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Erklärung zu Christian Klar vom dissent-Bündnis
Einige aus dem dissent-Bündnis 4. März 2007


Mit dem Angriff gegen Christian Klar sind alle antikapitalistisch eingestellten Menschen und Projekte gemeint!

Christian Klar, Angehöriger der ehemaligen Roten-Armee-Fraktion (RAF), seit 1982 inhaftiert und 1985 zu lebenslanger Freiheitsstrafe verurteilt, hat sich am 13. Januar mit einer kapitalismuskritischen Erklärung an die TeilnehmerInnen der Rosa-Luxemburg-Konferenz gewandt.

Er spricht darin von der „Würdigung der Inspiration, die seit einiger Zeit von verschiedenen Ländern Lateinamerikas ausgeht. Dort wird nach zwei Jahrzehnten sozial vernichtender Rezepte der internationalen Besitzerklasse endlich den Rechten der Massen wieder Geltung gegeben und darüber hinaus an einer Perspektive gearbeitet.“

Er prangert ein „imperiales Bündnis“ an, „das sich ermächtigt, jedes Land der Erde, das sich seiner Zurichtung für die aktuelle Neuverteilung der Profite widersetzt, aus dem Himmel herab zu züchtigen und seine ganze gesellschaftliche Daseinsform in einen Trümmerhaufen zu verwandeln.“

Er äußert die Hoffnung auf eine Entwicklung, „die Niederlage der Pläne des Kapitals zu vollenden und die Tür für eine andere Zukunft aufzumachen.“

Abschließend schreibt Christian Klar: „Es muss immer wieder betont werden: Schließlich ist die Welt geschichtlich reif dafür, dass die zukünftigen Neugeborenen in ein Leben treten können, das die volle Förderung aller ihrer menschlichen Potentiale bereithalten kann und die Gespenster der Entfremdung von des Menschen gesellschaftlicher Bestimmung vertrieben sind.“

Erst der Bericht des ARD-Magazins „Report Mainz“ am Montag, den 26. Februar sorgte für dessen bundesweite Beachtung. Am Mittwoch darauf strich der baden-württembergische Justizminister Ulrich Goll (FDP) dem Gefangenen die vorgesehenen Hafterleichterungen – unter Verweis auf die Kapitalismuskritik.

Zahlreiche PolitikerInnen haben seitdem gefordert, Christian Klar müsse aufgrund seiner Gesinnung lebenslang hinter Gittern bleiben.

Besonders scharfmacherisch verhielt sich dabei Günter Beckstein (CSU, Innenminister von Bayern) wenn er davon sprach, dass der „aggressive Ton und die ideologische Verbohrtheit“ seiner Grußbotschaft ihn als einen „unverbesserlichen Terroristen“ zeige und wenn er selbst die im Jahr 2009 mögliche Haftentlassung auf Bewährung in Frage stellte.

Es soll nun eine neue „Gefahrenanalyse“ angefertigt werden.

Antikapitalistische Positionen werden also als strafverschärfend bewertet. Offensichtlicher kann Gesinnungs-Justiz kaum sein.

Hafterleichterung setzt also prokapitalistische Ansichten und Bekenntnisse voraus. Ein Gefangener, der nach über 24 Jahren Haft immer noch nicht politisch gebrochen ist und der es wagt, Kritik an den herrschenden Verhältnissen zu äußern, scheint für diese Politiker nicht akzeptabel.

Diesen Politikern geht es um die völlige Unterwerfung des politischen Gefangenen; auch um öffentlich die Botschaft zu vermitteln: wer sich weigert vor der „freiheitlichdemokratischen Grundordnung“, vor dem Kapitalismus zu Kreuze zu kriechen, wird kriminalisiert (erinnert sei an dieser Stelle an das KPD-Verbot 1956, an den Radikalenerlass 1972 mit den Berufsverboten, an die Unvereinbarkeitsbeschlüsse des DGB 1973).

Die Kampagne gegen Christian Klar deutet an, wohin die Reise gehen soll. Sie richtet sich nur vordergründig gegen Christian Klar, gemeint sind aber alle antikapitalistisch eingestellten Menschen und Projekte.

Die jüngste Geschichte aus dem deutschen NS-Faschismus sollte hier sensibel machen und Mahnung sein.

Kriminell sind nicht die KritkerInnen des Kapitalismus, sondern die ProtagonistInnen des Neoliberalismus und der kapitalistischen Globalisierung, die weltweit für Hunger, Elend, Krieg und Umweltkatastrophen verantwortlich sind.

Deshalb rufen wir auch dazu auf, gegen das Treffen von VertreterInnen der kapitalistischen Zentren (G8) im Juni dieses Jahres in Heiligendamm ein deutliches antikapitalistisches Signal zu setzen.

Freiheit für Christian Klar und den anderen Gefangenen aus der RAF; für Brigitte Monhaupt, Eva Haule und Birgit Hogefeld!

Freiheit für alle politischen Gefangenen, die sich für eine solidarische, herrschaftsfreie, humane Gesellschaft, für eine Gesellschaft ohne Unterdrückung und Ausbeutung einsetzen!


Für eine Gesellschaft ohne Knäste!

Diese Erklärung wurde auf dem Treffen von Delegierten linksoppositioneller außerparlamentarischer Gruppen gegen den G8-Gipfel (dissent-Bündnis) in Hamburg am 4. März diskutiert.
 4. März 2007