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Die Bundeswehr im Zeitalter ihrer
europäischen Dimension
Aktionsbündnis zum Jahrestag des völkerrechtswidrigen Angriffskriegs der Nato gegen Jugoslawien 24. März 2001


„Ob der Nahe oder Mittlere Osten, der Kaspische Raum, Süd- und Ostasien oder das von Kriegen und humanitären Katastrophen erschütterte Afrika – gewaltige Instabilitäten gefährden die regionale, aber auch globale Sicherheit. Unsere politischen und sicherheitspolitischen Ressourcen müssen wir auch an anderen Stellen dieser Welt in regionalpolitische Lösungsansätze bringen.“

Verteidigungsminister Scharping (Forum Welt am Sonntag, 6. Dezember 2000)

„Was wir mit dem Sieg der Nato über Jugoslawien miterleben ist die Geburt des politischen Europas aus dem Geiste der militärischen Gewalt“, schrieb der Berliner Soziologe Ekkehart Krippendorf während des unter Beteiligung der Bundeswehr geführten Krieges gegen Jugoslawien, im Juni 1999 (FR 18. Juni 1999). Die Aufwertung des Militärischen und die damit einhergehende Niederlage einer „humanitärer Politik“ ist von Deutschland seit Beginn der 90er Jahre forciert und von der jetzigen rot-grünen Bundesregierung verstärkt worden.

„Die Schröder/Fischer Regierung stand Gewehr bei Fuß, um die Kohl’sche Kosovo-Politik nahtlos fortzuführen und in einen Krieg münden zu lassen.“ (Hermann Theißen: Die heutige Meinung der Bundestagsabgeordneten zum Kosovokrieg, in: Antimilitarismusinformationen 1/01) Die Beteiligung am Angriffskrieg gegen Jugoslawien wurde anfänglich mit billiger Rhetorik geleugnet. Kanzler Schröder: „Wir führen keinen Krieg.“.

Unter Rot-Grün hat sich auch der Umbau der Bundeswehr zu einem Instrument deutscher Außenpolitik mit dem Ziel einer schlagkräftigen Interventionsarmee beschleunigt. Die alte Struktur der Bundeswehr wird völlig umgekrempelt.

Die Kompetenzen des Generalinspekteurs wurden erweitert, alle Planungsaktivitäten laufen bei ihm zusammen, er steckt in Zukunft den Entscheidungsraum des Verteidigungsministers ab. Dagegen wurden die Führungsstellen der Teilstreitkräfte (TSK) Heer, Luftwaffe und Marine in reine Ausführungskommandos „verschlankt“. Die vormaligen „Krisenreaktionkräfte“ heißen jetzt „Einsatzkräfte“ und bestehen demnächst aus Kampfverbänden mit insgesamt 150 000 Soldaten. Ergänzend übernimmt eine etwa 110 000 Soldaten umfassende „militärische Grundorganisation“ Logistik, Sanitätsdienste, Ausbildung, Führung und Planung. Um Doppelstrukturen zu vermeiden, werden Querschnittsaufgaben bei Interventionseinsätzen bei speziellen Einheiten einer „Streitkräftebasis“ (SKB) gebündelt.

Ein besonderes Interesse von Verteidigungsminister Scharping gilt der engen Kooperation mit der Wirtschaft. Im Zeichen schlanker Verwaltung hat er wesentliche Teile der nicht-militärischen Dienstleistungen – Verpflegung, Bekleidung, Ausbildung, Grundstückverwaltung, Logistik usw. – an Unternehmen ausgegliedert. Die erhofften Einsparungen sollen in militärische Neuanschaffungen investiert werden. In der neu gegründeten „Gesellschaft für Entwicklung, Beschaffung und Betrieb m.b.H.“ (GEBB), mit Beratungskompetenz auf höchster Ebene, sollen die Vertreter der Rüstungs- und IT-Branchen als besoldete Fachleute die technologische Modernisierung der Bundeswehr vorantreiben. Damit entstehen noch intensivere Verzahnungen mit der Rüstungslobby und strukturelle Voraussetzungen für eine Kriegswirtschaft.

Es ist zu befürchten, dass die von der Regierung gewollte Rüstungsmodernisierung in den kommenden Jahren zu starken Belastungen des Staatshaushalts führt. Die derzeitigen Beschaffungslisten sollen Kriegsgerät im Wert von 200 Milliarden umfassen. Die Frage ist, wie das finanziert werden soll.

Die „Aufgaben“ der künftigen deutschen Interventionsarmee werden am Interesse „des ungehinderten Zugangs zu Märkten und Rohstoffen in aller Welt“ (Verteidigungspolitische Richtlinien 1992) orientiert sein. Es scheint vorerst weniger um konkrete Einsatzszenarien zu gehen, denn um Kriegsführungsfähigkeiten an sich, als Instrumentarium der Machtausübung.

Minister Scharping: „Ob der Nahe oder Mittlere Osten, der Kaspische Raum, Süd- und Ostasien oder das von Kriegen und humanitären Katastrophen erschütterte Afrika – gewaltige Instabilitäten gefährden die regionale, aber auch globale Sicherheit. Unsere politischen und sicherheitspolitischen Ressourcen müssen wir auch an anderen Stellen dieser Welt in regionalpolitische Lösungsansätze bringen.“ (Forum Welt am Sonntag, 6. Dezember 2000)

Um die Durchsetzung von Menschenrechten oder Bekämpfung der Ursachen der heutigen regionalen Krisen geht es dabei sicher nicht. Denn dann müsste mit einer gerechteren Verteilung des Reichtums im Weltmaßstab Ernst gemacht werden.

Ziel ist vielmehr „die Gewährleistung optimaler Reproduktionsbedingungen für die Metropolen des Weltkapitalismus. Die vorgeblich humanitären Kriseninterventionen dienen zugleich als Legitimation für die Aufrechterhaltung eines starken militärisch-industriellen Komplexes.“ (Paul Schäfer. Hamburger Wissenschaftler und Publizist)

Keine Militarisierung der EU!
Keine Interventionsfähigkeit der Bundeswehr!
 24. März 2001