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INFOWAR.
information.macht.krieg
Gerfried Stocker
INFO WAR – Ars Electronica Festival
Linz, Austria 7. bis 11.
September 1998
Die Informationsgesellschaft, nicht länger ein vages Versprechen auf eine
bessere Zukunft, sondern Realität und zentrale Herausforderung unserer Gegenwart,
wird von den drei Schlüsseltechnologien Elektrizität, Telekommunikation
und Computer getragen. Technolgien, entwickelt im Interesse und aus der Logik
des Krieges, Technologien der Gleichzeitigkeit und Kohärenz, die unsere zivile
Gesellschaft in einen Zustand der permanenten Mobilmachung versetzen, der getragen
wird vom Kampf um Märkte, Ressourcen und Einflußsphären, einem
Kampf, in dem es um die Vorherrschaft in wirtschaftlichen Konzentrationsprozessen
geht, in dem nicht mehr Staatsgrenzen und Rechtssysteme die Fronten bilden, sondern
technische Standards, ein Kampf, in dem die Macht des Wissens als gewinnbringendes
Monopol seiner Verteilung und Vermittlung bewirtschaftet wird.
Die jüngsten Turbulenzen an den Börsen haben unmißverständlich
die Macht eines globalen Marktes offengelegt, wie er nur auf der Grundlage der
digitalen Revolution entstehen konnte und als deren spürbarste unmittelbare
Auswirkung er zu sehen ist. Der moderne, digital vernetzte Markt besitzt mehr
Macht als Politiker. Regierungen verlieren die Kontrolle über den internationalen
Wert ihrer Landeswährungen, sie können nur mehr reagieren, nicht mehr
steuern. Die volkswirtschaftliche Notwendigkeit des massiven Ausbaus offener Kommunikationsnetze
setzt der autoritären Beschränkung von Informationsflüssen enge
Grenzen.
Die Transgression kritischer Kontrollfunktionen in den Verantwortungs- und Wirkungsbereich
der Cybertechnologien bringt zentrale Machtinstanzen in eine bislang ungekannte
Angreifbarkeit und Verwundbarkeit. Die geografischen Grenzen des Industriezeitalters
verlieren zunehmend ihren Stellenwert in der Weltpolitik und weichen vertikalen
Fronten entlang sozialer Schichten.
War der Krieg in der Vergangenheit auf die Eroberung von Land und Boden und später
auf die Kontrolle über Produktionskapazitäten gerichtet, so zielt der
Krieg im 21. Jahrhundert vollends auf die Macht über das Wissen. Die vierte
Front nach den Boden-, See- und Luftschlachten wird innnerhalb der globalen Informationssysteme
errichtet.
Angespornt von den „Erfolgen“ des Golfkrieges läuft die Entwicklung
des „information warfare“ auf Hochtouren:
Vom computergestützten Krieg, der Effizienzsteigerung des Vernichtungspotentials
militärischer Operationen durch den Einsatz von Informationstechnologie,
Virtual Reality und Hightech-Waffen wendet sich die Aufmerksamkeit der Militärstrategen
immer stärker dem „cyberwar“ zu, dessen ultimatives Angriffsziel
die globale Informationsinfrastruktur selbst ist: Terminierung der Computer- und
Kommunikationssysteme, Auslöschung der Datenbanken, Zerstörung der Kommando-
und Kontrollsysteme des Gegners.
Doch zunehmend erzwingt die vitale Bedeutung der globalen Informationsinfrastruktur
für das Funktionieren der internationalen Finanzmärkte neue strategische
Zielsetzungen: Nicht Auslöschung, sondern Manipulation, nicht Zerstörung,
sondern Unterwanderung und Assimilation. „netwar“ als taktischer Einsatz
von Information und Desinformation, dessen Ziel der menschliche Verstand ist.
Diese neuen Formen postterritorialer Auseinandersetzungen stehen aber längst
nicht nur mehr den Regierungen und ihren Kriegsministern alleine zur Verfügung:
NGOs, Hacker, Computerfreaks im Dienste des organisierten Verbrechens, Terrororganisationen
mit Hightech-Knowhow sind mittlerweile die Protagonisten der Cyberguerilla-Alpträume
staatlicher Sicherheitsdienste und Verteidigungsministerien.
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