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‚Demokratischer‘ Rassismus
Jonathan Cook weekly.ahram.org.eg
Übersetzung aus dem Englischen vom Gegeninformationsbüro 8. Juli 2004
Jonathan Cook ist ein britischer Journalist, der für den Guardian/Observer
in London und für das Wochenblatt Al-Ahram in Kairo, aber auch für
weitere internationale Medien (wie die britische Times, Le Monde Diplomatic in
Paris, The Daily Star in Beirut, Al-Jazeera) schreibt. Er lebt in Nazareth, dem
Zentrum der palästinensischen Minderheit in Israel. Ende 2003 heiratete
er Sally Azzam, eine palästinensische Israelin aus Nablus. Seine
Arbeiten sind im Internet auf seiner Homepage unter www.jkcook.net zugänglich,
sowie auf der Website „Palestine: Information with Provenance“ http://student.cs.ucc.ie.
Der britische Journalist Jonathan Cook beleuchtet
die bisherige Geschichte der palästinensischen Minderheit in Israel und legt
die sozialen und politischen Widersprüche offen.
Der Text erschien in zwei Teilen erstmals im Juli 2004 bei Al-Ahram unter weekly.ahram.org.eg (Teil
1 und Teil
2)
Ein Komitee der israelischen Knesset formuliert gegenwärtig eine Verfassung
für Israel – ein erster Versuch in dessen 56-jährigen Geschichte.
Dieses Ziel war in den frühen Jahren rasch aufgegeben worden, da die Gründungsväter
befürchteten, dass die Formulierung einer präzisen Definition des staatlichen
Charakters die zerbrechliche Übereinstimmung säkularer und religiöser
Juden erschüttern könnten und verfasste Grundrechte den Palästinensern
grundlegende Rechte einräumten, aus denen sie gerade ausgeschlossen werden
sollten. Stattdessen galt das im Gründungsdokument des Staates gegebene
Versprechen, alle seine Bürger erhielten politische Gleichheit, ohne Unterschied
der Religion, der Rasse oder des Geschlechts.
Das Recht-, Gerechtigkeits- und Verfassungskomitee erarbeitet mittlerweile
in regelmäßigen Sitzungen die Festlegung der übergreifenden Rechtsbereiche,
auf denen die Verfassung beruhen soll. Unter den jüdischen Mitgliedern besteht Übereinstimmung
darüber, dass die Präambel den Staat als beides: „jüdisch
und demokratisch“ proklamieren soll. Angenommen wird, dass eine überwältigende
Mehrheit der Knesset-Mitglieder eine solche Konstitution im Parlament mit ihrer
Stimme unterstützen werden. Das einzige palästinensische Mitglied,
Azmi Bishara, nimmt an den Beratungen nicht teil, weil er glaubt, dass eine solche
Formulierung unsinnig ist: der Staat kann nicht gleichzeitig jüdisch und
demokratisch zugleich sein. Vielmehr fordert er, dass Israel ein Staat für
alle seine Bürger wird.
Was stimmt also? Betrachten wir dabei Israels Verdienste und Erfahrungen
die Demokratie voranzubringen. Wir sehen dabei von den Ergebnissen in den besetzten
Gebieten der Westbank und Gazas ab, denn dort ist über die rechtlose und
der Besatzung unterworfenen 3,5 Millionen-Bevölkerung eine Militärverwaltung
eingesetzt. Beschränken wir uns auf die Ergebnisse der Rechtssprechung gegenüber
der eigenen Bevölkerung, unter besonderer Berücksichtigung der eine
Million Palästinenser, die die israelische Staatsbürgerschaft haben.
Wie kommen sie vor in dem, was die Knesset einen Jüdischen und demokratischen
Staat zu nennen wünscht?
Staatssicherheitskräfte
In den vergangenen 56 Jahren hat Israel sich geweigert, die Gültigkeit
eines noch von der britischen Mandatsregierung übernommenen „Notstandsrechts“ aufzuheben.
Die Notstandsregelungen führen im Effekt zur Fortdauer des von Israel aufrecht
erhaltenen Kriegszustands und erlauben äußerst harte Maßnahmen,
die den Prinzipien einer Demokratie widersprechen. Der Status des Ausnahmegesetzes
wird von der Knesset alle sechs Monate bestätigt. Dabei wird die Regierung
sogar vom konservativen Komitee für Außen- und Verteidigungspolitik
dafür kritisiert, dass diese darauf bestanden hatte, erneut nur das gesamte
Konglomerat zur Abstimmung zu stellen, darunter auch 18 Regelements, die den
Sicherheitsbereich nicht betreffen.
Sicherheitsrelevante Vollmachten umfassen unter anderem die Administrativhaft [1],
Zensur und das Abhören des Telefons. Innerhalb Israels richten sich diese
Maßnahmen größtenteils gegen die palästinensische Bevölkerung
und verdecken damit die fortgesetzte Einschüchterung und Kontrolle über
sie – die Fortschreibung der Militärverwaltung mit anderen Mitteln,
die während der ersten zwei Jahrzehnte nach der Gründung Israels gegen
sie eingesetzt worden war.
In regelmäßigen Abständen wurde die Bevölkerungsminderheit
daran erinnert, dass der Staat von Seiten palästinensischer Bürger
keinerlei Abweichung duldet. Bis jetzt haben die Sicherheitskräfte dreimal
Gräueltaten gegen sie verübt, bei ersten Mal gegen Dorfbewohner, die
auf ihren Feldern arbeiteten, die beiden anderen Vorfälle richteten sich
gegen unbewaffnete Zivilisten während einer Demonstration. Jeder Vorfall
traf eine neue Generation palästinensischer Bürger, mutmaßlich
als Vorwarnung, dass ein organisiertes Vorgehen zur Verbesserung ihrer Rechte
nicht akzeptiert würde.
Das erste Massaker geschah 1956 in de Nähe des Dorfes Kafr Qasem, dicht
an der Grünen Grenze [2] zur damals unter
jordanischer Verwaltung stehenden Westbank. Die Militärregierung verhängte
wenige Stunden vorher und ohne die Bewohner zu informieren, eine Ausgangssperre
gegen das Dorf. Als diejenigen, die in den Feldern außerhalb gearbeitet
hatten, am frühen Abend nach Kafr Qasem zurückkehren wollten, wurden
49 von ihnen von Soldaten kaltblütig erschossen.
Die zweite Gräueltat ereignete sich 1976, als palästinensische
Bürger in der Galilee-Region den Versuch unternahmen, gegen die Enteignungen
großer Gebiete ihrer Anbauflächen, unter dem Vorwand, das diente militärischen
Zwecken, zu protestieren. Die Polizei drang zur Mitte der Demonstration in der
Stadt Sahknin vor und erschoss sechs Demonstranten.
Das dritte und noch nicht lange zurückliegende Ereignis fand im Oktober
2000 statt, als die Regierung bewaffnete Polizei in arabische Städte und
Dörfer schickte und Anti-Terror-Scharfschützen in große Protestversammlungen,
die sich gegen das Blutvergießen der Intifada richteten, hineinschossen.
Zwölf Anwohner und ein Mann aus Gaza wurden getötet.
Die Offiziere oder deren Kommandeure wurden nicht wirklich zur Rechenschaft
gezogen. Es gab einen Schauprozess gegen die Kafr Qasem Soldaten, bei dem alle
Angeklagten Geldstrafen erhielten und ihr Kommandeur wurde zur Bezahlung von
einem Piaster verurteilt. Wegen der Toten in Sakhnin gab es nicht einmal eine
Untersuchung. Die Toten vom Oktober 2000 wurden zumindest von einem Gericht untersucht,
obgleich niemand dafür angeklagt wurde. Der Oberste Richter Theodor Orr
hat zugegeben, dass die Vorgeschichte von Seiten der Polizei davon geprägt
ist, palästinensische Bürger als „Feinde“ zu behandeln.
Aber einer der verantwortlichen Polizeikommandeure, den er dabei persönlich
erwähnte, ist danach befördert worden.
Die Politik der Unmenschlichkeit geht weiter. Die [palästinensische]
politische Lobbygruppe Mossawa hat zu einer Untersuchung von 15 Fällen aufgerufen,
in denen nach Ausbruch der Intifada palästinensische Bürger unter mysteriösen
Umständen durch Sicherheitskräfte getötet wurden. Ständig
wird darüber berichtet, dass palästinensische Bürger von der Polizei
angegriffen oder ohne Angabe von Gründen inhaftiert werden. Im Februar diesen
Jahres drangen zirka 1000 Polizisten in das Dorf Baneh in den Galilee ein um
dort fünf Häuser zu sprengen. Über mehrere Stunden hinweg terrorisierten
sie die Anwohner, verletzten einen Vertreter des Gemeinderats, der versucht hatte
zu verhandeln, schwer, feuerten Tränengas auf das Gelände eines Kindergartens
und richteten Verbalinjurien und ein Gewehr gegen den Leiter, der versucht hatte,
ihnen Vorhaltungen zu machen. (Detaillierte Angaben zu diesem Vorfall gibt der
Bericht „Let them suffocate!“ [3] der
Human Rights Association in Nazareth.) Im Süden, im Negev, ist eine paramilitärische
Polizei, die „Grüne Patrouille“ genannt, der starke Arm hinter
eine Welle von Häuserzerstörungen, die sich gegen Beduinen richtet.
Sie sind außerdem wiederholt in die Dörfer eingedrungen, um dort dem
Besprühen von Planzungen aus der Luft mit giftigen Chemikalien „Nachdruck
zu verleihen“.
Aber Gewalt ist nicht die einzige Waffe, die zur Kontrolle der palästinensischen
Minderheit eingesetzt wird; ihr Status innerhalb der Gesamtgesellschaft wird
durch demütigende Durchsuchungen und Überprüfungen außerhalb
ihrer Wohnorte erneuert. Die am meisten berüchtigten finden an Grenzübergängen
und auf Flughäfen statt, wo sie häufig einer ausgedehnten Befragung
und einschüchternden Nachforschung durch Sicherheitskräfte unterworfen
sind. Obgleich Sicherheitsgründe bemüht werden – die auf jüdische
Bürger keine Anwendung finden – hat die Erfahrung gezeigt, dass Sicherheit üblicherweise
eine untergeordnete Rolle spielt: Anfang 2004 verpasste Lufti Manshour, der Herausgeber
der arabischen Zeitung As-Sinara einen Flug, bei dem er den israelischen Präsidenten
begleiten sollte, nachdem er gezwungen wurde eine körperliche Durchsuchung
zuzulassen; und Amir Makhoul, der Leiter von Ittijah, der größten
israelisch-arabischen gemeinnützigen Organisation, wurde am Flughafen zu
einem längerem Verhör herausgerufen.
Medien
In Israel wurde das Recht auf Redefreiheit nie in Kraft gesetzt und im Rahmen
einer Notstandsregulierung der britischen Mandatsmacht – der Presseverfügung
von 1933 – kann die Regierung nach Belieben Zeitungen ohne Angaben von
Gründen schließen lassen. Die Maßnahme wurde seit der Gründung
Israels verschiedene Male gegen dissidente arabische Medien angewandt: mit der
Begründung der „Gefährdung der öffentlichen Sicherheit“ wurden
1953 die Zeitung Al-Ittihad und 1981 Al-Fajar der kommunistischen Partei geschlossen; „wegen
Finanzierung durch eine terroristische Organisation“ wurden 1983 As-Shiraa,
1986 Al-Aahad und Al-Meathak, 1994 Al-Bian geschlossen. In Wirklichkeit wurden
sie geschlossen, weil sie den palästinensischen Nationalismus unterstützten
oder für eine [palästinensisch-jüdische] Koexistenz eintraten
oder weil sie indirekt Gelder von palästinensischen Organisationen erhielten.
Der Hauptzweck der Maßnahme war, den Teil der arabischen Medien zum
Schweigen zu bringen, der kritische Sichtweisen unterstützte. Im Dezember
2002 wurden die Notstandsgesetze dazu benutzt, Saw Al-Haqq Wal-Hurriya zu schließen,
das Wochenblatt des außerparlamentarischen Arms der Islamischen Bewegung [4].
Die Bewegung unter ihrem Führer Scheich Raed Salah [5],
hatte in den vorausgegangenen Jahren Popularität gewonnen und konnte vereinzelt
Kampagnen organisieren, die die Diskriminierung und die politischen Drohungen
gegen die Minderheit deutlich machten. [6] Der
Innenminister ließ das seit 1989 herausgegebene Blatt mit der Begründung
schließen, es „gefährde die öffentliche Sicherheit“ durch
Hetze gegen Juden, den Zionismus und den Staat Israel. Der Herausgeber und ein
Kolumnist müssen sich im September vor einem Gericht verantworten [7],
das ein neu eingeführtes Gesetz anwendet, demnach sie sich der Hetze gegen
den israelischen Staat verdächtig gemacht hätten.
Allgemein sind palästinensische Journalisten doppelt: formell und informell,
vom Zugang zu selbst unteren Positionen in den hebräischen Medien ausgeschlossen.
Das israelische Rundfunkgesetz definiert die Rolle der Medien als Repräsentanten
der jüdischen Gesellschaft, zur Stärkung der jüdischen, hebräisch
sprechenden Kultur und zur Schaffung eines Bandes zwischen den in Israel lebenden
Juden und der Diaspora. Die Bedeutung der palästinensischen Minderheit,
seiner Kultur, seiner Identität wird ignoriert. Nur ein ganz geringer Teil
des Radio- und Fernseh-Programms richtet sich an palästinensische Bürger.
Obendrein sind nach Angaben des Ilam Media Centre in Nazareth nur ein Prozent
der in den Medien Beschäftigten Araber. Zurzeit ist bei Haaretz, „der
führenden liberalen Tageszeitung“ nur ein arabischer Journalist beschäftigt,
im Sportteil.
Selbst die wenigen Juden, die das anprangern, stehen vor einer fast unlösbaren
Aufgabe. Die beiden größten Verkaufszeitungen, „Yediot Aharonot“ und „Maariv“ haben
kürzlich linke Journalisten gefeuert, darunter auch den hoch angesehenen
Reporter Meron Rappaport, weil sie die Regierungspolitik zu offen kritisierten.
Alle Artikel, die mit Sicherheitsbelangen zu tun haben, sind der militärischen
Zensur unterworfen. Gegen deren Entscheidung ist kein Widerspruch möglich.
In einer beiläufigen Enthüllung berichtete die Zeitung Haaretz
vor ein paar Wochen, dass über mehrere Jahre hinweg die oberste Rundfunkbehörde
(IBA) illegale Straßensperren in arabischen Gebieten errichtet hatte, an
denen Fahrer angehalten und zur Zahlung von Gebühren aufgefordert wurden,
weil sie keine Fernseh-Lizenz hatten. Fast fünf Millionen wurden von den
arabischen Bürgern mit der Drohung konfisziert, ihre Autos würden beschlagnahmt
oder sie erhielten ihre Papiere nicht zurück. In eineigen Fällen wurden
die Schulden der Fahrer durch Behördenvertreter gefälscht. Diese Straßensperren
werden nur in arabischen Gebieten errichtet und sind zwar völlig ungesetzlich,
aber mit Beteiligung von Polizisten.
Sprache
Obwohl Landessprache, steht Arabisch weit unter der Bedeutung, die das Hebräische
und das Englische – keine Staatssprache – haben. Kaum ein Jude lernt
in der Schule mehr als das arabische Grundvokabular, wohingegen es für palästinensische
Schüler erforderlich ist, bis zum Bagrut (Oberstufenreife) Hebräisch
als Hauptfach zu nehmen. Für exzellentes Hebräisch werden Extrapunkte
vergeben, nicht so für Arabisch, was es für palästinensische Schüler
viele schwerer macht an die Universität zu gelangen.
Es gibt einen beständigen Strom von Geschichten über arabische
Arbeiter, die entlassen wurden, weil sie am Arbeitsplatz arabisch gesprochen
hatten, darunter im März bei McDonald Israel. Solche Geschichten bilden
nach Angaben arabischer Arbeiterorganisationen wie Sawt Al-Amal nur die Spitze
des Eisbergs. Obwohl es vor kurzem gerichtliche Erfolge bei der Einbeziehung
des Arabischen in Straßenzeichen gab, wird zumeist dem Hebräischen
und Englischen der Vorzug gegeben, selbst in gemischt jüdisch-arabischen
Städten. Die Entscheidung des Gerichts entsprang der Sorge der Richter,
dass der Mangel an arabischen Verkehrszeichen zu Unfällen führt. Obendrein
führen fehlende Gehwege, schlechter Straßenzustand und unbefestigte
Straßen in Gebieten mit arabischer Bevölkerung dazu, dass palästinensische
Bürger mehr als doppelt häufig bei Verkehrsunfällen sterben. Öffentliche
Versammlungen werden in Hebräisch abgehalten, wie auch alle Gerichtsverhandlungen.
Ein Versuch staatlicher Stellen, arabisch sprechende Bürger zur Übernahme
der Übersetzerkosten bei Gerichtverfahren zu verpflichten, liegt noch nicht
lange zurück.
Bildungswesen
In Israel ist das Bildungswesen für Juden und Araber bis zur Universität
vollständig getrennt. Das wird damit begründet, dass beide Völker
sich in Sprache und Kultur unterscheiden und überwiegend in unterschiedlichen
Wohngebieten leben. Begründet wird damit jedoch auch eine getrennte Budgetierung
für Erziehungsaufgaben. Wegen der höheren arabischen Geburtenrate machen
arabische Schüler ein Drittel der Gesamtzahl der Schüler aus, aber
ihre Schulen erhalten nur sieben Prozent des Budgets des Erziehungsministeriums.
Diese ungleiche Finanzausstattung wird noch verstärkt durch die viel niedrigeren
Zuteilungen an arabische Kommunen, die ebenfalls einen Teil der Kosten für
Schulen tragen.
Ein Bericht von Humans Rights Watch aus dem Jahr 2001 weist auf die systematische
Diskriminierung bei den Bildungsressourcen hin, die palästinensische Kinder
benachteiligen: die Klassen sind deutlich größer; es gibt weniger
Schulbücher und viele von ihnen sind ungeeignet; die Gebäude sind in
weitaus schlechterem Zustand; es gibt einen großflächigen Mangel an
Kindergärten, überbetrieblicher Ausbildung und Förderunterricht.
Der Standart von Einrichtungen für behinderte Kinder wird besonders harsch
kritisiert. Im Gegensatz dazu kommt einem beachtlichen Anteil jüdischer
Kinder – aus säkularen wie aus orthodoxen Familien – ein System
der Doppelförderung von Schulen, die von ultraorthodoxen Organisationen
betrieben werden, zugute, die Gelder aus dem Erziehungsministerium und dem Ministerium
für religiöse Angelegenheiten erhalten. Deren Grundschulen, die eine
Art fundamentalistisches Judentum lehren, wird inzwischen von einem Viertel aller
israelischen Kinder besucht.
Das kontinuierliche Interesse der Sicherheitskräfte an der Gestaltung
der Schulbildung der palästinensischen Minderheit gilt dem Ziel zu gewährleisten,
dass arabische Kinder nicht von ihrem kulturellen Erbe oder ihrer Geschichte
erfahren oder Erkenntnisse über ihre nationale Identität bekommen.
Ein höherer Mitarbeiter des Inlandsgeheimdienstes „Shin Bet“ beschrieb
gegenüber Haaretz die traditionelle Politik des Sicherheitsdienstes folgendermaßen: „Shin
Bet bestimmte und lenkte nicht nur die Ernennung der Schulleiter und Lehrer an
arabischen Schulen, sondern entschied auch, wer dort Hausmeister ist und wer
die Toiletten reinigt.“ Nach wie vor gibt es dort eine Abteilung, die Sicherheitsüberprüfungen
bei Lehrern durchführt und Vorfälle untersucht, bei denen „politische“ Aktivitäten
vermutet werden: Diskussionen über palästinensische Geschichte oder
Identität.
Der Lehrplan für arabische Kinder ist ebenfalls ein anderer als der
für jüdische, obwohl es ersichtlich keine Rechtfertigung für diesen
Unterschied gibt. Beispielsweise wird Weltliteratur üblicherweise nicht
an arabischen Schulen gelehrt, etwa Shakespeare, Chechow oder Molière.
Mahmud Ghanayim, Leiter der Abteilung für arabische Sprache und Literatur
an der Universität Tel Aviv, befürchtet, dass dieser verwehrte Zugang
zur Weltliteratur Teil „des Versuchs der Regierung ist, einen arabischen
Schüler zu schaffen, der nicht weltoffen ist“. Dieser Mangel wird
nicht durch die große arabische Literatur ausgeglichen. Der Lehrplan, der
unverändert seit 1981 gilt, schließt die meisten der berühmtesten
palästinensischen Dichter aus, Mahmud Darwish, Rashid Hussein und Samih
Al-Qassem, desgleichen palästinensische Schriftsteller wie Ghassan Kanafani.
Das einzige jüdische Mitglied in der Kommission von Literatur von 1981 legte
sein Veto bei jedem Werk ein, das „einen bösen Geist erzeugen“ könnte.
Paradoxerweise ist Darwish [8] – obwohl
selten gelehrt – im Lehrplan für jüdische Schulen enthalten.
Der Lehrplan für Geschichte für arabische Kinder wurde 1982 von
einem jüdisch dominierten Gremium aufgestellt und streift kaum die palästinensische
Geschichte. Eine überarbeitete Pilotversion von 1999, die der palästinensischen
Erfahrung mehr Raum gibt, wird fast nie in Schulen benutzt. Nach Meinung von
Said Barghouti, dem früheren Aufsichtsbeamten für Geschichte und Gemeinschaftskunde,
hat das Bildungsministerium die Lesebücher nie drucken lassen. Aber nun
gibt es eine neue Ausgabe für Gemeinschaftskunde – die erste, die
gleichermaßen für jüdische und arabische Kinder die Grundlage
sein soll. Auf Hebräisch lautet der Titel: „Bürger sein in Israel:
ein jüdischer und demokratischer Staat“; auf Arabisch heißt
es: „Bürger sein in Israel“ – wie weitere kleinere editorische
Veränderungen, was bedeutet, dass die jüdische Besonderheit des Staates
heruntergespielt wird. Doch der Bildungsminister Limnor Livnat darauf bestanden,
dass arabische Schulen gezwungen werden sollen, sich stark mit dem zionistischen
Staat zu identifizieren. Schulen, die die israelische Flagge nicht hissen oder
die Schülerschaft nicht die israelische Staatshymne singen lassen – die
Passagen enthalten, die den Staat mit dem jüdischen Volk gleichsetzen – wurden
mit Aussetzen von Geldzuweisungen gedroht.
Obwohl die Ausbildung an Fach(hoch)schulen und Universitäten integriert
ist, sind arabische Studenten ungeheuer marginalisiert. Sie stellen zwar fast
Viertel der Jugendlichen, dennoch sind nur acht Prozent von ihnen in Universitäten
eingeschrieben. Der Zugang für sie ist viel schwerer durch eine Maturaprüfung
mit einem Punktsystem, das die hebräische Sprache deutlich höher bewertet
als die arabische. Psychometrische Auswertungen, die bei der Auswahl von Bewerbern
eingesetzt werden, benachteiligen arabische Schüler ebenfalls, denn sie
sind kulturalistisch gefärbt und werden in englischer Sprache durchgeführt,
die arabische Schüler als dritte Sprache lernen, nach Arabisch und Hebräisch.
Auch das [obligatorische] Aufnahmeinterview wird immer in Hebräisch durchgeführt.
Ein im Jahr 2003 eingesetztes, überarbeitetes Aufnahmesystem wurde im November
wieder aufgehoben, nachdem Beamte eingeräumt hatten, dass arabische Kinder
aus ärmeren Familien davon profitierten. In den Worten der Zulassungsbehörde
war das auf Kosten von jüdischen Kindern gegangen.
Der prozentuale Anteil arabischer Dozenten an den Universitäten ist
noch niedriger als der der Studenten und liegt bei ein Prozent. Die Stellen vieler
Dozenten und Professoren werden durch den Staatssicherheitsrat, ein Staatssicherheitsorgan,
finanziert und viele Dozenten müssen als Teil ihrer Arbeit auch Militär
und Polizei unterrichten. Proteste arabischer Studenten auf dem Campus sind nur
mit sehr großen Einschränkungen zugelassen. Die Universität Haifa,
an der viele arabische Studenten eingeschrieben sind, behält sich mehrere
Tage Bedenkzeit für die Genehmigung einer Demonstration vor und hat verschiedentlich
arabische Studentenführer suspendiert oder relegiert. Auf einer solchen
Demonstration mit einer palästinensischen Flagge zu laufen, kann zur Verhaftung
durch die Polizei führen. Hinzuzufügen ist, dass Versuche eine arabische
Universität zu gründen, bisher vom Staat blockiert wurden.
Religion
Im Grundsatz sind die religiösen Rechte geschützt, wie etwa die
Freiheit der Religionsausübung und die Gottesdienste. Aber in Wirklichkeit
hat Israel eine Teil-Theokratie geschaffen, in der große Bereiche der privaten
Handlungsweisen der Bürger unter der ausschließlichen Kontrolle der
religiösen Behörden stehen. Innerhalb Israels ist beispielsweise eine
zivilrechtliche Heirat genauso wenig möglich, wie eine interreligiöse.
Es steht ausschließlich den staatlichen religiösen Behörden – jüdische,
christliche und muslimische – zu, Geburt, Heirat und Tod zu beurkunden.
Das Innenministerium weigert sich, Bürger auf Ausweisen anders als durch
ethnische und religiöse Zugehörigkeit bestimmt einzuordnen. Auch das
Adoptionsgesetz von 1981 bestimmt die einheitliche Religionszugehörigkeit
als Voraussetzung der Adoptionswilligen. Das Ergebnis, wenn nicht gar Zweck all
dieser Maßnahmen ist die Verstärkung der Ghettoisierung nicht-jüdischer
Minderheiten.
Staatliche Mittel gehen in dem gepriesenen Jüdischer Staat überwiegend
an jüdische religiöse Institutionen: so erhielt die ganzen 90er Jahre
hinweg die palästinensische Minderheit schätzungsweise zwei Prozent
aus dem Haushalt des Ministeriums für religiöse Angelegenheiten. „Adalah“,
das Zentrum für Rechtsberatung und rechtliche Vertretung der arabischen
Minderheit versuchte mit einigem Erfolg diese diskriminierende Praxis gerichtlich
anzufechten. Im Jahre 2000 erkannte das Oberste Gericht eine Klage gegen die
Vergabe des gesamten Budgets für Friedhöfe nur an den jüdischen
Bereich durch das Religionsministerium an. Deren Inkraftsetzung steht jedoch
noch aus.
Die Behörde für Altertümer verwendet die meisten Mittel zur
Ausgrabung und Konservierung antiker jüdischer Stätten. Das wird durch
ein weiteres Gesetzesrelikt aus der Ära des britischen Mandats unterstützt,
das die Klassifizierung der vor 1700 entstandenen Kunstgegenstände als Antiquität
untersagt. Diese Maßnahme verhindert den Schutz vieler historischer muslimischer
und christlicher Stätten. Obwohl es prinzipiell keine Einmischung bei der
Wahrnehmung moslemischer und christlicher Feiertage gibt, ist die israelische
Arbeitswelt darauf ausgerichtet, nur jüdische Feiertage anzuerkennen: viele
palästinensische Bürger haben beispielsweise große Schwierigkeiten
sich freitags oder sonntags frei zu nehmen oder während des Ramadan.
In der Unabhängigkeitserklärung versprach Israel die heiligen Stätten
aller Religionen zu schützen. Tatsächlich wurden fast alle der heiligen
moslemischen und christlichen Stätten, die es in Israel vor 1948 gab, zerstört,
eingezäunt oder durch jüdische Kommunen benutzt. Die Moschee in der
jüdischen Künstlerkolonie „Ein Hod“ bei Haifa ist heute
ein Restaurant, wie auch viele Kibbutz- und Moshav-Kollektive [9] Kirchen
und Moscheen konfiszierten, um sie als Viehunterstand zu nutzen. Ähnlich
wurden Friedhöfe, die zu palästinensischen Dörfern gehörten,
zerstört oder dürfen nach 1948 nicht benutzt werden, auch wenn überlebende
Flüchtlingsfamilien daneben wohnen. Gerichte taten trotz der in dieser Sache
angestrengten Klagen fast nichts um christliche und moslemische heilige Stätten
zu schützen.
Für zehn Prozent der palästinensischen Bürger ist eine religiöse
Praxis praktisch unmöglich, weil sie auf dem Verwaltungswege kriminalisiert
wurden und in „nicht anerkannten“ Orten leben, obgleich diese überwiegend
schon vor Staatsgründung bestanden. Diese Bürger haben kein Recht auf
Gebäude zur Religionsausübung. Im Februar 2003 ließ die Regierung
eine Moschee zerstören, die die Beduinen des nicht anerkannten Dorfes Tel
Al-Mileh mit eigenen Geldern errichtet hatten.
Demographie
Im September 2003 wurde nach vierjähriger Schließung von der Regierung
innerhalb des Ministeriums für Arbeit und Wohlfahrt ein Referat unter dem
Namen Öffentlicher Rat für Demographie wiedereröffnet. Hauptaufgabe
des Rates ist die „Bewahrung des jüdischen Charakters Israels“ und
die Beaufsichtigung des Zentrums für Demographie, eine Einrichtung ebenfalls
innerhalb des Ministeriums. Besetzt mit Akademikern, Gynäkologen und Juristen,
obliegt dem Rat die Aufgabe, ein staatliches Konzept zur Hebung der jüdischen
Geburtenrate inklusive einer Senkung der ‚Empfängnishäufigkeit‘ großer
arabischer Familien zu entwickeln. Dazu gehört der Versuch der Regierung,
das Kindergeld und weitere staatliche Leistungen an den Militärdienst knüpfen,
von dem die meisten Palästinenser ausgeschlossen sind.
Israelische Politiker sehen das demographische Problem auf zwei Ebenen: als
regionales und als nationales. Auf lokaler Ebene ist der Staat seit seinem Bestehen
unermüdlich bestrebt dafür zu sorgen, dass palästinensische Bürger
in keiner Region zahlenmäßig überwiegen. Da es zwei arabische
innerstaatliche Siedlungsschwerpunkte gibt, im nördlich gelegenen Galilee
und im südlichen Negev, führte diese Politik zu einem starken staatlichen
Eingreifen in die Entwicklung dieser Gebiete. Galilee und Negev waren und sind
gleichermaßen Objekte einer staatlichen „Judaisierung“: damit
sollen Juden, häufig arme Einwanderer, dazu gebracht werden in Städte
und Siedlungen zu ziehen, die auf konfisziertem arabischen Land durch ein System
staatlicher Zuschüsse, günstiger Hypotheken und steuerlicher Förderungen
erbaut wurden. Arabische Gemeinden erhalten solche Vergünstigungen nicht.
Auf nationaler Ebene herrscht Übereinstimmung darüber, dass es
ein historischer Missgriff war, 1948 den 150 000 Palästinensern zu
erlauben auf ihrem Land zu bleiben, woraus dem moderne Israel „eine existentielle
Krise“ erwachsen ist – gemeint ist damit, dass der Staat nicht als
ein Jüdischer Staat bestehen kann, wenn darin zu viele Araber leben. Wissenschaftler
weisen darauf hin, dass innerhalb einer Dekade die Palästinenser, die besetzten
Gebiete und in Israel zusammengenommen, die Juden in dem was einmal Palästina
war, zahlenmäßig überrunden werden. Diese Ansicht ist sogar in
der Linken modern geworden: der Revisionist Benny Morris [10] kritisierte
Ben Gurion, den ersten israelischen Präsidenten dafür, nicht gravierendere
Kriegsverbrechen begangen zu haben um das Land ganz von Nicht-Juden zu säubern.
Doch die Debatte ist nicht nur eine historische oder akademische. Im Mai
rief der ehemalige Transportminister Avigdor Lieberman im Militärradio zur
Vertreibung der Araber aus Israel auf [11].
Es war nicht das erste Mal, dass er und andere Minister derartige rassistische
Bemerkungen gemacht haben. Auf der bedeutenden [jährlichen] Herzliya-Konferenz
von 2003 forderte Dr. Yitzhak Ravid, der Leiter einer Forschungsgruppe in der
staatlichen Rüstungsbehörde, dass Israel eine „stringente Familienplanung
in Bezug auf seine muslimische Bevölkerung“ einführen solle.
Demographische Warnungen wurde auch von ganz oben erteilt, so in einer Rede des
Finanzministers und voraussichtlich nächsten Premiers Benjamin Netanyahu.
Er stellte fest: „Wenn es ein demographisches Problem gibt, was ja der
Fall ist, so hat es mit den israelischen Arabern zu tun, die israelische Bürger
bleiben.“ Premierminister Sharon selbst ließ wiederholt die Idee
eines Transfer der 100 000 Bewohner des als kleinen Dreiecks bekannten arabisch-dominierten
Gebiets entlang der grünen Linie in die Westbank verlauten, offenbar als
Versuchsballon. Von der Notwenigkeit ihrer Zustimmung sprach er nicht.
Bürgerschaft
1950 sprach Ben Gurion davon, dass das Bürgerschaftsrecht und das Recht
auf Rückkehr zusammen die „Bill of Rights“ [12] von
Israel und urkundliches Recht aller in der Diaspora lebenden Juden ausmache.
Eigentlich sind es diese beiden Rechte – weltweit haben Juden das Recht
ihren Anspruch auf Einwanderung nach Israel geltend zu machen und erhalten dort
die Staatsangehörigkeit – die das Rückrat des legalen Systems
der staatsbürgerschaftlichen Diskriminierung bildet. Unter diesem Recht
wird der einheimische Bevölkerung, den Palästinensern, entweder die
Staatsbürgerschaft vollständig vorenthalten – das sind die Flüchtlinge
im Exil – oder sie werden Bürger zweiter Klasse – palästinensische
Staatsbürger. Diese Klassifizierungen sind unveränderlich, da keine
palästinensische Einwanderung – als Gegengewicht zur jüdischen
Einwanderung -zugelassen ist. Die rare Ausnahme waren Palästinenser, die
die israelische Staatsbürgerschaft durch Heirat eines israelischen Staatsbürgers
erlangten. Diese Lücke wurde allerdings vergangenen Sommer durch die Knesset
geschlossen. Sie verabschiedete eine Novellierung des Gesetzes, die die Familienzusammenführung
in nur einem Fall ausschließt: Heiraten zwischen Israelis und Palästinensern.
Alle anderen Fälle der Familienzusammenführung blieben davon unberührt.
Amnesty International und Humans Rights Watch verurteilten das Gesetz als blanken
Rassismus.
Nationalität
Mit der Frage der Staatsbürgerschaft – ein territorialer Streitpunkt – hängt
auch die Frage der Nationalität zusammen – ein Problem der Identität.
Israel hat seinen Staatsbürgern nie eine „israelische“ Identität
zugesprochen. 1970 stützte das Oberste Gericht eine Entscheidung der Regierung,
dass es so etwas wie israelische Identität nicht gibt. Anstelle dessen erkennt
das Innenministerium eine von 137 möglichen Statusformen an: jüdisch,
georianisch, russisch, hebräisch, bis zu arabisch, drusisch, abchasisch,
assyrisch und samaritanisch.
Jede der Staatsbürgerschaft beigeordnete Identität – und
ihre voraussichtliche Beeinträchtigung der Sicherheit – ist für
die Behörden durch das ethnische Kennzeichen oder eine Code-Nummer sofort
ersichtlich.
Land
Unermüdlich das Bestreben der Behörden, nach 1948 so viel arabisches
Land in Privatbesitz als möglich unter staatliche – und anschließend
jüdische Kontrolle zu bringen. 1948 war die jüdische Gemeinschaft gerade
mal Herr über sechs Prozent des Landes, wohingegen sich heute 93 Prozent
entweder unter der Kontrolle einer staatlichen Körperschaft mit dem Namen
Israel Land Authority befinden oder quasi-staatlicher zionistischer Körperschaften
wie die Jewish Agency oder der Jewish Nation Fund. Diese Transformation erfolgte
durch großflächige Beschlagnahmungen privater Ländereien in palästinensischem
Besitz oder von Flüchtlingen des 1948er Krieges, durch eine Gesetzgebung,
die bekannt ist als Gesetz der abwesenden Eigentümer (Absentee Properties
Law) oder durch fortgesetzte Zwangsenteignung von Grundbesitz palästinensischer
Bürger für militärische Zonen, Landschaftsschutzgebiete oder jüdische
Einwanderung. Heute besitzen palästinensische Gemeinden nurmehr drei Prozent
des Landes und haben über noch weniger die Verfügungsrechte – denn
große Teile davon fallen in die Zuständigkeit blockierender jüdischer
Regionalräte.
Der Mechanismus der Landkontrolle verewigt ein gesetzlich geltend gemachtes
System territorialer Trennung oder Apartheid. Der Versuch einer ausschließlich
jüdischen Gemeinde namens Katzir, die Wohnrechte der Familie Qaadan zu blockieren,
war die zurückliegenden neun Jahre über ein Testfall. Obwohl die Gerichte
bereits widerstrebend der Klage der Qaadans recht gegeben hatten, blieb die Inkraftsetzung
aus. Im Mai kurz vor einer weiteren Anhörung wies die israelische Landbehörde
schließlich den Qaadans in Katzir ein Grundstück zu, um ein weiteres
Gerichtsurteil zu vermeiden. Jedoch schuf der Fall keine rechtlichen Präzedenzfall:
zu der Frage, ob die Prüfungskomitees dieser Gemeinden, bzw. der Hauptausschlussmechanismus
legal ist, äußerten sich die Gerichte nicht. Der ethnische Würgegriff
der Selektion in diesen Hunderten von ausschließlich jüdischen Gemeinden
muss erst noch aufgebrochen werden. Die nächste arabische Familie, die der
ethnischen Trennung in Israel entgegentreten will, muss den gleichen kosten-
und zeitaufwändigen Kampf um ihre Rechte wie die Qaadans wieder von vorn
beginnen.
Palästinensische Bürger sind in der Hierarchie der staatlichen
Planungskomitees kaum vertreten. Diese Komitees bestimmen die Flächen und
Mittel für zukünftige Entwicklungen. Dutzende arabischer Gemeinden,
die meisten älter als der Staat, gelten offiziell als illegal – sie
werden als „nicht anerkannte Dörfer“ bezeichnet – und
haben überhaupt keine Bau- oder Planungsrechte. Eine neuerer Regierungsbericht
benennt allein für das Negev-Gebiet 30 000 illegale Ansiedlungen. Vergangenes
Jahr wurden 500 Häuser in Ostjerusalem und in Israel zerstört. Auch
für legale arabische Gemeinden sind Neubau-Genehmigungen schwer zu bekommen.
Wirtschaft
Ein Bericht des Tel Aviver Avda Zentrums für Gleichheit wies für
letztes Jahr die 36 gravierendsten Brennpunkte für Arbeitslosigkeit in arabischen
Gemeinden aus. Obwohl die nationale Arbeitslosenrate um die zehn Prozent schwankt,
leiden viele Gemeinden, nachdem die Zahlen schon gefälscht wurden, um die
arabische Arbeitslosenziffer nach unten zu drücken, unter Raten von Mitte
bis Ende zwanzig Prozent. Palästinensische Bürger sind vor offener
Diskriminierung am Arbeitsplatz wenig geschützt. Erst kürzlich wurde öffentlich
bekannt, dass die bei den Erweiterungsarbeiten an der Knesset eingesetzten arabischen
Arbeiter gezwungen wurden, mit rotem Kreuz gekennzeichnete Schutzhelme zu tragen,
um Scharfschützen die Überwachung ihrer Bewegungen zu erleichtern.
Die Entlassungen wegen arabisch Sprechens bei der Arbeit sind Legion. Eine Website,
die sich „Hebräische Arbeit“ nennt und alle Unternehmen aufführt,
die sich der Einstellung von Arabern widersetzen, wurde trotz Beschwerden der
Mossawa [13] bei Polizei und Arbeitsministeriums
nicht vom Netz genommen. Weite Teile der israelischen Wirtschaft sind der palästinensischen
Minderheit aus Sicherheitsgründen ohnehin verschlossen. Das umfasst nicht
nur die großen Militärsparten wie die Rafael Rüstungsbehörde,
den Atom-Reaktor und die Luftfahrtindustrie, sondern viele staatliche Betriebe
wie die Telefongesellschaft Bezeq, unter deren mehreren 10 000 Beschäftigten
sich nur eine Handvoll arabischer Israelis findet. In einem Haaretz-Interview
im Mai sagte Nachman Tal, ein früherer stellvertretender Direktor des Inlandgeheimdienstes,
das diese Diskriminierung durch den Staat weit verbreitet sei. „Kürzlich
habe ich das genauer angesehen und fand heraus, dass von den 13 000 Festangestellten
nur sechs Beschäftigte Araber sind.“
In einem anderen Zusammenhang gab der Chef der israelischen Bank, David Kein
zu, das unter seiner Belegschaft von 800 kein einziger Araber ist. In ihrer gesamten
50-jährigen Geschichte beschäftigte die Bank gerade zwei Araber, die
für den Geschäftsbereich in den besetzten Gebieten eingesetzt waren.
Beide wurden 1994 mit der Übernahme dieser Aufgaben durch die Palästinensische
Autonomiebehörde entlassen.
Die öffentliche Verwaltung ist der größte Arbeitgeber des
Landes und ist gesetzlich verpflichtet, gleiche Beschäftigungsmöglichkeiten
anzubieten. Kürzlich verabschiedete Gesetze, darunter eines, dessen Einführung
von Azmi Bishara durchgesetzt wurde, verlangen sogar die bevorzugte Einstellung
(„affirmative action“) palästinensischer Bürger in der öffentlichen
Verwaltung und den Vorständen staatlicher Gesellschaften. Nach neuen Statistiken
der Kommission für öffentliche Verwaltung sind von den 55 000
Beschäftigten sind nur fünf Prozent Araber. Und die Situation verschlechtert
sich eher noch: unter den im Jahr 2003 eingestellten 4500 Beschäftigten
waren nur vier Prozent Araber. Die meisten der arabischen Beschäftigten
(57 Prozent) arbeiten im Gesundheits- oder im Bildungsbereich. Der Grund dafür
liegt in der Notwendigkeit, im arabischen Sektor arabisch sprechende Angestellte
in Kliniken und Schulen einzusetzen.
Nach Angaben von Menschenrechtsgruppen ist die Situation in Wirklichkeit
noch krasser. Die Zahlen für arabische Arbeiter umfassen auch alle nicht-jüdischen
Gruppen, wie etwa Einwanderer aus der früheren Sowjetunion, von denen Hunderttausende
von den Rabbinischen Behörden nicht als Juden betrachtet werden, obwohl
sie weitgehend in der jüdischen Gesellschaft integriert sind. Als Rechtfertigung
für die Unterrepräsentanz von Arabern kann nicht deren Mangel an Qualifikation
geltend gemacht werden. Die meisten arabischen Absolventen mit einem Kollege-Abschluss
finden in der „jüdischen“ privaten Wirtschaft keine Arbeit.
In den Leitungsgremien von staatlichen Gesellschaften waren von den 641 Direktoren
nur 31 Araber – das sind weniger als fünf Prozent.
Ein System der „Gebiete nationaler Priorität“, das Anwohnern
und Unternehmen Sonderzuschüsse gewährt, gilt fast ausschließlich
für jüdische Gemeinden – obwohl die Zahlen des zentralen Statistikbüros
im Mai belegen, das die ärmsten Gebiete in Israel zu 70 Prozent arabisch
sind. Die von Adalah [14] eingereichte Klage
zur Beendigung dieser Praxis ist bislang ohne Erfolg. Derzeit haben vier kleine
arabische Dörfer diese Priorität erhalten, neben 492 jüdischen
Gemeinden.
Keine Chance besteht für die Schaffung von Jobs in High-Tech- oder kapitalintensiven
Unternehmen in arabischen Gebieten. „Der Unternehmer kennt dort den Banker
nicht; er war nicht mit ihm zusammen in der Armee und findet das Netzwerk, das
in der jüdischen Gesellschaft besteht, hier nicht vor“, sagt Naif
Abu Sharqiya, der Kleingewerbe im arabischen Sektor untersucht. Stattdessen finden
sich 35 Prozent der männlichen arabischen Graduierten als Lehrer wieder,
drei Mal so viele wie jüdische. Diejenigen Araber, die es schaffen, eine
Ausbildung im naturwissenschaftlichen oder ingenieurwissenschaftlichen Fächern
zu machen, haben nur die Wahl, im Ausland zu arbeiten oder ihre Abschlüsse
an den Nagel zu hängen.
Politik
Seit den ersten Anfängen des Staates wurden so ziemlich alle unabhängigen
politischen Aktivitäten der palästinensischen Minderheit streng geregelt
oder verboten. Während der 18 Jahre Militärverwaltung [1948 bis 1966]
waren Umzüge zwischen Städten und Dörfern ohne die Genehmigung
des Militärgouverneurs verboten. Versammlungsfreiheit bestand so gut wie
gar nicht und arabische Parteien durften keine Zeitungen herausgeben. Stattdessen
wurde arabischen Bürger eine Reihe „arabischer Listen“ angeboten,
Ableger der etablierten zionistischen Parteien, ohne ein echtes programmatisches
Angebot für die Minderheit. Die einzige unabhängige und bei der Minderheit
beliebte Kommunistische Partei lehnte den zionistischen Staat ab und wurde in
der gesamten Geschichte des Staates verfolgt. Noch in den späten 80er Jahren
klassifizierte Inlandsgeheimdienst Shin Bet die Partei „als Gefahr für
den Staat“ und verbot ihre Versammlungen. Reuven Paz, ein früherer
Geheimdienstmitarbeiter sagte: „Shin Bet ging davon aus, dass jede nationale
Organisierung der Araber eine unerwünschte Entwicklung wäre.“
Die erste unabhängige arabische Partei, Al-Ard, hatte ein kurzes Leben.
Sie wurde 1963 verboten und ihre Mitglieder inhaftiert. Danach mussten die Vertreter
aller Parteien – einschließlich der arabischen – bei ihrer
Wahl für die Knesset schriftlich ihre Loyalität mit dem Staat als „jüdisch
und demokratisch“ erklären. Damit wurden eigenständige Repräsentanzen
der Minderheit faktisch kastriert. Keiner der arabischen Parteien war es je gestattet,
sich an einer Regierungskoalition zu beteiligen. An den Prozessen der Entscheidungsfindung
war keine arabische Stimme je beteiligt – es sei denn, sie schließen
sich zionistischen Parteien an.
Damit nicht genug, hat die jetzige Regierung eine unerbittliche Kampagne
der Diskreditierung und Einschüchterung engagierter arabischer Politiker
begonnen, ohne erkennbare Hinterfragung durch die Medien. Die Gruppe Arab Human
Rights Association in Nazareth veröffentlichte 2002, kurz vor den letzten
Wahlen in einem Bericht mit dem Titel „Silencing Dissent“ [15],
dass Sicherheitskräfte Übergriffe gegen alle arabischen Knesset-Mitglieder
verübt hatten, in einigen Fällen sogar mehrmals, auf friedlichen Demonstrationen.
Bis auf einen mussten alle anschließend im Krankenhaus behandelt werden.
Zu den physischen Angriffen kommen Attacken auf juristischem Wege. Azmi Bishara [16] wurde
seine parlamentarische Immunität aberkannt und er wurde vor Gericht gebracht,
weil er sich gegen die Besatzung ausgesprochen hatte. Vier führende Mitglieder
von Ibn Al-Balad [17], eine Partei, die eine
Ein-Staat-Lösung anstrebt, wurden im Februar in Administrativhaft genommen.
Nachtrag Land II
Die jüngsten umfassenderen Veränderungen betreffen die vorläufig
gestoppte Anwendung des „Absentee Laws“ auf Ost-Jerusalem, über
die Cook am 4. Februar in der Beiruter Daily Star berichtet [18]:
Israels jüngster Landraub ist Teil einer alten Strategie
(Auszug)
Vergangenen Sommer wurde bekannt, dass Israel heimlich eine 55 Jahre alte
Gesetzgebung im Anschluss an den arabisch-israelischen Krieg von 1948 wieder
in Kraft gesetzt hatte. Die erneuerte Anwendung kam ans Tageslicht, als ein israelischer
Rechtsanwalt von der [israelischen] Armee den versprochen Zugang für seinen
Klienten, den Bethlehemer Bauern Johnny Atik verlangte, damit dieser auf seine
Felder gelangen konnte. Dessen Land liegt nun auf der Jerusalemer Seite der „Sicherheits-Mauer“.
Die Genehmigung traf nie ein; stattdessen erhielt Atik ein Schreiben, das ihn
darüber aufklärte, dass sein Land der Behörde für Eigentum
von Abwesenden übertragen wurde. Seine Felder seien nun staatliches Eigentum,
eine Kompensation dafür unzulässig.
Viele weitere palästinensische Bewohner der Westbank haben ähnliche
Schreiben erhalten – eine israelische Politik, die nur als großer
Landraub charakterisiert werden kann. Nach den Worten des früheren stellvertretenden
Bürgermeisters von Jerusalem, Meron Benevisti, könnte auf dieser Weise
etwa die Hälfte von Ost-Jerusalem konfisziert werden. Die Unrechtmäßigkeit
dieser gesetzlichen Finte ist so offensichtlich, dass die Amerikaner Druck auf
Israel machen, damit aufzuhören. Trotz Hinweisen darauf, dass Generalstaatsanwalt
Menachem Mazuz letztes Jahr Kenntnis von der Regierungsentscheidung hatte, behauptet
er jetzt, dass er nie hinzugezogen worden sei. Er hob die Entscheidung auf, obwohl
israelische Rechtsexperten sagen, dass die Regierung dennoch weiterhin das Gesetz
anwenden könne. Mazuz’s Widerstand gegen die neue Politik erwächst
nicht aus Sinn für Gerechtigkeit, rechtlichen oder moralischen Bedenken;
er befürchtet vielmehr Schaden für das israelische Interesse, sollte
die Weltgemeinschaft dadurch an den wahren Zweck der „Sicherheitsbarriere“ auf
palästinensischem Land erinnert werden.
Deshalb schrieb Mazuz diese Woche an den israelischen Finanzminister Benjamin
Netanjahu, dass die Entscheidung schwere diplomatische Auswirkungen hinsichtlich
des Sicherheitszaunes haben könnte, der doch so massive Kritik seitens des
Internationalen Gerichtshofes in Den Haag ausgelöst hatte. Jedoch ausgehend
von früheren Entscheidungen, wird die Regierung von ihrem Chefjuristen höchstens
wissen wollen, welche unauffälligeren Mittel es gibt, das gleiche Ziel zu
erreichen; nämlich palästinensisches Land in israelischen Staatsbesitz
zu überführen. Zur Wahl stehen dann die Einrichtung von „Sicherheitszonen“ oder
das Angebot nominaler Kompensationen.
Ein Editorial der Tageszeitung Haaretz bezichtigte die Konfiszierung sogar
als „einen Akt staatlicher Dummheit höchster Ordnung“ und fügte
hinzu, es sei „unmöglich, den regierungsamtlichen Diebstahl nicht
zu erkennen“. Doch trotz aller Aufregung über die aktuelle Anwendung
des Absentee Property Law, konnten die Israelis, ob links oder rechts, in den
vergangenen über 50 Jahren ganz gut mit der Massenenteignung der Palästinenser
mithilfe genau dieses Gesetzes leben. 1948 war noch fast das ganze Land in palästinensischem
Besitz. Aber durch dieses drakonische Gesetz von 1950 wurden Millionen Hektar
von Land, tausende Häuser, Bankguthaben und weiterer Besitz im Wert von
vielen Milliarden Dollar gemessen an ihrem heutigen Wert, von den schätzungsweisen
800 000 Flüchtlingen an die Behörde für Eigentum von Abwesenden überschrieben.
Auf dem Land wurden jüdische Immigranten angesiedelt, mit dem Geld wurde
ihre Einreise nach Israel finanziert. Zu Beginn der 50er Jahre beruhte die israelische
Wirtschaft auf der Ausplünderung der Farmländer der palästinensischen
Flüchtlinge, ob Olivenbäume, Weinberge oder Jaffa-Orangen Haine. Dem
Waqf – der islamische religiöse Fonds Palästinas – wurden
durch den neuen Staat zwei Drittel seiner Ländereien abgenommen.
Den Flüchtlingen oder ihren Millionen Nachkommen, von denen viele heute
in Armut in über den Mittleren Osten verstreuten Flüchtlingscamps vegetieren,
wurde noch nie eine Kompensation angeboten. Ebenso wenig wie Israel mit den im
eigenen land Lebenden Abwesenden je eine Vereinbarung angestrebt hätte:
einem Viertel der eine Million arabischer Bürger von Israel werden bis heute
ihre gesamten Rechte an ihrem ursprünglichen Eigentum vorenthalten, indem
sie in wahrlich Orwell’scher Sprache zu „anwesenden Abwesenden“ erklärt
wurden (anwesend in Israel, aber von ihrem Land 1948 einen Tag oder länger
abwesend).
Nach Angaben der Behörde stammen mehr als zwei Drittel von Israel von
dem Eigentum „Abwesender“. Statistiken der UNO von 1956 legt eine
noch höhere Zahl – fast 80 Prozent – zugrunde. Wie der israelische
Akademiker Don Peretz festgestellt hat: „Herrenloses Eigentum war einer
der größten Beiträge um aus Israel einen lebensfähigen Staat
zu machen.“
Der Eckpfeiler der diskriminierenden Politik des Landes ist der Jüdische
Nationalfonds (JNF), der 13 Prozent des israelischen Landes besitzt. Gemäß seiner
Satzung ist es seine Aufgabe ausschließlich jüdische Interessen wahrzunehmen.
Der JNF beeinflusst wesentlich die Territorialpolitik Israels durch seinen großen
Einfluss in den Planungskörperschaften.
Bis heute werden [die Kämpfe arabischer Menschenrechtsgruppen in Israel
um Anerkennung der Forderungen nach gleichen Rechten und Zugang zu allen gesellschaftlichen
Ressourcen] rundherum von den in dem Mythos erzogenen Israelis abgewehrt, dass
der JNF das Land zu fairen und exakten Bedingungen vor Gründung des Staates
gekauft habe. In Wirklichkeit Hatte der JNF nur einen winzigen Anteil des palästinensischen
Landes vor der Schaffung Israels erworben. Der größte Teil [der heutigen
Ländereien] in israelischem Besitz wurde durch den Staat erst in den Jahrzehnten
danach transferiert, indem mittels Absentee Property Law das große Reservoir
des von palästinensischen Flüchtlingen konfiszierte Land in Anspruch
genommen wurde.
Fußnoten:
- Inhaftierung ohne Anklage oder Verurteilung [back]
- Grüne Grenze: Verlauf der Waffenstillstandslinie
1948/9 [back]
- übersetzt etwa ‚Lasst sie
draufgehen!‘ [back]
- Legale, zugelassene politische Organisation
in Israel, deren führende Aktivisten weiterhin vor Gericht stehen. Neben
ihrer ‚unerwünschten‘ Verteidigung sozialer und politischer
Rechte der arabischen Minderheit, gehen Menschenrechtsgruppen und Anwälte
davon aus, dass die finanzielle Unterstützung Bedürftiger durch die
Organisation in Gaza und Westbank das Hauptmotiv für ihre politische Verfolgung
darstellt. Nach einer Zeitungsmeldung (Haaretz 23. Dezember 2004) legte ein vom
Gericht bestellter Sachverständiger in seinem über mehrere Tage hinweg
vorgetragenen Gutachten die Charakteristika der „arabischen Mentalität“ dar,
darunter „sich stets als Opfer betrachten“, „krankhaften Antisemitismus“ und
den Hang Sauberkeit zu vernachlässigen (in schmutzigen Ortschaften zu leben);
er bekräftige seine Meinung, dass die israelischen Araber „an den
Eutern des Landes saugten“ und eine „Bürde für den Staat“ seien.
(Ergänzung) [back]
- Im Mai 2003 schrieb Uri Avneri einen
Artikel, der sich mit der Organisation und ihrer Kriminalisierung und Verfolgung
durch den israelischen Staat auseinander setzte, in deutscher Übersetzung
mit dem Titel „Die Zähne der Kinder“ erschienen unter: www.zmag.de/artikel.php?id=638 [back]
- Der spirituelle Führer Scheich
Raed Salah saß die Zeit bis zu seinem Prozess im vergangenen Jahr in Haft,
die Anklage lautete ursprünglich auf Unterstützung von Terrorismus.
Als die Haltlosigkeit dieser Beschuldigung offenbar wurde, verlegte man sich
auf die Anklage wegen finanzieller Irregularitäten seiner Organisation „Islamic
Movement“. [back]
- Erst Anfang Januar 2005 wurde das gerichtliche
Verfahren gegen Scheich Raed und weitere Mitglieder der islamischen Organisation
abgeschlossen, Anklagen wie Terrorismusunterstützung oder Bildung einer
terroristischen Vereinigung mussten endgültig fallengelassen werden, meldete
Reuters unter uk.news.yahoo.com,
gleichlautend auch die palästinensische Website IMEMC vom 12. Januar unter www.imemc.org/archive.htm [back]
- Mehr über M. Darwish, von dem auch
mehrere Bücher auf deutsch erschienen sind, bei http://de.wikipedia.org/wiki/Mahmud_Darwish.
Er erhielt unter anderem 2003 zusammen mit dem israelischen Schriftsteller Dan
Bar-On den Remarque-Preis der Stadt Osnabrück. [back]
- Moshav: ursprünglich: kleinere
landwirtschaftliche Einheit zur Bewirtschaftung durch eine Familie [back]
- Definition bei WIKIPEDIA: „Als
Neue Historiker wird eine Gruppe israelischer Historiker bezeichnet, deren Ziel
es ist, die Geschichte Israels und des Zionismus einer Revision zu unterziehen.
Maßgebliche Historiker dieser Richtung sind Benny Morris, Ilan Pappe und
Avi Shlaim. Ihre Forschung beruht auf der Auswertung israelischer Regierungsdokumente,
arabische Quellen wurden – was oft Anlaß zur Kritik gab – bisher
vernachlässigt.
Kernthese dieser Schule ist, dass zur Errichtung des Staates Israel die Vertreibung
eines Teils der arabischen Bevölkerung nötig war, was von der offiziellen
israelischen Geschichtsschreibung bis dahin als freiwillige Migration gedeutet
wurde. Daraus folgt nach Meinung der „neuen Historiker“ eine Mitverantwortung
des Staates Israel für den Nahostkonflikt.
Die Thesen der „Neuen Historiker“ werden sowohl von der zionistischen
Geschichtsschreibung angegriffen, die den Standpunkt der „freiwilligen
Migration“ vertreten, als auch von pro-arabischen Autoren, die sie der
Verharmlosung beschuldigen.“ (Ergänzung) [back]
- www.freace.de/artikel/200405/110504a.html [back]
- etwa: verfasste Grundrechte [back]
- eine zivilrechtlich orientierte Organisation
für die Verbesserung des Status der arabischen Minderheit in Israel. www.mossawacenter.org/en/about/about.html [back]
- weitere Organisation, die Rechtshilfe
anbietet www.adalah.org/eng/index.php [back]
- übersetzt etwa: Abweichler zum
Schweigen bringen www.arabhra.or [back]
- Populärster Politiker und Aktivist
der palästinensischen Minderheit in Israel; Susanne Kaul beschrieb den Konflikt
2003 in der taz so:
„Bischara machte nie ein Hehl daraus, dass er den jüdischen Staat
ablehnt und stattdessen einen binationalen Staat anstrebt. Als er vor knapp vier
Jahren die Kandidatur für das höchste Regierungsamt anmeldete, wohl
wissend, dass es kaum Chancen auf einen Wahlsieg für ihn gab, ging ein Aufschrei
durch die Reihen der israelischen Rechten. (...)
Damals hätte er vielleicht noch einige Prozentpunkte auch von jüdischen
Israelis für sich verbuchen können, bevor er zur Fortsetzung des Widerstands
gegen Israel aufrief. Bei einer Gedenkveranstaltung für den verstorbenen
syrischen Präsidenten Hafes al-Assad appellierte er zudem an die arabischen
Staaten, die Palästinenser darin zu unterstützen. Er lobte auch die
Kämpfer der Hisbullah im Südlibanon, die ein „heroisches Beispiel
für den islamischen Widerstand geben“. Hätte er sich einen anderen
Zeitpunkt ausgesucht, dann wären ihm diese für israelisch-jüdische
Ohren schwer erträglichen Ausführungen möglicherweise verziehen
worden. Doch Bischara hielt seine umstrittene Rede nur wenige Monate nach Beginn
der zweiten Intifada. Das Parlament in Jerusalem reagierte mit dem Entzug seiner
Immunität und im vergangenen Mai gar mit einem Gesetz, dass Personen und
Parteien, die eine „terroristische Gruppe oder einen feindlichen Staat“ unterstützen,
aus dem Parlament ausgeschlossen werden können. Ein Gesetz, von dem nicht
nur er, sondern auch sein früherer Parteifreund Achmad Tibi betroffen wäre,
hätte der Oberste Gerichtshof in Jerusalem nicht den Ausschluss der beiden
Parlamentarier von der Parlamentswahl durch das Zentrale Wahlkomitee revidiert.
Bischara hatte bereits eine Pressekonferenz einberufen, um die arabische Bevölkerung
zu einem Boykott der Wahlen am 28. Januar aufzurufen, wäre die Entscheidung
eine andere gewesen.“ [back]
- Auch: Abna’ al-Balad ist eine
außerparlamentarische arabisch-jüdische marxistische Partei in Israel,
siehe www.abnaa-elbalad.org. – In
dem hier erwähnten Fall wurden zwei von ihnen einen Monat später freigelassen,
zwei sind bis heute (Ende 2004) in Haft; im April rügte ein Gericht in Haifa,
dass die beiden weiter festgehaltenen Gefangenen „unter grausamen, inhumanen
und entwürdigenden Bedingungen“ inhaftiert seien („detained
under cruel, inhumane, and degrading conditions“), jedoch ohne praktische
Konsequenzen. Die inzwischen erfolgte Verurteilung des Al-Balad-Mitglieds Mouhammad
Knanaani zu 30 Monaten Haft wird derzeit von der Staatsanwaltschaft gerichtlich
angefochten.
Mehr zur Repression gegen Al-Balad unter www.antiimperialista.com
Die Zeitschrift Intifada veröffentlichte im September 2004 ein Interview
mit Yoav Bar, Aktivist von Al-Balad unter www.antiimperialista.com [back]
- DailyStar February 2004, 2005 Jonathan
Cook: Israel's latest land grab is part of an old strategy www.dailystar.com.lb
Ein Artikel vom linken Starjournalisten Meron Benevisti in Haaretz zum selben
Thema unter www.haaretz.com (engl.),
in deutscher übersetzung zu finden unter dem Titel “Eine schändliche
Sorte von Zionisten“ auf der Website Freunde Palästinas, www.freunde-palaestinas.de [back]
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