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Was tun gegen Hartz & Co
Gegeninformationsbüro 18. November 2003


Mit der Umsetzung der Vorschläge der Hartz-Kommission zur Arbeitsmarktreform, begleitet von der Gesundheits- und Rentenreform, beginnt der einschneidenste arbeitsmarkt- und sozialpolitische Angriff von Oben in der bundesrepublikanischen Nachkriegsgeschichte.

Die Bundesregierung will eine tiefgreifende arbeitsmarkt- und sozialpolitische (innenpolitische) Neuordnung durchsetzten, die auf eine Verbesserung der internationalen Konkurrenzfähigkeit des Standorts Deutschland abzielt.



Die mit den 13 Module der Kommission ...

geschaffenen Instrumentarien zielen auf folgende Bereiche: Im Kern geht es um die Zerschlagung der sozialen Grundsicherung und die Ausweitung entgarantierter und rechloser Arbeitsverhältnisse (perkären Arbeit)


Im Bereich der (Lohn-)Arbeit:

Zielen sie auf: die Deregulierung und Flexibilisierung der Arbeit (das ist sehr zentral).Damit einher geht der Austausch regulärer Arbeitsverhältnisse durch entgarantierte und rechtlose Arbeitsverhältnisse (prekäre Arbeit) per PSA und Leiharbeit, Ich-AG, temporäre Arbeit (befristete Verträge, Zeitkonten.) Die Palette der „Jobgestaltungsmöglichkeiten“ bzw. Flexibilisierungsmodelle in den Betrieben á la Hatz & Co ist sehr umfassend.

Dies beinhaltet ebenso die Senkung des Lohnniveaus insgesamt und eine Verstärkung der Lohndifferenz (-spreizung) zwischen höher bezahlter Arbeit, die Reduziert wird, und einem Niedriglohnbereich der ausgeweitet wird.

Die Instrumentarien zielen ebenso auf die Senkung des Rentenniveaus (Bridge-System, Lohnzuschuß) und abdrängen älterer Menschen (ab 52!) in Billig-Jobs oder „ehrenamtliche und gemeinnützige Arbeit“.

Und als weiteres: auf die Aushebelung der Rechte bzgl. der Arbeitsverhältnisse- und bedingungen (Tarifvertragsrecht, Kündigungsschutz, betriebliches Mitbestimmungsrecht – und das heißt auch: auf die Zerschlagung der gewerkschaftlichen Basisstruktur)

Die Vorschläge der Kommission beinhalten den Einstieg in den Ausstieg aus dem paritätischen Sozialversicherungssystem (z.B. per Bonus-System für Arbeitgeber)

Die Module beinhalten einen grundlegenden Umbau des Sozialsystems, und zielen auf die Umgestaltung der Arbeitslosenversicherung als künftige private „Beschäftigungsversicherung“ (Ähnlich wie bei der Renten- und Krankenversicherung).


Im Bereich des Sozialsystems

Zentral ist die Neuregelung: ALG II nur für „erwerbsfähige“! Und Sozialgeld nur für „erwerbsunfähige“! Und es gilt künftig: Eine Zuständigkeit eine Leistung!
D.h.: das System der Alhi und ausgleichende Sozialhilfe sowie die dazugehörigen Zusatzleistungen entfallen für alle „erwerbsfähigen“(!), denn sie werden (nach der Zusammenlegung von Alhi und Sozi) ins ALG II eingestuft. Die Höhe des ALGII wird (durch die Pauschalisierung der ehemaligen Zusatzleistungen) so heißt es „etwas über der Sozialhilfe“ liegen. Wobei gleichzeitig die nun anfallenden Kosten für Renten- und Krankenversicherung, die ja nicht mehr über das Sozialamt laufen, vom ALG II bei der Einstufung – als Versiche-rungsbeitrag in die Sozialversicherungskasse – abgezogen werden sollen (Ist eng verknüpft mit der Gemeindefinazreform). Dies zielt insgesamt auf: die Senkung der Lohnersatzleistungen.

Dazu kommt die Erhöhung der Zumutbarkeitskriterien, sowie der Mitwirkungs- und Eigenleistungspflicht: denn nur wer aktiv was macht erhält das künftige ALG II, wer aus dem Bezug rausfliegt, hat keinen Zugang zum Sozialgeld, wenn er/sie als „erwerbsfähig“ gilt.

Noch bevor Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe – als ALG II – zusammengelegt wird, wird das Einkommen und Vermögen des/der PartnerIn verstärkt einbezogen. Allein durch die Verschärfung der Anrechnungsvorschriften werden bis zu 39,7 Prozent, d.h. 630 000 Arbeitslose aus dem Bezug von Arbeitslosenhilfe rausfallen. Allein dadurch erzielt die Bundesregierung eine Nettoeinsparung von ca. 5,2 Mrd. Euro im Jahr.

Die Neuregelung und die damit einhergehende Verschärfung der Zumutbarkeitskriterien erfolgt nach dem geografischen Aspekt: Mobilitätsanforderung, die mit dem sozialen Aspekt verknüpft ist (Familienanbindung), dem funktionalen Aspekt (der eine Vermittlung in jeden Job vorsieht, also unabhängig von Ausbildung oder Qualifikation) und der materielle Aspekt (bei dem es um die Pflicht zur Annahme von Jobs mit geringerem Lohn als zuvor geht.)

Des weiteren beinhalten die Module auch eine Neuausrichtung der staatlich geförderten Weiterbildung, die künftig aus folgender Kombination bestehen sollen: Bewerbungstraining, Leiharbeit (Praxisorientierung der Weiterbildung), gemeinnütziger Arbeit (Förderung von sozialen Kompetenzen in der Weiterbildung) und einem Qualifizierungsmodul. (Die Kosten jener „Weiterbildung“ liegen – auf zwölf Monate gerechnet – bei einem 1/3 weniger als bei eine regulären Weiterbildung.)


Im Bereich der Bildung

Zunehmende Privatisierung der Ausbildungs-, Weiterbildungs- oder Fortbildungskosten.
Aushöhlung des dualen Bildungssystems, per AusbildungsZeitWertpapier (AZWP) – private Finanzierung von Ausbildung (per Lehrgeld) und Studium.

Einführung eines Modulsystem (Qualifizierungsbausteine) in der Ausbildung.
(Mini-Ausbildung)

Eingriff in das Schulsystems durch die Einführung von Klassen mit „theoriebegabten“
und „praxisbegabten“ SchülerInnen Zertifizierung (Bildungsgutschein) von Weiterbildungsträgern gemäß der oben genannten Neuausrichtung (ansonsten keine Anerkennung für staatliche Förderung).

Und die Verschärfung des Zugangs zum Kindergeld für Jugendliche zwischen Schule und
Ausbildung, Studium (oder Wehrdienst und Zivildienst).


Zuletzt zielen sie auch auf eine Reihe von Persönlichkeitsrechten

Per Total-Erfassung im zentralen Datenarchiv (Datenschutz).
Einschränkungen der Vertragsfreiheit
Mobilitätszwang, d.h. Pflicht zum Umzug in eine andere Stadt
Sowie Einschränkung der die freien Berufswahl.


Demonstration! „was tun! gegen hartz & co“

Donnerstag 5. Dezember – 17 Uhr
Start: Arbeitsamt Charlottenstraße / Kreuzberg
Über Oranienstraße, Heinrichplatz, Kottbusser Damm zur
Abschlusskundgebung am Hermannplatz (Bushaltestelle).

Weitere Veranstaltungen: „Was tun gegen Hartz“
laßt uns die Proteste bündeln und eine Gegenöffentlichkeit herstellen!


Mittwoch 4. Dezember 2002, 19 Uhr, Audimax Humboldt-Uni
mit Michael Heinrich, Christa Sonnenfeld, Detlef Hensche, Mag Wompel u.a.m. vom „Berliner Anti-Hartz-Bündnis“ und der „Stiftung Menschenwürde und Arbeitswelt“
 18. November 2003