verknüpft mit der Formulierung der neuen Nato-Strategie,
in der die Nato-Selbstmandatierung für Militäreinsätze über
das Völkerrecht und damit faktisch das Gewaltmonopol der UNO außer
Kraft gesetzt werden soll. Der Nato-Krieg gegen Jugoslawien ist als Probelauf
für die beabsichtigte Strategie zu verstehen, Wir fordern, dass sich die
deutsche Regierung auf dem Nato-Gipfel im April bei der Entscheidung über
die neue Nato-Strategie entsprechend des Koalitionsvertrages der Selbstmandatierung
der Nato für Einsätze jeder Art einen Riegel vorschiebt.
Wir erwarten, dass seitens des Innenministeriums umgehend eine bleiberechtlichen
Anerkennung der von diesem Konflikt betroffenen Menschen, insbesondere von Deserteuren,
als Kriegsflüchtlinge herbeigeführt und ihnen die Aufnahme unter menschenwürdigen
Bedingungen in Deutschland ermöglicht wird. Es ist zynisch, nur ein Kontingent
von 10 000 Flüchtlingen in Deutschland aufnehmen zu wollen und die Bereitschaft
vieler Angehöriger und anderer in Deutschland, hier Schutz und Versorgung
zu gewährleisten, weiterhin zu ignorieren.
Viele kosovo-albanische Flüchtlinge in Berlin verfügen nur über
eine Duldung. Das führt dazu, dass ihnen in einigen Fällen gemäß
Asylbewerberleistungsgesetz Sozialleistungen vorenthalten werden. Eine solche
Behandlung ist menschenunwürdig. Die bündnisgrüne Abgeordnetenhausfraktion
sollte den Senat auffordern, hier Abhilfe zu schaffen.
V.i.S.d.P.: R. Brandt. Adalbertstraße 92. 10999 Berlin |
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