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Boykott und zweierlei Maß
Frauen in Schwarz (Wien) 13.
Juni 2006
Was heißt hier Berichterstattung?
Es ist erschütternd und inakzeptabel, dass der derzeit einzige Schwerpunkt
der Information über die Situation in Israel/Palästina, der in fast
allen deutschsprachigen Medien verbreitet wird, die Auseinandersetzungen zwischen
Fatah und Hamas und die so genannten Unruhen in Ramallah sind.
Es wird kein Wort darüber verloren, dass die palästinensischen Gebiete
seit nunmehr 39 Jahren unter israelischer Militärbesatzung sind; das bedeutete
schreckliche Unterdrückung, Raub von Land, Wasser und totale israelische
Kontrolle.
Totale Kontrolle hieß Verhaftungen von PalästinenserInnen – häufig
auch administrative Festnahmen, absolute Kontrolle über die Städte, über
die landwirtschaftlichen Flächen, über die Bewegungsfreiheit der Bevölkerung,
ihre wirtschaftliche und persönliche Unabhängigkeit sowie Menschenrechte.
Die israelische Administration blockierte und blockiert nicht nur die Güter,
die in den Gazastreifen und das Westjordanland herein- und herauskommen, was
bedeutet, dass die palästinensische Bevölkerung kaum Nahrungsmittel
hat und die medizinische Versorgung daniederliegt. Die israelischen Behörden
verursachen daher nicht nur den Hunger in den von ihnen besetzten Gebieten, sondern
sie blockieren zusätzlich die finanziellen Mittel, die die israelische (Steuer-
und Zoll-)Behörden durch das Einheben der Taxen für die palästinensische
Behörden einbehalten und die sie nicht – wie durch internationale
Verträge eigentlich vereinbart – an die Palästinensische
Autonomiebehörde (PA) weiterleiten.
Nicht nur, dass sie damit den PalästinenserInnen zustehendes Geld nicht
zurückgeben, haben sie mit Unterstützung der Europäischen Union
und der USA auch dafür gesorgt, dass keine weiteren Geldmittel an die demokratisch
gewählte palästinensische Regierung bezahlt werden.
Damit haben sich EU und USA, somit auch die von uns gewählten Regierungen,
an der katastrophalen Situation der hungernden palästinensischen Bevölkerung
mitschuldig gemacht.
Und es wird deutlich, dass die Ursache und das Ziel des Boykotts die demokratisch
gewählte palästinensische Regierung ist.
Das Faktum, dass die PA ihre BeamtInnen – LehrerInnen, ÄrztInnen,
Sicherheitsleute und so weiter – nicht bezahlen können, hat auch
unweigerlich zur momentanen Situation beigetragen.
Wie kann, soll sich denn eine hungernde Bevölkerung, ohne ausreichende Versorgung
mit lebenswichtigen Medikamenten, die noch dazu unter ständigem Beschuss
durch die israelische Armee steht, verhalten?
In den letzten Tagen werden in Gaza neun bis zehn Menschen täglich verwundet
und getötet, abgesehen von denjenigen, die wegen der mangelnden medizinischen
Versorgung sterben müssen. Die Morde werden strafrechtlich nicht verfolgt,
die israelischen Soldaten blieben bei Tötungsdelikten – auch
von Kindern – bisher straffrei.
Wir appellieren an alle über Israel/Palästina berichtenden Medienleute,
sich ein umfassendes Bild von der Lage in den von Israel besetzten Gebieten zu
machen, ehe sie Einzelheiten in den Vordergrund schieben, ohne die Ursachen zu
benennen.
Weitere Informationen, unter anderem auch unter den zahlreichen Links unserer
Site: www.fraueninschwarz.at |
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