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Freiheit für die Gefangenen des 1. Mai!
Antirepressionsbündnis 1. Mai
3. Juni 2004
Solidaritäts-Demonstration und Knastkonzert vor der JVA Moabit für
alle im Zusammenhang mit den Aktionen am diesjährigen ersten Mai inhaftierten
AktivistInnen: Samstag, 12. Juni, 15 Uhr, U-Turmstraße
Als Reaktion auf die zum Teil militanten Auseinandersetzungen im Rahmen des diesjährigen
1. Mai verhängte die Berliner Justiz Haftbefehle gegen über 100 AktivistInnen,
weitaus mehr als in den Jahren zuvor. Mindestens 70 von Ihnen befinden sich nach
der ersten Haftprüfung noch immer in Untersuchungshaft. Es scheint, als beabsichtigt
die Berliner Justiz mit ihrer Ankündigung ernst zu machen, in diesem Jahr
gegen „Mai-Randalierer“ ein abschreckendes Exempel zu statuieren.
Mit dem harten Durchgreifen von Justiz und Polizei soll der linksradikale und
antifaschistische Widerstand, den Tausende Menschen seit Jahren am 1. Mai in Berlin
auf die Straße tragen, als Ganzes dauerhaft gebrochen werden. Es ist dringend
erforderlich, diesem Angriff der Herrschenden auf die radikale Linke über
unterschiedliche Ansatzpunkte und die üblichen Differenzen hinweg gemeinsam
zu begegnen. Um die inhaftierten AktivistInnen zu unterstützen, mobilisieren
wir als Bündnis zunächst zu einer Demonstration und einem Knastkonzert
vor die JVA Moabit, in der die männlichen Aktivisten inhaftiert sind. Am
19. Juni um 15.30 Uhr wird zudem eine Kundgebung vor dem Frauenknast in Pankow
stattfinden.
Der Vorlauf des ersten Mai: Maisteine & Co ...
Der 1. Mai begann dieses Jahr bereits Anfang April: Der Startschuss fiel mit der
großen Demonstration gegen Sozialabbau, während der das Gebäude
des BDI mit Farbflaschen attackiert wurde. Mit einer Hausbesetzung in der Oranienburger
Straße wurde der Forderung nach einem sozialen Zentrum Nachdruck verliehen.
Während der gleich darauf folgenden Autoorganisationstage wurden immer wieder
Plätze und Häuser besetzt. Knall auf Fall folgten die Maisteine: In
vielfältigen Aktionen im Vorfeld des 1.Mai wurden verschiedene politische
Konfliktfelder wie die fortschreitende neoliberale Umstrukturierung – zum
Beispiel im Rahmen der „Tour de Luxe“ sowie bei den BVG-Aktionen,
der staatlich institutionalisierte Rassismus – etwa im Rahmen der Kundgebung
gegen den Abschiebeknast in Köpenick sowie des Antikolonialen Spaziergangs
im Wedding – oder auch die zunehmende Verselbstständigung des Polizei-
und Sicherheitsapparates (bei Aktionen zur Forderung der Kennzeichnungspflicht
für Polizeibeamte) thematisiert. Es gab Aktionen beim Arbeitsamt Wedding
und gegen private Sicherheitsfirmen.
Das Medienecho auf diese Aktionen war anfänglich erstaunlich hoch. Fast täglich
erschienen Meldungen über Aktionen im Rahmen der Kampagne. Gleichzeitig stieg
die Hetze gegen alle Aktionsformen, die sich über die Spielregeln des Systems
hinwegsetzten. So kündigte die Staatsanwaltschaft im unmittelbaren Vorfeld
des 1. Mai „10 Jahre Knast für Mai-Randalierer“ an, während
auf den Titelseiten der Boulevardzeitungen Bullen und vermeintliche AnwohnerInnen
ihre „Angst, den Randalierern in die Hände zu fallen“, bekannten.
Am späten Abend des 30. April gingen Einheiten der Polizei brutal gegen TeilnehmerInnen
der Walpurgisnacht-Feierlichkeiten im Bereich des Mauerparks vor. Bereits dort
sind über hundert Menschen eingefahren, gegen 35 wurde ein Haftbefehl erwirkt.
Staat und Nazis ...
Wie bereits in den letzten Jahren versuchten auch dieses Jahr Mitglieder von rechtsextremen
Parteien und Kameradschaften einen Aufmarsch in Berlin durchzuführen. Die
Besonderheit am diesjährigen ersten Mai war, dass sich so genannte „freie“
Kameradschaften und die NPD auf eine zentrale Demonstration einigen konnten. Rückten
diese Aufmärsche die letzten Jahre immer weiter in die Innenstadt vor, sollte
es in diesem Jahr von Lichtenberg aus mitten durch Friedrichshain gehen. Etwa
2500 Nazis sammelten sich so am Vormittag des ersten Mai am S-Bahnhof Lichtenberg.
Auf ihrer Route stellten sich den Nazis ca. 5000 GegendemonstrantInnen in den
Weg. Die AntifaschistInnen blockierten die Straße und wurden von der Polizei,
aus dem Weg geräumt. Noch um 15 Uhr verkündete der Einsatzleiter der
Polizei, die Route der Nazis würde auf jeden Fall durchgesetzt werden. Kurze
Zeit später brannten auf der Frankfurter Allee Müllcontainer, auch ein
Mercedes durfte als Barrikade herhalten. Polizei und Nazis wurden mit Steinen
und Flaschen angegriffen. Durch diesen ungewöhnlich starken antifaschistischen
Protest musste der Naziaufmarsch schon am S-Bahnhof Frankfurter Allee abgebrochen
werden, die Nazis hatten nicht einmal ein Drittel ihrer Route zurücklegen
können. Bei diesen Aktivitäten in Friedrichshain und Lichtenberg wurden
100 Personen festgenommen. 70 befinden sich noch immer im Knast!
Der 1. Mai in Kreuzberg
Hass auf die Polizei, deren Ziel- und Fahndungsraster entlang rassistischer und
sozialer Kriterien verlaufen, die Wut angesichts sozialer Einschnitte und massiver
staatlicher Kürzungen oder auch die generelle Ablehnung des bestehenden Systems:
Dies und noch viel mehr sind gute Gründe, warum Menschen am 1.Mai ihre Wut
auf die Strasse tragen und sich nicht an die staatlichen Spielregeln halten.
Die Antworten des Staates darauf sind immer die gleichen: Hausbesuche im Vorfeld
des 1. Mai, um „bereits auffällig gewordene“ Leute und deren
Umfeld einzuschüchtern, massive Überwachung, Schlagstock-Einsatz und
Wasserwerfer, aber auch Bullenbesuch in Schulen etc. etc. ... er staatliche
Repressionsapparat stützt sich dabei zunehmend auf Denunziation, sei es gleich
am Rande der Demonstrationen und Aktionen durch das „Engagement“ einiger
BürgerInnen, aber auch in den folgenden Wochen durch die Resonanz auf die
ausgehängten Fahndungsplakate.
Ein wichtiger Bestandteil dieser Befriedigungsstrategie des Senats unter Einbeziehungen
von ausgewählten Initiativen ist das Kreuzberger „My Fest“. Dies
soll als ein politisches Straßenfest von KiezbewohnerInnen verkauft werden.
Doch hatten sich die InitiatorInnen nun schon zum zweiten Mal das Ziel gesetzt,
die Grenzen dessen, was an diesem Tag rund um den Heinrichplatz möglich sein
soll, selbst zu setzen: Laute, radikale Zwischentöne und die revolutionären
1. Mai Demos sollen am besten ganz aus dem Bezirk verschwinden.
Von den FestmacherInnen wurde offen zur Denunziation von so genannten „Krawallmachern“
aufgerufen. In der „Feierzone“, einem angeblich polizeifreien Raum,
arbeitete die von den InitiatorInnen engagierte Security reibungslos mit Bullen
in Zivil zusammen, während in den Hinterhöfen Hundertschaften warteten,
um gegen vermeintliche „Störer“ vorgehen zu können. Vereinfachend
wurde stets behauptet, die „Randale“ würde nur von abenteuerlustigen
zugereisten und ausländischen Jugendlichen völlig sinnfrei angezettelt.
Eine geplante gemeinsame Abschlusskundgebung der beiden revolutionären 1.
Mai Demonstrationen sollte von den Polizeikräften mit aller Gewalt verhindert
werden, dennoch gelang die Durchsetzung einer Spontandemonstration gegen das offizielle
Demonstrationsverbot im Bereich der Oranienstrasse. In Folge der sich anschließenden
militanten Auseinandersetzungen und der folgenden Jagd von uniformierten und zivilen
Greiftrupps auf „Unruhestifter“ wurden weitere Menschen abgegriffen.
Die hohe Anzahl der insgesamt im Zusammenhang mit dem diesjährigen 1. Mai
verhängten Haftbefehle – insgesamt über 100 – ist neben
der zugrunde liegenden politischen Zielsetzung insbesondere auch auf das reichlich
vorhandene Bildmaterial und den gezielten Einsatz der Greifer zurückzuführen.
Nach der ersten Haftprüfung befinden sich nun immer noch 70 Menschen in Haft.
Was tun? Was tun!
Beteiligt Euch an den Demonstrationen und Kundgebungen, schreibt Briefe an die
Gefangenen, organisiert Soli-Partys oder spendet selber Geld für die kommenden
Prozesskosten. Die Rote Hilfe führt ein Sonder-Konto: Rote Hilfe e.V. Kontonummer:
71189590606 BLZ: 100 200 00 Berliner Bank Kennwort: 1. Mai. Und schließlich,
last but not least, springt über Euren eigenen Schatten und klinkt Euch,
über alle sonstigen Gräben hinweg, bei der Bündnisarbeit mit ein,
denn gemeint sind wir alle!
Freiheit für die Gefangenen des 1. Mai!
Freiheit für alle politischen und sozialen Gefangenen!
Widerstand lässt sich nicht verbieten!
Weitere Termine und wichtige Infos:
19. Juni 15.30 Uhr
Kundgebung vor dem
Frauenknast in Pankow
23. Juni 16 Uhr
O-Platz Antirepressionsdemo
„Fight Back! Gegen Polizeigewalt und Justitzwillkür!“ |
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