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War is in the Air – zur EADS
DFG-VK 27.
Januar 2002
Wir stehen hier vor der Berliner Vertretung der EADS, der European Aeronautic
Space and Defence Systems. Ein relativ neuer multinationaler Konzern der europäischen
Rüstungsindustrie.
Dieses Büro in der Neuen Mitte steht für einen bemerkenswerten Wechsel:
Früher pflegte sich die Rüstungsindustrie am Stadtrand und hinter hohen
Zäunen zu verbergen. Nach außen hin sollte nicht erkennbar sein, dass
sich hinter einem unscheinbaren Gebäude eine Zentrale des Mords und Totschlags
befindet.
Heute steht so ein Betrieb am Potsdamer Platz, der Symbol der neuen deutschen
Vorzeigekultur ist. Neben Musicaltheatern, Kinocentern, Einkaufspassagen und Flaniermeilen
nimmt die Kriegsindustrie ihren Platz in der deutschen Eventgesellschaft ein.
Ganz offen wird hier Lobby- und Verwaltungsarbeit in Sachen Krieg erledigt –
diese Aufgaben können heutzutage im Herzen der zivilen Gesellschaft betrieben
werden.
Das ist auch logisch, denn: Ist es nicht so, dass der relative Wohlstand der Deutschen
militärisch verteidigt werden muss? Der Wohlstand derer, die Hunderte von
Euro für ein Musical ausgeben, genauso wie der Wohlstand jener, die sich
nur die ermäßigte Kinokarte für fünf Euro leisten können?
Die zivile Gesellschaft ist sich weitgehend einig, dass dieser Wohlstand verteidigt
werden muss, und sie holt sich die Verteidiger in ihre Mitte.
Diese Entwicklung geht einher mit immer mehr Einsätzen der Bundeswehr. Bisher
wird meist noch geübt: In Somalia, auf dem Balkan und in Afghanistan wird
ausprobiert, wie fit die Bundeswehr schon ist, um endlich wieder „richtig“
Krieg führen zu können. Dass dabei immer ein paar Einheimische krepieren,
ist Teil der Planung, genau so wie die „Unfallopfer“ der eigenen Seite.
Bei diesen Proben wird denn auch immer sehr deutlich, was der Bundeswehr noch
an geeigneter Ausrüstung fehlt:
Im Jugoslawien-Krieg war das Gezeter der einheimischen Krieger und ihrer zivilen
Wasserträger groß, man sei im Bereich der Aufklärung zu sehr auf
den Militärapparat der USA angewiesen. Im gegenwärtigen Afghanistan-Einsatz
kann die Bundeswehr gar nicht genug darauf hinweisen, wie beschränkt die
eigenen Transportkapazitäten sind. „Per Anhalter“ müsse
man nach Kabul fliegen, wurde in einer großen Berliner Tageszeitung formuliert.
Und das, weil die Bundeswehr nur jahrzehntealte Transportflugzeuge besitzt.
Der EADS-Konzern, vor dem wir hier stehen, will diesen Mängeln abhelfen:
Seine Angebote füllen die Lücken der Bundeswehr. Im Programm hat EADS
Raumaufklärung via Satelliten, von denen die Bundeswehr schon einige bestellt
hat. Auch der Eurofighter, der in den nächsten Jahren Hunderte von Milliarden
Euro kosten wird, wird von EADS hergestellt. Nicht zu vergessen der Großraumtransporter
A 400 M, der um die neun Milliarden Euro kosten soll.
Wenn die Lobbyarbeit dieser Firma überzeugend genug ist, können deutsche
Militärs selbst den feindlichen Raum einsehen, über eigene Satelliten.
Sie können die Gegend dort selbst bombardieren, mit eigenen Kampfflugzeugen.
Und sie können ihre Soldaten selbst in das so genannte „Krisengebiet“
schicken, mit eigenen Transportflugzeugen, in das dann auch bequem die neuen Panzer
passen, die auch schon bestellt sind.
Das ist zumindest die Zielvorstellung der Militärs. Diese sind allerdings
realistisch genug, einzusehen, dass es ganz ohne Bündnispartner nicht geht.
Da wird eben geschaut, wer dazu am besten taugt. Und weil es kein Geheimnis ist,
dass sich Teile des europäischen Kapitals mit denen der USA, samt ihres Anhangs
aus Geostrategen, zueinander in Konkurrenz befinden, zielt die gegenwärtige
Strategie auf eine Abkopplung von den USA.
Der Konzern EADS symbolisiert auch diese neue transatlantische Konkurrenz: Im
Wesentlichen handelt es sich bei EADS um einen Zusammenschluss der militärischen
Luftfahrtindustrien aus der BRD (ehm. DaimlerChrysler Aerospace AG), Frankreich
(ehm. Aerospatiale Matra) und Spanien (ehm. Casa).
Ein Zitat aus der Selbstdarstellung von EADS: „Gemessen am Marktanteil gehört
die EADS zu den beiden größten Herstellern von Verkehrsflugzeugen,
Hubschraubern, kommerziellen Trägerraketensystemen und Lenkflugkörpern
und zu den führenden Herstellern von Militärflugzeugen, Satelliten und
Verteidigungselektronik“.
Auf deutsch: Diese Firma steht ganz offen dazu, einen Haufen Geld damit zu verdienen,
Mordtechnologien zu entwickeln und zu verkaufen. Und dafür hat sie ganz offenbar
ein repräsentatives Büro hier am Potsdamer Platz verdient. Diejenigen,
die damit noch Probleme haben, zählen allenfalls zum Randbereich der Gesellschaft.
Muss noch extra erwähnt werden, dass die Talfahrt der EADS-Aktien, die im
Sommer vorigen Jahres eingesetzt hatte, Mitte September beendet war? |
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