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Antirepressions-Demo am
18. Juni 2005 in Magdeburg
Soligruppe-Magdeburg 24.
Mai 2005
Ihre Repression …
Eine zunehmende Repression gegen linke /freiheitliche Bestrebungen und weite
Teile der Bevölkerung macht einer intensivere Auseinandersetzung rund um
die Antirepression wieder notwendiger. Diese Zunahme ist unter anderem darauf
zurückzuführen, dass ein massiver Abbau der sozialen Leistungen und
Rechte, unter anderem auch in Deutschland, stattfindet. Somit wird die Lebensgrundlage
immer größerer Bevölkerungsteile zerstört.
Ausgrenzung, Kontrolle und Repression sind Grundlagen der kapitalistischen
Herrschaft, welche sich verschärfen und immer offensichtlicher zu Tage treten,
und dazu dienen die Menschen in Schach zuhalten. Sie beschränken sich nicht
nur auf eine strafrechtliche Verfolgung sondern beginnen eben schon mit einer
gesellschaftlichen Ausgrenzung zum Beispiel durch Arbeitslosigkeit, Berufsverbote,
Sperren durch die Sozialleistungsträger oder durch die Verschärfung
der Zuwanderungsgesetze und durch die Beschränkung der Bewegungsfreiheit
von MigranntInnen. Immer mehr Menschen werden demnach entweder in die Armut,
in die Kriminalität getrieben oder sie entscheiden sich für aktiven
Widerstand gegen die herrschenden Verhältnisse und werden durch die Profiteure
aus Staat, Wirtschaft und Politik bzw. deren Behörden verfolgt.
Globalisierung der Wirtschaft, Privatisierung sämtlicher Ressourcen,
Rationalisierung des Arbeitsaufwandes, Abbau sozialer Strukturen sind die Vorzeichen
einer internationalen Entwicklung im Interesse des Profits. Einhergehend findet
eine Internationalisierung der Ausgrenzung und Repression statt und betrifft
immer größere Teile der Menschheit. (Schon seit 1976 kooperieren Regierungen
im Rahmen der Konferenz TREVI fernab jeder ernsthaften und öffentlichen
Kontrolle in Fragen polizeilicher und geheimdienstlicher Zusammenarbeit. Schon
damals dienten die in verschiedenen europäischen Staaten agierenden bewaffnet
kämpfenden Gruppen (unter anderem RAF, Action Directe, Brigate Rosse etc.)
als Vorwand zum Abbau von bürgerlichen Rechten.
Auch heute wird nach wie vor an dieser Strategie angeknüpft: die jüngsten
Gesetzesverschärfungen wurden nach dem 11. September 2001 mit dem Verweis
auf eine Bedrohung durch den „islamistischen Terrorismus“ schnell
und unkompliziert durchgesetzt. Demnach findet ein weiterer Ausbau und Internationalisierung
der Sicherheits- / Repressions- und Kontrollapparate einhergehend mit der Internationalisierung
und Verschärfung der kapitalistischen „Marktwirtschaft“ statt.
Dies wirkt sich auf alle Bereiche des Lebens aus und betrifft Menschen in unterschiedlichen
Situationen.
Wir als radikale Linke gehen in bewusste Konfrontation mit dem herrschenden
System, welches natürlich mit Repression in vielseitiger Weise permanent
antwortet. In Europa sind die Schüsse in Göteborg und Genua einige
der jetzigen Höhepunkte der staatlichen Repression gegen emanzipatorische
Kämpfe. Über Europa hinaus, sind Schüsse auf Demonstrierende hingegen
bitterer Alltag. Weiter sehen sich die globalisierungskritischen Proteste strafrechtlicher
Verfolgung ausgesetzt. So läuft beispielsweise in Genua seit März ein
Prozess gegen 26 italienische AktivistInnen der anarchistischen und kommunistischen
Bewegung. Weitere Prozesse gegen zirka 60 Betroffene, unter anderem aus der BRD,
sind zu befürchten mit denen Haftstrafen von acht bis 15 Jahren drohen.
Auch in der BRD sind linke politische Zusammenhänge verstärkt von
Repression bedroht. Unter Anderem wird in Hamburg gegen acht Personen nach Paragraph
129 ermittelt, gegen „libertad!“ läuft am 14. Juni ein Prozess
aufgrund einer Onlinedemo gegen Lufthansa, welche dabei hilft tausende von Menschen
in ihre Folterstaaten abzuschieben, Thomas Meyer Falk sitzt seit mehreren Jahren
unter schärfsten Bedingungen in Isolationshaft, das RZ-Verfahren ist gerade
erst vom Tisch, die krassen Strafen für Erste-Mai-AktivistInnen, wie zum
Beispiel gegen den Antifaschisten Christian der zu drei Jahren Haft, wegen des
Umkippens eines Autos um die Strecke der Neonazis zu blockieren, verurteilt wurde.
Die migrantische Linke – vor allem türkische und kurdische Strukturen,
sehen sich ebenfalls einer permanenten Repression ausgesetzt.
In Aachen begann der Prozess gegen Jose, Bart, Gabriel und Begonia unter anderem
wegen neunfachen versuchten Mordes, nachdem sie sich einer Kontrolle der Polizei
entziehen wollten und verhaftet wurden und sich teils auf der Flucht aus den
spanischen Gefängnissen befanden, in denen Folter alltäglich ist.
Magdeburg
Am 22. Februar diesen Jahres ging der Staatsschutzprozess gegen Aktivisten
der Magdeburger Linken in die zweite Runde. Anderthalb Jahre zuvor sprach der
1. Senat des Oberlandesgerichts Naumburg das Urteil gegen die zuvor nach Paragraph
129a drei Angeklagten antifaschistischen Internationalisten: zweieinhalb Jahre
ohne Bewährung und sämtliche Verfahrenskosten für Marco, zwei
Jahre ohne Bewährung für Daniel und Freispruch für Carsten. Ihnen
wurde und wird vorgeworfen mit anderen unbekannten Menschen Brandanschläge
gegen das Magdeburger LKA Gebäude und einem BGS Mannschaftswagen, gegen
Daimler Chrysler Fahrzeuge, ein Autohaus und gegen Fahrzeuge der deutschen Telekom
begangen zu haben. Zu den Anschlägen bekannten sich verschiedene militante
Gruppen, welche ihren Ursprung in der linksradikalen Gruppe Autonomer Zusammenschluss
(Magdeburg) gehabt haben sollen.
Der Paragraph 129a musste fallengelassen werden, jedoch wird in der Urteilserklärung
weiterhin ein Organisationskonstrukt aufgebaut, welches es ermöglicht, einzelne
Taten zusammen zu summieren und den Beschuldigten diese gebündelt aufzwingt,
ohne dass dies konkret belegt werden muss. Wenn mensch Mitglied in der Vereinigung
war, dann habe mensch mindestens an der Planung der Anschläge teilgenommen.
Der damalige Vorsitzende Richter Hennig ließ dies auch in der mündlichen
Urteilsverkündung voll zur Geltung kommen, denn er könnte sich einfach
vorstellen, dass sie die „Straftaten“ begangen haben, es gibt zwar
keine eindeutigen Beweise, aber allein ihre politische Gesinnung scheint wohl
zu reichen.
„Außerdem setzte der damals vorsitzende Richter brennende Fahrzeuge
mit brennenden Synagogen gleich – eine sehr unglückliche Äußerung
für eine Person in seinem Amt. Und das war nicht die einzige Links-Rechts-Gleichsetzung
in seiner mündlichen Urteilsbegründung.“ Das Urteil wurde auch
mit dem Kommentar gerechtfertigt, dass es „damals“ ja auch mit der
Bücherverbrennung angefangen hatte ...
Dass die angeklagten Mitglieder des Autonomen Zusammenschlusz (Magdeburg)
waren, der eine konsequente antifaschistische Praxis in Magdeburg vorantrieb,
den antifaschistischen Selbstschutz organisierte in einer Stadt, in der zwei
Punks von Nazis ermordet wurden, es Alltag ist, dass MigrantInnen gejagt und
erniedrigt werden, die Polizei Nazis schützt, bleibt da natürlich außen
vor. Dies ist auch kein Wunder, denn dass der deutsche Staat seit seinem Bestehen
mit faschistischen Organisationen zusammenarbeitet und sie auch in Prozessen
schützt ist schon lange kein Geheimnis mehr.
„Wissen wir doch, dass an der Strafverfolgung von mordenden und zündelnden
Nazischergen kein staatliches Interesse besteht! Wie sonst sind denn auch Urteile
wie das des Landgerichtes Schwerin zu verstehen, wo die Angeklagten für
Angriffe mit Molotowcocktails auf ein bewohntes Hochhaus in Rostock-Lichtenhagen,
also dem Tatbestand des mehrfach versuchten Mordes, Bewährungsstrafen bekamen.
Zu erwähnen sind auch die Bewährungsstrafen im Brandenburger Paragraph-129a-Verfahren
oder der gestrige Freispruch eines Halberstädter Nazis, der im April 2000
seinen 60-jährigen Nachbarn ermordete.“
(Prozesserklärung von Daniel)
Am 22. Februar 2005 fand der Revisionsprozess gegen Marco statt. Es ging ausschließlich
um die Verhandlung des Strafmaßes in der der Richter Braun das Urteil von
zweienhalb Jahren erneut bestätigte. Das Revisionsverfahren von Daniel begann
am 5. April 2005 und wurde aufgrund eines Verfahrensfehlers komplett neu aufgerollt.
Auf Drängen des Richter Braun, werden erneut alle Zeugen vorgeladen denen
bei Verweigerung der Aussage ebenfalls Repression bis zur Beugehaft drohen. Bereits
am 26. April 2005 verhängte der Richter Braun gegen Marco Beugehaft, der
die Aussage verweigerte, und zusätzlich 1000 Euro Strafe erhielt.
… und unser Widerstand
„… Wir werden auf keinen Fall Aussagen in diesem Verfahren
machen, da wir dies nicht mit unserem Gewissen und unserer politischen Identität
vereinbaren können. Auch eventuell verhängte Repressionsmaßnahmen
werden uns von diesem Standpunkt nicht abbringen. Sondern uns und unser Verhältnis
zu diesem System und diesem Spektakel hier eher stärken, da es uns und anderen
Menschen weitere Einblicke in die Ungerechtigkeit dieser Verhältnisse aufzwingt.“
(Auszug aus der Erklärung des ZeugInnenkollektivs zur Aussageverweigerung)
Um einen kollektiven (politischen) Umgang mit dieser Verfolgung zu finden,
erklärten zehn Zeugen in einer Erklärung bereits im Vorfeld ihre Aussageverweigerung
(zu finden bei www.soligruppe.de). Diese Erklärung zur Aussageverweigerung
ist ein Versuch diesem politischen Verfahren offensiv entgegenzutreten. Die Thematisierung
der Aussageverweigerung, Schutz vor der (politischen) Verfolgung muss verstärkt
werden, denn unsere politischen Ziele – die Beseitigung jeglicher Unterdrückung
und Ausbeutung – und unsere Solidarität mit unseren GenossInnen und
FreundInnen hören im Gerichtssaal nicht auf.
Die Fronten in diesem Prozess lassen sich auch nicht durch etwaige Äußerungen,
wie „in der BRD wird niemand wegen seiner politischen Haltung verfolgt“ (Richter
Braun) oder Kooperationsvorschlägen á la „Das Gericht möchte
nur das beste für uns“ verschleiern.
Denn die deutsche Justiz „… kann und wird … niemals ‚Recht‘ sprechen,
da sich ihre Auffassung von Gerechtigkeit auf dem bürgerlichen Gesetzbuch
stützt, welches Abschiebungen legitimiert, sozialschwache Menschen die zum
Klauen gezwungen sind in Knäste steckt und für all die anderen Schikanen
im Namen einer kapitalistischen Verwertungslogik verantwortlich ist. Justiz kann
in diesem Sinne auch immer bloß Klassenjustiz sein. … Da wir
uns als emanzipatorische Menschen verstehen, leitet sich aus dieser Einstellung
auch unser Verhältnis zu diesem Staat und seiner Justiz ab, wir lehnen beides
ab. Beides sind Instrumente der Herrschenden im kapitalistischen System, dienen
hauptsächlich ihrer Machterhaltung und richten sich daraus immer gegen die
untersten sozialen Schichten und alle, welche nicht die Phantasie und der Mut
fehlt, gegen die herrschenden Verhältnisse aufzubegehren.“
(Auszug aus der Erklärung des ZeugInnenkollektives)
Wir als Soligruppe Magdeburg/Quedlinburg unterstützen die Haltung der
Beschuldigten und des ZeugInnenkollektives. Dies ist wichtig, da die Betroffenen
eine Entscheidung getroffen haben, die uns alle angeht. Dieser Repression können
wir nur gemeinsam effektiv entgegentreten. Die Betroffenen brauchen unsere Solidarität.
Um zu verhindern, dass das jeweilige Umfeld beziehungsweise die Soligruppen allein
mit der Arbeit dastehen und in der politischen Linken isoliert bleiben, müssen
wir uns perspektivisch gegen diese Repressionen organisieren, die immer Ausgangspunkt
jeder Initiative sein wird, die die Verhältnisse zu Gunsten einer herrschaftsfreien
und klassenlosen Gesellschaft angreift.
Seien wir solidarisch, lasst uns am 18. Juni 2005 in Magdeburg unsere Wut über
diese Schikanen auf die Straße tragen – Spucken wir ihnen in die
Suppe!
Für uns ist klar wir müssen hier und jetzt handeln. Wir rufen deshalb
zu einer gemeinsamen Demonstration gegen Repression in Magdeburg auf, in der
sich sämtliche Solidaritätsgruppen und Strukturen und deren Arbeit
vereinen und stärken sollen. Wir müssen praktisch zusammenarbeiten,
unsere Antirepressions- und Soliarbeit koordinieren und effektiver führen
und über Vorgehensweisen diskutieren.
Informationen und Wissen über unsere Rechte müssen verbreitet werden,
Auseinandersetzungen über den Umgang mit Verfolgung und Repression, Aussageverweigerung
und deren Konsequenzen und allgemein den Schutz linker Strukturen und den jeweils
Betroffenen müssen verstärkt und vermittelt werden. Wir müssen
uns über (politische) Verfahrensweisen mit Repression auseinandersetzen
anstatt dies entpolitisieren zu lassen. Was wir nicht in unserer Hand haben aber
anstreben, ist ein Organisierungsprozess der zersplitterten und desolaten Strukturen
der Linken in der BRD. Wir müssen uns eine Zukunft zurückerobern statt
sie verkommen zu lassen!
Linke Strukturen aufbauen und verteidigen! Unsere Gefangenen
müssen
raus!
Für den Aufbau einer starken, libertären Linke!
Freiheit für alle politischen und sozialen Gefangenen – weltweit!
Bundesweite Antirepressionsdemo am 18. Juni 2005 in Magdeburg: 15 Uhr Kundgebung – 17
Uhr Demobeginn |
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