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Weg mit Paragraph 129a
Rote Hilfe Berlin 2.
November 2005
Der Paragraph 129a (StGB) ist ein Gesinnungsparagraph der in der alten BRD entstand.
Er enthält Sonderregelungen für so genannte „Terroristen“ und
ist im Jahre 1976 im Zuge der Terrorhysterie eingeführt worden, und wurde
in den Achtzigern noch einmal erheblich verschärft und auf die damals militant
agierenden Widerstandsbewegungen im Häuserkampf, der Anti-Atom und Anti-Militarismusbewegungen
und aus Antifagruppen begriffstechnisch ausgedehnt.
Die Straftaten umfassen unter anderem: Mord und Totschlag, Geiselnahme, Brandstiftungen
und Sprengstoffexplosionen, Verstrahlungen und Vergiftungen sowie die Störung öffentlicher
Betriebe, gefährliche Eingriffe in den Bahn-, Schiffs- und Luftverkehr und
die Zerstörung wichtiger Arbeitsmittel.
Sie richten sich insbesondere gegen Anschläge auf Einrichtungen der öffentlichen
Energieversorgung und des öffentlichen Verkehrs, gegen Beschädigungen
von Baufahrzeugen und Einsatzfahrzeugen der Polizei und Bundeswehr.
Damit wurde auf Aktionen autonomer und militanter Gruppen reagiert, die zur Unterstützung
der Politik gegen die Atomkraft, Gentechnologie und anderer industrieller Vorhaben,
die Arbeitsmittel der betreffenden Unternehmen des Öfteren unbrauchbar machten.
Eine besondere Ausdehnung erfährt diese Kriminalisierung durch die Möglichkeit,
nicht nur Mitglieder, sondern auch UnterstützerInnen und selbst WerberInnen
für solche Vereinigungen strafrechtlich zu belangen.
In der Vergangenheit wurden auch AnwältInnen wegen „Unterstützung
einer terroristischen Vereinigung“ angeklagt, die mit ihren wegen 129a
einsitzenden Mandaten regen Briefverkehr hatten und auch dabei Schriftstücke
linker Menschen mitsandten. Menschen wurden angeklagt und verurteilt, weil sie öffentlich
für die Zusammenlegung der politischen Gefangenen eintraten. Andere erhielten
Freiheitsstrafen ohne Bewährung für das Sprühen von Parolen mit
linken Inhalten.
Es handelt sich bei den Paragraphen 129, 129a StGB um Kollektivtatbestände,
die das bundesdeutsche Strafrecht ansonsten nicht kennt. Ihre Exklusivität
besteht in ihrer Konzeption als Organisationsdelikt. Beschuldigten müssen
nicht eigene Straftaten nachgewiesen werden, sondern lediglich deren bloße
Zugehörigkeit zu der inkriminierten Gruppe oder deren Förderung.
Diese Tatsachen reichen aus, um die Betroffenen zu beschuldigen oder sie für
angebliche strafbare Handlungen eben dieser Gruppen haftbar zu machen. Demzufolge
existiert bei den Normen auch eine verstärkte Beweisvereinfachung. Nach
der so genannten Kollektivitätsthese können alle, die angeblich einer „terroristischen“ oder „kriminellen“ Vereinigung
angehören oder angehörten, für alle von dieser Vereinigung begangenen
Straftaten haftbar gemacht werden. Dabei spielt es keine Rolle, ob sie davon
wussten, beziehungsweise ob sie die Taten billigten. Der Nachweis von konkreter,
individuell bestimmbarer Tatbeteiligung fällt weg, lediglich Indizien reichen
zur Stütze der Beweiskonstrukte aus.
Immer wieder gelten für Gefangene des Paragraphen 129a Sonderhaftbedingungen.
Offensichtlich von BKA und BAW bestimmt, gelten hier besondere Statuten. Die
Gefangenen werden isoliert, von Gemeinschaftsveranstaltungen oder Gemeinschaftsarbeit
ausgeschlossen, dazu kommt Einzelhofgang und so weiter.
Beim Paragraph 129a ist grundsätzlich die BAW zuständig, die das BKA
als ermittelnde Polizeibehörde hinzuzieht. Zuständig ist stets das
jeweilige Oberlandesgericht. Für Verfahren nach Paragraph 129a stehen insgesamt
17 Staatsschutzsenate an den jeweiligen Landgerichten mit „speziell ausgewählten,
geschulten und als beständig erwiesenen StaatsanwältInnen und „staatstreuen
geeigneten und erfahrenen“ RichterInnen zur Verfügung.
Nach Angaben von Rechtsanwalt Gössner werden 85 Prozent aller Ermittlungsverfahren
nach Paragraph 129a wiedereingestellt, wenn auch teilweise erst nach fünf
bis zehn Jahren. Eine kleine Anfrage der PDS im Bundestag im Jahre 2001 ergab,
dass in den 90er Jahren die Quote der Einstellungen bei 95 Prozent lag. Das zeigt
dass der Paragraph 129a ein Gesinnungsparagraph ist, der abgeschafft werden muss.
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