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„Bündnis für Krieg“
Gegeninformationsbüro
27. Januar 2002
Deutschland hat seine außenpolitischen vitalen Interessen neu definiert
und in den Verteidigungsrichtlinien von 1992 fixiert. Dort heißt es u.a.
„Die Aufrechterhaltung des freien Welthandels und der ungehinderte Zugang
zu den Märkten und Rohstoffen in aller Welt sind künftig nationales
Interesse.“ Vizeadmiral und Inspekteur der Marine Hans Lüssow erklärt
in der Zeitschrift Europäische Sicherheit mit wenigen Worten, warum das so
ist: „Als Export- und auch Import-Vizeweltmeister ist Deutschland zwar hochindustrialisiert,
jedoch rohstoffarm und auf einen gesicherten Zulauf der für die Veredelung
erforderlichen Importe besonders angewiesen.“
Um die Rohstoffversorgung zu sichern, fordert der Admiral die „Seemacht
Europa“. Etwas anders sieht das die Bundestagsabgeordnete und stellvertretende
Sprecherin der SPD im Verteidigungsausschuss, Verena Wohlleben: „Deutschland
ist aufgrund seiner zentralen geopolitischen Lage in Europa eine klassische Landmacht,
auch wenn das viele nicht hören wollen. Daraus folgert, dass der Fahrzeugbau
in Deutschland einen besonderen Kompetenzbereich darstellt, der mit seiner Produktvielfalt
in zivilen wie militärischen Anwendungen eine starke Marktposition inne hat.“
Um die Waffengattungen zu komplettieren soll auch die Luftfahrtindustrie zu Worte
kommen. Im Juni 2000 äußerte sich der damalige Präsident des Bundesverbandes
der Deutschen Luft- und Raumfahrtindustrie, Gustav Humbert, im Deutschlandfunk.
Auf die Frage, ob das Image von Airbus bei einem militärischen Engagement
nicht leiden würde sagte er: „Zunächst erst einmal sehe ich es
als völlig irrelevant oder auch für mich nicht nachvollziehbar an, warum
Militäraktivitäten als unsauber und Zivilaktivitäten als sauber
bezeichnet werden. (...) Ich meine, dass der, der für Verteidigung eintritt
und auch für Verteidigung die richtigen Tools zusammenstellt, vielleicht
sogar höher gepriesen werden müßte als der, der sich nur im zivilen
Bereich aufhält.“
Zur See, zu Land und in der Luft, Deutschlands militärische Führer und
politischen sowie industriellen Eliten rüsten sich für den Krieg und
zwar vornehmlich außerhalb der Nato-Bündnisgebiete. Hierfür kreierte
der Führungsstab der Streitkräfte den Begriff der „Landesverteidigung
auf Distanz“ – wir nennen es mörderische Aggression.
Es ist bislang ein zäher Prozeß, die Bundeswehr kriegsfähig zu
machen. Die starke Lobby der Rüstungsschmieden drängt auf die Europäisierung
der Rüstungsexportkontrolle, was nichts anderes bedeutet, als den freien
Markt und Gewinnmaximierung auch im Handel mit Rüstungsgütern durchzusetzen.
Wer meint, die rot-grüne Regierung würde dem entgegenstehen, muss
enttäuscht werden, wie die bereits zitierte Verena Wohlleben nahe legt, wenn
sie Exportkontrollen als Hemmschuh „unserer Industrie“ und auch unserer
politischen Interessen ansieht.
Frei nach Clausewitz fordert die SPD-Frau die Fortsetzung der Außenpolitik
mit allen Mitteln und stellt bedauernd fest, dass wir unsere Nazi-Vergangenheit
noch nicht überwunden haben und ein gestörtes Verhältnis zu einer
nationalen erfolgreichen industriellen Ausrüstungsbasis für unsere Streitkräfte
haben. Deshalb könnten wir nicht wie unsere englischen und französischen
Nachbarn agieren. Im Wortlaut: „Wer selbst nichts zu bieten hat, bekommt
im internationalen Wettstreit bestenfalls die zweite Wahl!“. Um sich nicht
mit der zweiten Wahl begnügen zu müssen, wurde zwischen Verteidigungs-ministerium
und der deutschen Industrie 1999 der Rahmenvertrag zu „Innovation, Investition
und Wirtschaftlichkeit in der Bundeswehr“ abgeschlossen, dessen Ziel die
Umgestaltung der Bundeswehr zu einer effizienten Interventionsarmee ist. Die soll
sich ausschließlich auf ihre Kernaufgabe – das Krieg führen –
konzentrieren. Gleichzeitig entsteht eine hochspezialisierte deutsche Rüstungs-
und Kriegswirtschaft.
Serviceleistungen wie Verpflegung, Reinigung und Instandhaltung von Soldat und
Material sollen der Privatwirtschaft überlassen werden und die Rüstungsindustrie
mit verbindlichen Aufträgen für neue Hochtechnologiewaffen versorgt
werden. Für die Umsetzung der größten Privatisierungsaktion in
der Geschichte der Bundeswehr, wurde ausgerechnet oder auch bewußt am Antikriegstag
2000, die Gesellschaft für Entwicklung, Beschaffung und Betrieb mbH (GEBB)
gegründet. Dem strategischen Bündnis zwischen Bundeswehr und Industrie
sind bislang ca. 600 mittelständische und Großunternehmen beigetreten,
deren Profiterwartungen nicht enttäuscht werden dürfen, wie es u.a.
Thomas Enders von der EADS auf der Veranstaltung „Bundeswehr und Wirtschaft“
zum Ausdruck brachte: „Wir sind gewinnorientiert. Das müsse man zwar
nicht ganz kurzfristig sehen, aber auch nicht zu langfristig.“ Die innen-
und außenpolitischen Konsequenzen dieses Bündnisses für Krieg
liegen auf der Hand:
- Massive Erhöhung der Militärausgaben auf Kosten von Sozialleistungen,
Bildungs- und Gesundheitseinrichtungen
- Staatlich geförderter Export von Kriegsgerät
- Weitere Militarisierung deutscher Außenpolitik
Wir verkünden mit Nachdruck: Es reicht uns! Gemeinsam mit fortschrittlichen
GewerkschafterInnen, GlobalisierungsgegnerInnen, Flüchtlings- Friedens- und
anderen Gruppen wird sich der Widerstand Gehör verschaffen! |
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