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Teile und Herrsche
www.german-foreign-policy.com 4. Mai 2004


Die deutsche Außenpolitik erwägt die Zerschlagung des Sudan und die Stationierung von Besatzungstruppen unter EU-Führung. Damit ergänzt Berlin seine Afrika-Expansion, die den Kontinent vom Maghreb bis zum Kap auch militärisch überzieht. Bei den Planungen arbeiten angebliche Nicht-Regierungs-Organisationen und das Auswärtige Amt Hand in Hand. Die deutschen Vorfeldapparate verlangen die Errichtung europäischer Protektorate, in denen sie die Führung übernehmen.

Die Teilungspläne folgen Ankündigungen des deutschen Bundeskanzlers über eine Stärkung der deutschen Afrika-Politik. Der deutsche Verteidigungsminister plädiert dafür, „Landesverteidigung wirklich neu (zu) definieren“ und dabei Afrika einzubeziehen. Insgesamt müsse Afrika „intensive Aufmerksamkeit“ zuteil werden, da sich „Europa“ für den afrikanischen Kontinent „besonders verantwortlich“ fühle, erklärte Struck. [1]


Wettlauf

Wie zuvor bereits die Staatsministerin im Auswärtigen Amt Müller (Die Grünen), fordert nun auch die Entwicklungsministerin Wieczorek-Zeul (SPD) einen Militäreinsatz im Sudan, der einer „UN-Friedenstruppe“ übertragen werden solle. [2] Der Vorsitzende des EU-Militärausschusses, Gustav Hägglund, erklärte, er halte den Einsatz einer internationalen Truppe unter Führung der EU im Sudan für „sehr wahrscheinlich“. Die USA und die NATO betrachten die zunehmenden militärischen Ambitionen Berlins und der EU mit wachsender Skepsis. Die US-Regierung erwägt daher den Aufbau einer internationalen schnellen Eingreiftruppe unter eigener Führung. Die Truppe mit einer Stärke von 75 000 Soldaten soll in Afrika stationiert und ausgebildet werden. Als Einsatzgebiete werden „Bürgerkriegsländer wie Sudan“ genannt.


„Massiv reingehen“

In der militärischen Konkurrenz um die Neubesetzung Afrikas kann Berlin auf Unterstützung durch seine „zivilmilitärischen Einheiten“ zählen. [3] Entwicklungspolitiker und deutsche humanitäre Hilfsorganisationen, deren Auslandstätigkeit mit Geldern des Auswärtiges Amtes gefördert und mit dem deutschen Militär abgestimmt wird, propagieren regelmäßig den Einsatz deutscher Truppen in Afrika. So bereisten jüngst fünf deutsche Abgeordnete aus dem entwicklungspolitischen Ausschuss des Bundestages die Demokratische Republik Kongo. Im Vorjahr hatten EU-Truppen unter deutscher Beteiligung in der Provinz Kivu im Osten des Landes interveniert, Stabsoffiziere der Bundeswehr bilden einheimische Truppen aus. [4] Deutschland werde in Kongo als neutrale Macht geachtet, wussten die Abgeordneten zu berichten, und nutzten dies, um sogleich die Ausweitung und Verschärfung des Militäreinsatzes zu verlangen. „Die UN müssen dort massiv reingehen“, forderte die SPD-Abgeordnete Brigitte Wimmer.


„Die Führung übernehmen“

Für den Sudan fordert der deutsche NGO-Gründer Rupert Neudeck nicht nur den Einsatz deutscher Blauhelme. Neudeck unterhält enge Beziehungen zum Auswärtigen Amt und ist ehemaliger Mitarbeiter des deutschen Staatssenders „Deutschlandfunk“. Er ruft offen zur Zerschlagung des Landes auf, die von Berlin durchzusetzen sei. Mit der Regierung in Khartum müsse „Tacheles geredet“ werden, so Neudeck. Die Regierung des Sudan müsse endlich akzeptieren, dass der Sudan de facto bereits ein geteiltes Land sei. Auf lange Sicht müsse der Süden des Landes abgespalten werden, während für die Region Darfur eine Autonomieregelung getroffen werden solle. In den abgespaltenen Landesteilen möchte Neudeck ein Protektorat deutscher Hilfsorganisationen errichten: Ein „Konsortium von Nichtregierungsorganisationen, die im Südsudan Erfahrung haben“ (er nennt das Deutsche Aussätzigen-Hilfswerk, die Caritas, Misereor und Brot für die Welt) solle mit einem verbindlich verabredeten Mandat in diesen Regionen „die Führung übernehmen“.



Fussnoten:
  1. siehe auch Angriff [back]
  2. siehe auch Beeindruckende Entwicklung [back]
  3. siehe auch Rekolonisierung [back]
  4. siehe auch Deutsche Hilfsorganisationen: „Koalitionen mit dem Militär“ und Deutsche „Warlords“ in Afghanistan [back]
 4. Mai 2004