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Tatort Balkan
fels – Für ein linke Strömung 27. Januar 2002


Tatort: Balkan – Täter: Rot-Grüne Bundesregierung – Tatausführende: Bundeswehr: Hier, im Einsatzführungskommando in der Henning von. Tresckow Kaserne, werden die Auslandseinsätze der Bundeswehr koordiniert. Gleich drei der aktuellen Auslandsmissionen finden auf dem Balkan statt.

In Bosnien-Herzegowina beteiligt sich die Bundeswehr seit 1996 an der SFOR Truppe. In den Kosovo sind die deutschen Soldaten nach dem Krieg gegen Jugoslawien im Frühjahr 1999 als Bestandteil der KFOR eingerückt. Und in Mazedonien ist Deutschland seit Oktober vergangenen Jahres so genannte Lead Nation eines Nato Einsatzes.

Lead Nation – „Führungsnation“: Das bedeutet, dass die Nato Mission in Mazedonien unter deutscher Hauptverantwortung steht. Das erste Mal überhaupt.

Wieder „Führungsnation“ zu werden – politisch, wirtschaftlich, militärisch. Darum geht es der deutschen Außenpolitik seit der Wiedervereinigung 1989. Erfolgreich, wie wir sehen können. Im Windschatten des US-geführten Krieges gegen den Terrorismus seit dem 11. September kann Deutschland seine militärische und politische Bedeutung ausbauen. Der Balkan ist dafür einmal mehr das Sprungbrett. Wie überhaupt die Intervention in die Kriege in Jugoslawien maßgeblich dazu beigetragen haben, dass Deutschland heute wieder „Führungsnation“ ist.

Was noch vor wenigen Jahren unvorstellbar war, hat diese Bundesregierung ermöglicht. Deutsche Truppen waren dort an Einsätzen beteiligt, wo deutsche Truppen zwischen 1941 und 1945 furchtbare Kriegsverbrechen begangen haben. In Pancevo, wo Wehrmachtssoldaten Massenerschießungen von Zivilisten durchführten, zerstörte die Nato-Luftwaffe mit deutscher Unterstützung eine Chemiefabrik. Tod durch Vergiftung wird die Folge für viele Bewohnerinnen und Bewohner dieser Kleinstadt sein. In Kraljevo, wo Wehrmachtssoldaten Tausende Zivilisten in einer Fabrik einschlossen und für jeden von antifaschistischen Partisanen getöteten deutschen Soldaten, hundert Frauen, Männer und Kinder ermordeten, schlugen mit freundlicher rot-grüner Unterstützung aus Berlin die Bomben ein. Auch in Kragujevac, am Ort des brutalsten Massakers der deutschen Wehrmacht in Jugoslawien, rasten die Bomben in Fabriken, zerstörten die Lebensgrundlage Tausender Menschen, ermordeten Zivilistinnen und Zivilisten.

Heute kommen die deutschen Truppen als Friedensbringer auf den Balkan, sagen die Rot-Grünen. Der Einsatz des Bundeswehr sei notwendig, um weitere Kriege zu verhindern, behauptet Josef Fischer. Nur durch den Krieg gegen Jugoslawien hätte ein neues Auschwitz verhindert werden können, weiß Verteidigungsminister Rudolf Scharping. Absurder kann die Realität nicht verdreht werden. Krieg ist Frieden – Wahrheit ist Lüge. Wenn wir uns heute die Situation im Kosovo anschauen, sehen wir: Unter den Augen und mit Hilfe von Nato und Bundeswehr hat hier eine brutale Vertreibung von ZivilistInnen stattgefunden. Albanische Nationalisten zündeten die Häuser von mindestens 150 000 SerbInnen und 100 000 Roma an. Zuvor als Bodentruppen der Nato militärisch aufgerüstet, vertrieben die UCK-Terroristen die Menschen mit Gewalt aus dem Kosovo. Bis heute leben diese Flüchtlinge in miserablen Unterkünften in Serbien, Montenegro oder Mazedonien.

Ein Beispiel für die zynische Menschenrechtsrhetorik: In einem Elendsquartier bei Skopje in Mazedonien leben seit zweieinhalb Jahren über tausend aus dem Kosovo vertriebene Roma – Opfer des Nato-Krieges – eingepfercht in einer menschenunwürdigen Unterkunft aus Containern und Hütten. Ohne Brennholz, mit unzureichender Ernährung und Gesundheitsversorgung mitten in einem eisigen Winter. Die Nato Truppen können oder wollen ihre Sicherheit im Kosovo nicht garantieren. Selbst in Mazedonien sind sie vor Übergriffen albanischer Nationalisten nicht sicher. Geflüchtete Roma, die versuchen über die Mauern der Festung Europa nach Deutschland zu kommen, werden so schnell wie möglich wieder abgeschoben. 250 000 Menschen mussten vor dem Terror in Kosovo nach dem Einmarsch der KFOR-Truppen flüchten. Die Nato und die Bundeswehr haben genau das ermöglicht, was sie angeblich verhindern wollten. Eine „ethnische Säuberung“, um dieses hässliche Wort zu benutzen.

Trotzdem steht heute Slobodan Milosevic vor den Richtern in Den Haag und nicht Schröder, Fischer und Scharping. Diese Verdrehung konnte nur Rot-Grün glaubwürdig durchsetzen. Nur mit der Pose des humanitären Einsatzes und des vorgeblichen Antifaschismus, konnte die Bundeswehr wieder im großen Stil interventionstauglich gemacht werden. Der Jugoslawienkrieg 1999 ist vorbei. Beim Einsatz im Rahmen der Anti-Terror-Koalition darf der Kanzler schon viel deutlicher benennen, worum es bei der Remilitarisierung der Außenpolitik wirklich geht: Deutschland ist wieder wer und hat das Recht seine Interessen auch militärisch durchzusetzen.

Lassen wir uns nicht von Menschenrechtsrhetorik einlullen, wenn Politiker und Generäle zum Krieg aufrufen.

Schauen wir genau an, was sie erzählen und was sie tun. Das reicht, um zu wissen, dass sie nicht nur Lügner, sondern Kriegsverbrecher sind.

Es gibt nicht so viele Farbbeutel, wie wir an Joschkas, Gerhards und Rudolfs Ohren zerplatzen sehen möchten.
 27. Januar 2002