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Aufruf zur bundesweiten Demonstration
am 1. November 2003
„Weg mit der Agenda“ und Gegeninformationsbüro 15. Oktober 2003


13 Uhr ab Alexanderplatz / Mollstraße
über Torstraße – Friedrichstr. – unter den Linden zum Brandenburger Tor



Gegen Sozialraub und Agenda 2010 –
Widerstand jetzt!


Massenarbeitslosigkeit, die weitere Kürzung des Arbeitslosengeldes, die Senkung der Arbeitslosehilfe unter Sozialhilfeniveau, Niedriglohn und Leiharbeit, die Privatisierung der Gesundheitsversorgung und der Ausbildung, die Rentenkürzung in die Altersarmut, Abschaffung des Kündigungsschutzes und Tarifautonomie: diese Maßnahmen stehen für ein bewusstes politisches Programm von Regierung, Opposition und Kapitalverbänden.

Es findet eine gigantische Umverteilung von Unten nach Oben statt. Das ist massiver Klassenkampf von Oben!

Die verschärften Angriffe auf unsere Lebensverhältnisse sind zentrale Bestandteile der EU-Politik. Die EU will bis zum Jahr 2010 das führende Weltwirtschaftszentrum sein. Um dieses Ziel durchzusetzen, soll die EU für das Kapital attraktiv gemacht werden. Per Gesetz werden den Unternehmen höhere Profite zugesichert:
  • Reduzierung der Steuerabgaben
  • Lohnraub und Entrechtung durch Aufweichung der Tarife und Flexibilisierung der Arbeit nach den Spielregeln der Unternehmer
  • Einbehalt eines weiteren Teils unserer Löhne in Form der bisherigen Beträge für die Sozialabgaben, bisher „Arbeitgeberanteil“ genannt
  • Freie Verfügbarkeit der Arbeitskräfte durch Abschaffung des Kündigungsschutzes und Mobilitätszwang usw.
Durch die Privatisierung der gesamten öffentlichen Daseinsvorsorge wie Gesundheits- und Altersvorsorge, Wasserversorgung oder öffentlichem Nah- und Fernverkehr werden für das private Kapital weltweit neue Anlagemöglichkeiten geschaffen und damit unsere existenzielle Grundversorgung den Profitinteressen unterworfen. So hat der Berliner Senat beschlossen, zum 1. Januar die Wasserpreise um 15 Prozent zu erhöhen. Dies allein um die Rendite für die privaten Anleger zu erhöhen.

Wir haben nicht nur weniger Netto in der Tasche, von dem Wenigen sollen wir zukünftig auch noch etwas für’s Alter zurücklegen, den Arzt bezahlen und die Ausbildung der Kinder. Heute können schon nicht einmal mehr 43 Prozent aller Haushalte 100 Euro im Monat zurücklegen. Wie sollen diese Haushalte in der Lage sein, zum Beispiel für Kranken- und Rentenvorsorge aufzukommen?!

Der politische und ökonomische Druck wird weiter erhöht: befristete Arbeitsverträge werden die Regel. Die Zahl der Arbeitsplätze wird weiterhin reduziert, indem das Rentenalter erhöht und die Arbeitszeiten verlängert werden – Arbeitgeberpräsident Hundt hält zusätzliche acht unbezahlte Arbeitsstunden pro Woche für notwendig und zumutbar. Das Arbeitslosengeld II wird in Berlin voraussichtlich 345 Euro betragen, der Mietzuschuss nicht mehr als 200 Euro. Das wird Millionen Menschen in die soziale Verelendung treiben, um sie damit zu zwingen, jede Arbeit in den Niedriglohnsektoren anzunehmen. Heute schon werden in vielen Lohnarbeitsbereichen wie zum Beispiel in der Gastronomie, im Reinigungs- und Sicherheitsdienst Stundenlöhne in Höhe von 4,50 Euro brutto gezahlt – oder Postboten sind verpflichtet 48 Wochenstunden zu arbeiten. Bei so genannter „Arbeitsverweigerung“ wird dann eben schnell die Arbeitslosenhilfe gestrichen. Die Brutalität der Verfügung über Arbeitskräfte hängt nicht davon ab, ob ein Betrieb Gewinne macht oder nicht. Bei Siemens/Berlin sollen zum Beispiel weitere Kolleg/innen entlassen werden, weil die Aktionäre eine noch höhere Rendite fordern.

Fusionen, Insolvenzen und Rationalisierungsmaßnahmen im großen Stil sind Ausdruck verschärfter globaler Konkurrenz. Die hier spürbaren Auswirkungen sind Entlassungen und Reduzierung der Kernbelegschaften, die mit Leiharbeiter/innen und anders ungesichert Beschäftigten nach Bedarf aufgefüllt werden. Flankiert wird diese Politik durch die Praxis der Arbeitsämter, die verstärkt die Aufgabe übernehmen, die Erwerbslosen schärfer zu disziplinieren und ggf. mit der Streichung der Existenzsicherung abzustrafen. Die Steigerung der Anzahl verhängter Sperrzeiten um bundesweit 42 Prozent spricht eine deutliche Sprache. Die PSAs – Personal Service Agenturen – sind dann die Anlaufstellen für die hin- und herzitierten Arbeitslosen vom Arbeitsamt. Diese leisten keinen Service für uns, sondern für die Unternehmen. Sie selbst sind Unternehmen, die Verteiler der Minijobs, Leih- und Zeitarbeit, und machen als Zwischenhändler auf dem Markt der Arbeit mit dem Sklavenhandel ihren Gewinn.

Gegen den von staatlicher Seite vorangetriebenen Sozialraub kam es innerhalb der EU zu massenhaften Protesten: in Italien, Frankreich und in Österreich kam es zum Generalstreik. Nur in Deutschland blieb es angesichts der defensiven Haltung der Gewerkschaftsführung weitestgehend ruhig. Das ist nicht zu verstehen, denn zur Zeit stehen alle sozialen Errungenschaften, die die Arbeiterbewegung in jahrzehntelangen Klassenkämpfen durchsetzte, auf dem Spiel.
Was erst einmal abgeschafft ist, das muss erst wieder neu erkämpft werden. Der letzte Metallarbeiterstreik wurde nicht nur durch die Gewerkschaftsspitze selbst und bestimmte Betriebsratsfürsten verraten. Er wurde auch von einer Medienhetzte begleitet, die nicht nur auf Streikabbruch, sondern auf ein Verbot gewerkschaftlicher Interessenvertretung und Streiks abzielt. Auch hier meldet sich Arbeitgeberpräsident Hundt zu Wort und fordert in weiser Voraussicht das Verbot der Warnstreiks: „die bringen den Unternehmen große Verluste“ – der Schlaumeier.

Der verratene Streik hat aber auch gezeigt, dass es nicht ausreicht, sich in den Gewerkschaften zu organisieren und auf die Gewerkschaftsführung zu hoffen, sondern wir müssen selbst aktiv werden für eine gewerkschaftliche und unabhängige Organisierung von Beschäftigten und Arbeitslosen. Es reicht nicht aus, dass wir uns zur Wehr setzen gegen die sich verschlechternden Bedingungen des kapitalistischen Systems, sondern wir müssen für ganz andere Lebensverhältnisse kämpfen. Wir brauchen eine Gesellschaft, in der wir für unsere Bedürfnisse arbeiten und nicht für die Profite des Kapitals.
  • Widerstand gegen die Angriffe von Kapital und Agenda! Lassen wir uns nicht spalten
  • Für eine kämpferische Basisbewegung in den Betrieben, der Gewerkschaft und Stadtteilen
  • Europaweit koordinierter Kampf zur Arbeitszeitverkürzung
  • Sofortige Durchsetzung der 35 Stundenwoche bei vollem Lohn- und Personalausgleich als Einstieg in weitere Arbeitszeitverkürzung
  • Solange der Kapitalismus Arbeitslosigkeit produziert: 1000 Euro plus Miete als Mindestsatz des Arbeitslosengeldes
  • Kein Lohndumping – 10,50 Euro Mindeststundenlohn
  • Für die Umwandlung von Zeitarbeitsverträgen in Normalarbeitsverträge
  • Keine Privatisierung von öffentlicher Daseinsvorsorge – für die Sozialisierung der Schlüsselindustrien
  • Gegen Standortlogik! Für internationale Solidarität und Widerstand
Aktionstag am 20. Oktober um 14 Uhr Kundgebung bei Siemens; Verwaltungsgebäude, Nonnendamm Allee 101
(U7 Rohrdamm) und

Bundesweite Demo am 1. November um 13 Uhr ab Alexanderplatz/Mollstraße


mehr infos unter www.demo-gegen-sozialabbau.de

Arbeitslosen Initiative „Weg mit der Agenda“
und Gegeninformationsbüro
Kontakt: Dienstag 16 bis 18 Uhr
Kohlfurterstr. 40, 10999 Berlin
Tel.: 283 893 43




 15. Oktober 2003