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Kampf der Zentren – EU kontra USA
Die Konkurrenz verschärft sich. Das Europa der Herrschenden will herrschen.
Gegeninformationsbüro 12. Februar 2003


Zwei zu Eins für Amerika

Die USA haben als Schutzmacht für die westeuropäischen Staaten in der Blockkonfrontation ausgedient. Seit dem Zusammenbruch der SU – als konkurrierende Supermacht zu den USA – versuchen nicht nur die BRD, sondern auch andere EU-Kernstaaten im Rahmen der EU, eigene imperialistische Interessen zu verwirklichen.

Das Ziel einer EU-Macht, die außenpolitisch eine Sprache spricht ist noch lange nicht erreicht. Der Weg dahin ist mit reichlichen Widersprüchen behaftet, welche die EU-Kernstaaten aushandeln werden.

So wird es um die Rolle gehen, welche die zukünftigen osteuropäischen EU-Staaten in der Union spielen sollen. Aber auch die Frage, welche Position Spanien und Italien in einer franko-deutsch dominierten EU haben werden ist von Brisanz. Ihre Haltung zum Irak hat auf jeden Fall damit zu tun.

Zwei wesentliche Faktoren stehen einer EU im Wege, die eigenständig ihre ökonomischen und strategischen Interessen weit über ihre Grenzen hinaus vertreten kann:
Zum einen ist zwar die – durch den gemeinsamen Markt vereinigte und durch die gemeinsame Währung gestärkte – wirtschaftliche Potenz der EU der US-amerikanischen Wirtschaftskraft ebenbürtig. Jedoch verfügt die EU im Vergleich zu den USA nur über ein drittel des US-amerikanischen Militärpotentials. Zum anderen steht dem riesigen US-amerikanischen Nationalstaat ein Konglomerat verschiedener europäischer Nationalstaaten mit all ihren nationalstaatlichen Interessen gegenüber.

Dies verschafft den USA einen gewaltigen Vorteil. Doch es gilt diesen – angetrieben von den EU-Führungsmächten Frankreich und BRD – zu beseitigen.


Europa greift zu den Waffen

Auf ihrem Gipfel in Helsinki 1999 hatte die Europäische Union den Aufbau einer EU-Interventionstruppe beschlossen. Die Rapid Response Force soll noch in diesem Jahr voll einsatzfähig sein. 60 000 europäische Soldaten sollen so innerhalb von 60 Tagen militärisch ‚intervenieren‘ können. Der Einsatzradius wurde auf 4000 Kilometer rund um Brüssel festgelegt. Er reicht vom Nordpol über Bagdad bis Nigeria. Mit 18 000 Soldaten stellt die BRD mit Abstand das größte Kontingent. Bedeutend kleiner sind die mengenmäßig folgenden Kontingente Großbritanniens und Frankreichs mit 12 500 und 12 000 Soldaten. Stolz verkündet die Bundesregierung: „Ein Drittel aus Deutschland“. Nicht nur quantitativ sondern auch in der Befehlsstruktur spielt die BRD bei der schnellen Eingreiftruppe der EU eine wichtige Rolle. So ist der „Kern eines Operation Headquarters der Europäischen Union“ [1] das Einsatzführungskommando in Potsdam-Geltow. Von hier aus werden schon jetzt die Kriegseinsätze der Bundeswehr (ISAF und Enduring Freedom) geleitet. Außerdem wird der deutsche General Rainer Schuwirth EU-Truppen-Befehlshaber.

Die Installation dieser EU-Truppe – die losgelöst von der Nato und somit den USA agieren kann – ist ein bemerkenswerter Baustein für die Umsetzung des angestrebten Ziels: Die militärische Durchsetzung EU-eigener Interessen.

So weit ist es aber noch nicht: Die EU-Eingreiftruppe kann noch nicht auf Nato-gebundenes Equipment verzichten und wird nun, mit Genehmigung der Nato, entsprechende Kapazitäten nutzen. Das war auch im Interesse der USA, die die EU an die Nato gebunden sehen will und gegen den Aufbau paralleler EU-Strukturen ist. Ein europäisches Konkurrenzprojekt zur Nato soll verhindert werden.

Das es aber dazu kommt ist abzusehen und erklärtes Ziel. Auf der Homepage der Bundesregierung lautet es recht unmissverständlich: „Diese Kräfte in Form einer europäischen Eingreiftruppe sollen für gemeinsame Einsätze der EU unabhängig von der Nato zur Verfügung stehen.“ [2]

Worum es geht ist recht klar: Die franko-deutsch dominierte EU will die Hegemonie über das von ihr beanspruchte Gebiet vor der ‚eigenen Haustür’. Daher über die Kaukasusregion, über Nordafrika, und über den Naher und Mittlerer Osten.

Es gilt einen EU-Hinterhof zu schaffen, aus dem die USA verdrängt werden soll. Zwei Konkurrierende Mächte stehen sich gegenüber. Es geht um eine ressourcenreiche Region mit riesigen Absatzmarktmöglichkeiten.


Amerika schießt zurück

Die USA versuchen – und das nicht ohne Erfolge – dem von Frankreich und der BRD forcieren Prozess – hin zu einer EU-Macht – entgegenzuwirken. Mit der Nato-Osterweiterung aber auch mit der schnellen Nato-Eingreiftruppe, wie sie im November vor einem halben Jahr in Prag beschlossen wurde, beabsichtigen die US-Strategen ein US-höriges Einbinden grade der zukünftigen EU-Staaten in Osteuropa. Für Brzezinski – früherer nationaler Sicherheitsberater unter US-Präsident Carter – war und ist die Nato ein entscheidender Teil des „globalen Ordnungssystems der USA, das den „Vereinigten Staaten selbst in innereuropäischen Angelegenheiten eine wichtige Stimme“ verleiht.

Es geht – so Brzezinski in seinem Buch [3] von 1997 – um ein „weltweit engagiertes Amerika“ das „mit den komplexen Machtverhältnissen auf dem eurasischen Kontinent fertig“ werden soll, um „das Aufkommen einer dominierenden gegnerischen Macht verhindern“ zu können. Eins ist klar: „Die USA“ werden „ihre globale Vormachtstellung geltend machen“.

Welche Konstellationen und Bedingungen sich ergeben, ist nur in groben Zügen absehbar. Der Prozess hat gerade erst begonnen. Es geht um eine Neuaufteilung der Welt. Doch soviel ist klar: Die BRD will dabei nicht zu kurz kommen.


Die BRD blüht auf

Ganz im Gegenteil: Erst kürzlich – im Februar – hat die Grundwertekommission der SPD eine Denkschrift [4] vorgelegt. Darin wird verkündet: Deutschland habe ein „legitimes eigenes Interesse an seiner dauerhaften und festen Einbindung in einen wirtschaftlich und politisch leistungsfähigen Großraum, der anderen Weltregionen vergleichbar ist“, und müsse „als größter und wirtschaftlich stärkster Staat in Europa“ in vorderster Linie für ein Europa eintreten, das in der Lage sei, sich „gegen äußere wirtschaftliche, politische und gegebenenfalls auch militärische Pressionen zu wehren“. Später im Text wird der „Großraum“ definiert, der in Anspruch genommen werden soll: „Um West- und Mitteleuropa, das sich als integrierte Weltregion etabliert, liegen in einem Halbkreis von Ost nach Süd Russland, die früher mit der Sowjetunion verbundenen Republiken Weißrussland, Ukraine und Moldawien, sowie Transkaukasiens und Zentralasiens, die Türkei und die Länder des Nahen Ostens und des Mittelmeers.“ Die USA sollen aus diesem „Großraum“ verdrängt werde: „Deutschland muss dafür eintreten, dass Europa zu seinen Nachbarn eine besonders intensive, konstruktive und dauerhafte Partnerschaft aufbaut, welche die Lösung der sicherheitspolitischen, wirtschaftlichen und politischen Probleme der europäischen Nachbarschaft nicht – wie bisher – vorwiegend den Vereinigten Staaten überlässt.“

Dies sieht die CDU nicht anders: Denn die Auseinandersetzung über die Ausrichtung der ‚deutschen Außenpolitik’ ist kein Streit über das Ziel sondern über den Weg. Opposition und Regierungsparteien sind sich einig: ‚Deutsche Interessen’ sind durchzusetzen und zwar weltweit. Strittig ist – vor allem in CDU/CSU-Kreisen – ob schon jetzt dieses Ziel gegen die Vereinigten Staaten durchgesetzt werden kann oder ob derzeit noch eine Kooperation mit den USA anzustreben ist. Dass in ferner oder auch naher Zukunft die BRD als Teil der EU eigene Wege gehen wird ist beschlossene Sache. Die Bundeswehr wird dafür fleißig in eine Interventionsarmee umgebaut, die innerhalb kürzester Zeit in der Lage ist weltweit und schlagkräftig ‚deutsche Interessen’ zu vertreten.


Rot Plus Grün Gleich Krieg

Keine Frage, dies tut sie schon jetzt: 11 000 Soldaten der BRD befinden sich augenblicklich in aller Welt im Kriegseinsatz für deutsche Hegemonieansprüche. Insgesamt sind bis zu 60 000 Krieger an Militäreinsätzen beteiligt. Anfang 2003 verkündete Kriegsminister Struck stolz, die BRD sei „der größte Truppensteller nach den USA“.

Doch unklar bleibt, wie weit sich diese Bundesregierung in Ablehnung eines USA-geführten Krieges aus dem Fenster lehnen wird? Dies wird ganz von der politischen Großwetterlage abhängen. Nur so viel: Bundeswehr-Spürpanzer und ABC-Streitkräfte sind in Kuwait stationiert. Kriegsschiffe am Horn von Afrika geben den US-Kriegsschiffen Geleitschutz und Awac-Flugzeuge mit BRD-Soldaten sondieren Ziele für die Marschflugkörper.

Der vermeintlich eingeschlagene Friedenskurs der Bundesregierung ist keiner. Nein, die Kriegsverbrecher der roten und grünen Partei sind nicht zu Friedenstauben mutiert. Die Kriegsverbrecher von gestern – von Jugoslawien und Afghanistan – sind zweifellos auch die Kriegsverbrecher von heute und wenn es uns nicht gelingt sie zu stoppen, auch von morgen.

Der Mythos eines zivilisierteren, demokratischeren und friedliebenderen Europas ist zu zerstören. Denn der neue europäische Imperialismus wird ohne Zweifel ganz der alte sein.

Und noch eines: So wichtig es ist die Strategien der Herrschenden zu verstehen, die Hauptaufgabe einer Linken muss es sein den mörderischen Krieg gegen den Irak, der Zehntausenden das Leben kosten wird zu verhindern. Lassen wir es nicht zu, dass wie durch den Krieg 1991 und durch die Folgen des rigiden Embargos bis heute zigtausend Menschen sterben. Lasst uns denen die „Hände zerschlagen“ die Kriege „in aller Öffentlichkeit vorbereiten“ [5].

Für eine Welt ohne Unterdrückung und Ausbeutung.
Kriege stoppen – Kapitalismus abschaffen!



Fussnoten:
  1. www.bundeswehr.de und www.sipotec.net [back]
  2. www.bundesregierung.de [back]
  3. Zbigniew Brzezinski: Die einzige Weltmacht. Amerikas Strategie der Vorherrschaft. [back]
  4. Grundwerte für eine gerechte Weltordnung; Frankfurter Rundschau 19. Februar 2003 [back]
  5. Berthold Brecht 1952 zum Wiener Völkerkongress für den Frieden [back]
 12. Februar 2003