Redebeitrag
der Arbeitsloseninitiative
„Weg mit der Agenda“
„Weg mit der Agenda“ 10.
Oktober 2003
Gehalten beim Aktionstag am 20. Oktober 2003 vor Siemens in
Berlin
Ich spreche für die Arbeitsloseninitiative „Weg mit der Agenda“
– und wir meinen das auch so!
Wir lehnen alle diese so genannten Reformen rundweg ab! Die Angriffe auf Arbeitslose
sind Angriffe auf alle Beschäftigten. Denn was heißt das denn, wenn
der Kündigungsschutz aufgeweicht wird und wir gleichzeitig zu Leiharbeit
und Minijobs gezwungen werden? Das heißt, dass Hans Meier nach seiner Entlassung
seine alte Arbeit wieder aufnehmen darf, bloß eben ungesichert und für
weniger Lohn. Das heißt, dass wir Lohndrücker sind. Das lehnen wir
ab!
Die in den Personal Service Agenturen organisierte Leiharbeit ist das Kernstück
der Deregulierungspolitik. Mit massiven Leistungskürzungen für Arbeitslose
und verschärften Zumutbarkeitsregelungen sollen wir gezwungen werden, jede
Arbeit zu jeder Bedingung an jedem Ort anzunehmen. Das schafft keinen Arbeitsplatz
mehr, sondern vernichtet Normalarbeitsverhältnisse, verringert die Kernbelegschaft,
drückt das Lohnniveau und verringert die Kampfkraft. Das will doch keiner,
das muss man mal klar sehen und sich auch zusammen wehren! Das sind doch keine
unterschiedlichen Interessen, die Arbeitslose und Beschäftigte haben!
Wenn jetzt der Billiglohnsektor ausgeweitet wird und die ungesicherten, befristeten
und sonst wie scheinselbständigen Arbeitsverhältnisse zunehmen, muss
es darum gehen, besonders in diesen Bereichen handlungs- und kampffähig zu
werden. Dafür brauchen wir eine kämpferische Gewerkschaft, die auf unserer
Seite steht und keine Deals mit dem Kapital macht. Schluss mit dem Schmusekurs!
Dafür muss jetzt an der Basis Druck gemacht werden!
Was im Moment von Regierungs- und Unternehmerseite angeschoben wird, ist ein bewusster
Angriff auf die Arbeits- und Lebensverhältnisse aller Lohnabhängigen,
Jugendliche und Rentner natürlich eingeschlossen.
Aber, und das ist wichtig, die Agenda 2010 ist kein isolierter Angriff auf das
soziale System in Deutschland, sonder ist die Umsetzung der sozialpolitischen
Angriffe innerhalb der EU.
Europa soll fit gemacht werden für den internationalen Wettbewerb. In der
neuen EU-Verfassung sind daher auch hohe Rüstungsausgaben für die
Mitgliedsstaaten festgeschrieben. Was führendes Wirtschaftszentrum werden
will, muss sich international natürlich auch militärisch behaupten
können. Für
die Durchsetzung der so genannten Vitalen Interessen wie zum Beispiel Zugang
zu billigen Rohstoffen und Öffnung der Märkte für ausländisches
Kapital, ist militärische Stärke unverzichtbar.
Ebenso unverzichtbar ist der EU-weite Angriff auf Lohnniveau und Arbeitsbedingungen.
So werden fürs Kapital die Ausbeutungsbedingungen verbessert, und gleichzeitig
mittels Steuer- und Subventionspolitik dafür gesorgt, dass der von uns erarbeitete
Reichtum schön in ihre Taschen wandert und auch dort bleibt.
Soziale Sicherung und andere Bereiche der öffentlichen Daseinsvorsorge wie
Gesundheit, Bildung, Wasser, öffentliches Transportwesen werden mehr und
mehr privatem Kapital zugänglich gemacht. Alles soll sich lohnen, alles Profit
bringen, und was zu wenig bringt, wird eben dichtgemacht.
Das ist der Dreck, für den wir den Gürtel enger schnallen sollen, für
den wir ackern sollen, oder Reservearmee sein sollen. Wir sagen: mit uns nicht,
keine Minute länger! Wer braucht denn so ein System, in dem nicht für
menschliche Bedürfnisse, menschliche Notwendigkeit produziert wird, sondern
für Profit?
Wir nicht! Das funktioniert nicht für uns, sondern gegen uns!
Gerade deswegen ist es wichtig, dass wir keine Spaltung mitmachen, das gegeneinander
Ausspielen unterlaufen, hier genauso wie international. Der Wettlauf um die längsten
Arbeitszeiten, das niedrigste Lohnniveau, die flexibelsten Beschäftigten
kann doch nicht unser Interesse sein! Unsere Perspektive muss doch sein, Arbeitskämpfe
gegen die Agenda zu führen und sie international zu koordinieren, um uns
gegenseitig zu stärken!
Wir sagen: Solidarität ist eine Waffe! und zwar unsere schärfste im
Kampf gegen transnational organisiertes Kapital.
Im Vergleich zu anderen europäischen Ländern, in denen es zum Teil sogar
zum Generalstreik gekommen ist, ist es in Deutschland bisher ziemlich ruhig geblieben.
Aber ob das so bleibt, liegt an uns!
Die bundesweite Demonstration am 1. November kann nur der Anfang sein vom Widerstand
gegen die Agenda.
Sie ist eine Kampfansage gegen uns, und erfordert also auch unsererseits Kampfmaßnahmen!
Nehmen wir uns ein Beispiel an der bolivianischen Bevölkerung, die sich erfolgreich
gegen den Sparkurs, die Privatisierungspolitik und den Ausverkauf ihrer Ressourcen
gewehrt hat!
Für eine kämpferische internationale Gewerkschaftsbewegung!