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Salvador Allende |
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Die
letzten Worte Allendes
Gegeninformationsbüro
11. September 2003
Am 11. September 1973 hielt der chilenische Präsident, Salvador Allende,
im bombardierten und beschossenen Amtssitz in Santiago de Chile um 11 Uhr seine
letzte Rede:
„Es ist sicherlich das letzte Mal, dass ich mich an euch wende. Die Luftstreitkräfte
haben die Sendeanlagen von Radio Portales und Radio Corporacion bombardiert. Meine
Worte sind nicht von Bitternis geprägt, sondern von Enttäuschung. Sie
sind auch die moralische Züchtigung derjenigen, die den Eid, den sie geleistet
haben, gebrochen haben: Soldaten Chiles, amtierende Oberbefehlshaber und Admiral
Merino, der sich selbst ernannt hat, der verachtungswürdige General Mendoza,
der noch gestern der Regierung seine Treue und Loyalität bezeugte und sich
ebenfalls selbst zum Generaldirektor der Karabineros ernannt hat. Angesichts solcher
Tatsachen kann ich den Werktätigen nur eines sagen: Ich werde nicht zurücktreten.
In eine historische Situation gestellt, werde ich meine Loyalität gegenüber
der Bevölkerung mit meinem Leben bezahlen. Und ich kann euch versichern,
dass ich die Gewissheit habe, dass nichts verhindern kann, dass die von uns in
das edle Gewissen von Tausenden und Abertausenden Chilenen ausgebrachte Saat aufgehen
wird. Sie haben die Gewalt, sie können zur Sklaverei zurückkehren, aber
man kann weder durch Verbrechen noch durch Gewalt die gesellschaftlichen Prozesse
aufhalten. Die Geschichte gehört uns, es sind die Völker, die sie machen.
Werktätige meines Vaterlandes! Ich möchte euch danken für die
Loyalität, die ihr immer bewiesen habt, für das Vertrauen, das ihr in
einen Mann gesetzt habt, der nur der Dolmetscher der großen Bestrebungen
nach Gerechtigkeit war, der sich in seinen Erklärungen verpflichtet hat,
die Verfassung und das Gesetz zu respektieren, und der seiner Verpflichtung treu
war. Dies sind die letzten Augenblicke, in denen ich mich an euch wenden kann,
damit ihr die Lehren aus den Ereignissen ziehen könnt.
Das Auslandskapital, der mit der Reaktion verbündete Imperialismus haben
ein solches Klima geschaffen, dass die Streitkräfte mit ihren Traditionen
brechen, mit den Traditionen, die ihnen von General Schneider gelehrt und von
Kommandant Araya bekräftigt wurden. Beide wurden Opfer derselben Gesellschaftsschicht,
der gleichen Leute, die heute zu Hause sitzen in Erwartung, durch Mittelsmänner
die Macht zurückzuerobern, um weiterhin ihre Profite und ihre Privilegien
zu verteidigen. Ich wende mich vor allem an die bescheidene Frau unserer Erde,
an die Bäuerin, die an uns glaubte, an die Arbeiterin, die mehr arbeitete,
an die Mutter, die unsere Fürsorge für die Kinder kannte. Ich wende
mich an die Angehörigen der freien Berufe, die eine patriotische Verhaltensweise
zeigten, an diejenigen, die vor einigen Tagen gegen den Aufstand kämpften,
der von den Berufsvereinigungen, den Klassenvereinigungen angeführt wurde.
Auch hierbei ging es darum, die Vorteile zu verteidigen, die die kapitalistische
Gesellschaft einer kleinen Anzahl der Ihrigen bietet. Ich wende mich an die Jugend,
an diejenigen, die gesungen haben, die ihre Freude und ihren Kampfgeist zum Ausdruck
brachten. Ich wende mich an den chilenischen Mann, an den Arbeiter, an den Bauern,
an den Intellektuellen, an diejenigen, die verfolgt werden, denn der Faschismus
zeigt sich bereits seit vielen Stunden in unserem Land: in den Terrorattentaten,
in den Sprengungen von Brücken und Eisenbahnen, in der Zerstörung von
Öl- und Gasleitungen. Angesichts des Schweigens ... (von Bombendetonationen
übertönt) ... dem sie unterworfen waren. Die Geschichte wird über
sie richten.
Radio Magallanes wird sicherlich zum Schweigen gebracht werden, und der ruhige
Ton meiner Stimme wird euch nicht mehr erreichen. Das macht nichts, ihr werdet
sie weiter hören, ich werde immer mit euch sein, und ich werde zumindest
die Erinnerung an einen würdigen Menschen hinterlassen, der loyal war hinsichtlich
der Loyalität zu den Werktätigen.
Die Bevölkerung muss sich verteidigen, aber nicht opfern. Die Bevölkerung
darf sich nicht unterkriegen oder vernichten lassen, sie darf sich nicht demütigen
lassen.
Werktätige meines Vaterlandes! Ich glaube an Chile und sein Schicksal. Es
werden andere Chilenen kommen. In diesen düsteren und bitteren Augenblicken,
in denen sich der Verrat durchsetzt, sollt ihr wissen, dass sich früher oder
später, sehr bald, erneut die großen Straßen auftun werden, auf
denen der würdige Mensch dem Aufbau einer besseren Gesellschaft entgegengeht.
Es lebe Chile! Es lebe die Bevölkerung! Es leben die Werktätigen! Das
sind meine letzten Worte, und ich habe die Gewissheit, dass mein Opfer nicht vergeblich
sein wird. Ich habe die Gewissheit, dass es zumindest eine moralische Lektion
sein wird, die den Treuebruch, die Feigheit und den Verrat verurteilt.“
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