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Das Imperium schlägt zurück
und warum wir gegen diesen Krieg sein müssen
Gegeninformationsbüro 20. September 2001


Die USA mit ihren westlichen Verbündeten im Schlepptau rüsten sich für einen Waffengang, der mal als Krieg „gegen das Böse“, als „Verteidigung der Zivilisation“ oder „Verteidigung von Demokratie und Freiheit“ betitelt wird. Eine Welle des Patriotismus überrollt das Land der unbegrenzten Möglichkeiten. Die Falken aus Politik und Militär fordern militärische Vergeltung für die erfahrene Schmach. Sie wollen ganze „Staaten ausschalten“ und einen „lang anhaltenden Feldzug“ gegen den „internationalen Terrorismus“, wo auch immer dieser sich verborgen halte oder Unterstützung erhalte, initiieren.

„Nichts wird nach dem 11. September 2001 mehr so sein wie vorher“, ist das meist gehörte Resümee zu den Anschlägen in New York und Washington. Die Anschläge auf die Zentren und Symbole der letzten verbliebenen Weltmacht bewegt die Menschen rund um den Globus. Die Trauer und Anteilnahme um die Opfer des Anschlags weicht indes zunehmend der Angst vor den angekündigten kriegerischen Konsequenzen aber auch den weit reichenden, innerstaatlichen Freiheitsverlusten, die dieser Tag nach sich ziehen wird. Die Bush-Administration kündigt einen „Kreuzzug“ an und Kanzler Schröder sowie Außenminister Fischer versichern die unbedingte Bündnistreue der Bundesrepublik. Im dritten Jahr rot-grüner Regierungskoalition droht Deutschland – nach den Waffengängen gegen Jugoslawien und in Mazedonien – in den dritten Krieg zu ziehen. Der bevorstehende Konflikt wird unter Führung der USA ein weltweites Exempel statuieren und die von George Bush senior ausgerufene „Neue Weltordnung“ zu zementieren versuchen.


Die „Reaktion“ im eigenen Land

Die Bilder der einstürzenden Türme des World Trade Center und der Freudenfeste von einigen Palästinensern (wobei zu fragen ist, aus welchem Archiv und welchem Jahr diese Bilder stammen) können nicht oft genug gezeigt werden, um dem letzten Zweifler und der letzten Zweiflerin Feindbilder einzuhämmern. Der völlig überzogenen Panikmache sowie der verordneten Volkstrauer und den täglichen Schweigeminuten, kann sich in der Öffentlichkeit kaum jemand entziehen, ohne Gefahr zu laufen, als Sympathisant Bin Ladens oder „fünfte Kolonne“ der Terroristen diffamiert zu werden.

Die rechten Kräfte in den USA wie auch in Deutschland nutzen diese historische Chance, indem sie „mit den echten Gefühlen des Schocks und Zweifels ihr Spiel treiben, um reaktionäres Verhalten aufzustacheln und die Kräfte der Repression zu stärken“, wie es das International Action Center in New York formulierte.

Innenminister Otto Schily bezeichnet neuerdings „Datenschutz als Terroristenschutz“ und fordert die Erweiterung des „Terrorismusparagraphen“ 129a, die speziell ausländische Menschen und Organisationen ausleuchten soll. Schily kündigt des Weiteren an, alle Zuwandererlnnen vom Verfassungsschutz auf ihre Treue zur freiheitlich demokratischen Grundordnung überprüfen zu lassen. Der „große Lauschangriff“ wird noch mal nachgerüstet und die Bundeswehr wird nach der Grundgesetzänderung im Inneren wie auch weltweit zur „Terroristen-Fahndung“ und vermutlich „Liquidierung“ eingesetzt. Ideologisches Sperrfeuer für die feineren Stammtische und für den Abbau jeglicher „Bürgerrechte“ verschießt die Frankfurter Allgemeine Zeitung. „Verliebt in die Erinnerung an die schönen Tage der Windstille, welche die Blockkonfrontation bescherte, wollen die Freunde eines menschenfreundlichen Linksliberalismus nicht wahr haben, dass Situationen denkbar und wahrscheinlich sind, in denen Demokratien gezwungen sein können, die Grenze des Zulässigen für einen Moment zu überschreiten. (...) Im Namen ihrer Zivilreligion nehmen sie die Bedrohung der offenen Gesellschaft durch deren Feinde nicht ernst genug und werden im äußersten Fall zur fünften Kolonne der Attentäter, die sich wie Fische im Wasser der Toleranz bewegen können“ (FAZ, 17. September 2001). Welches unter anderem die Konsequenzen sein könnten, formulieren so genannte Sicherheitsfachleute in den USA. Anstatt „Terroristen einzufangen und in Aufsehen erregenden Gerichtsverfahren zu verurteilen“ schlagen sie vor „nicht nur die Infrastruktur der Terroristen zu zerstören, sondern diese auch ohne Aufsehen, zu töten“. (FAZ, 17. September 2001).

In Anbetracht der allgemeinen Scharfmacherei finden mahnende Stimmen nur wenig Beachtung: Die Ursachen von Hass und Gewalt sollten angegangen werden und Sicherheit dürfe nicht auf Kosten der Freiheit durchgesetzt werden. Erinnert wird auch an die Verantwortung der „zivilisierten Welt“ – insbesondere der USA – für Hunger, Elend und Kriege auf allen Kontinenten und dass es zum Beispiel keinen Aufschrei des Entsetzens gab, als die USA 1991 Irak bombardierte und über 100 000 Menschen, darunter zahlreiche Zivilisten, getötet wurden. Auch keinen Aufschrei aus der so genannten „zivilisierten Welt“ gab es, als vor zwei Jahren Städte und Dörfer in Jugoslawien über 78 Tage bombardiert wurden und über 2000 getötete Zivilisten zu beklagen waren. Es gab in beiden Fällen keinen Aufschrei, wie es auch in den westlichen Medien keine Bilder der Opfer dieser entsetzlichen Aggressionen zu sehen gab. Keine Bilder – kein Entsetzen!


„Wer nicht mit uns ist, ist gegen uns“

Die derzeitig geplanten militärischen Aktionen sollen erst einmal Stärke beweisen und treffen, egal wo und wer die Opfer sind – ein Hinweis auf islamischen Fundamentalismus wird als Rechtfertigung ausreichen. Die verantwortlichen Kreise in den USA werden sich – so wenig wie für die Kriege der Vergangenheit – vor keinem internationalen Gerichtshof für den verbreiteten Terror zu rechtfertigen haben, im Gegenteil, sie erhalten die volle Unterstützung ihrer Nato-Bündnispartner. Dieser Sturm wird weiteren Zorn ernten und die Spirale der Gewalt beschleunigen. Im Fadenkreuz des angekündigten „Feldzugs“ stehen alle Staaten, die sich der Kooperation mit den USA verweigern. Wer sich nicht fügt, steht unter Terrorismusverdacht und wird zum Feind der „freien Welt“ erklärt. Zielgebiete sind die nordafrikanischen Staaten, vor allem aber der nahe und mittlere Osten sowie Zentralasien, eine Region, die seit dem Zusammenbruch der Sowjetunion zunehmend das Interesse der USA geweckt hat.

Auf Grund der Interessensgegensätze unter anderem mit Russland oder zwischen Pakistan und Indien existieren bereits enorme Konfliktpotentiale in dieser Region. Die Folgen eines von den USA provozierten Krieges sind unabsehbar, die Ziele liegen allerdings auf der Hand.

Ein Jahr nach dem Krieg gegen Jugoslawien trafen sich auf Einladung des US-Außenministeriums und der Denkfabrik der republikanischen Partei, dem American Enterprise Institute, höchstrangige amerikanische Repräsentanten in Bratislava, um über ihre Strategie zum Balkan zu debattieren. Der CDU-Bundestagsabgeordnete WiIIy Wimmer nahm an diesem Treffen teil und fasst die Ergebnisse zusammen: „Da wurde in aller Klarheit gesagt: Der Grund, warum wir auf den Balkan gegangen sind, liegt in den Versäumnissen des Zweiten Weltkriegs, als Eisenhower es unterließ, dort Bodentruppen zu stationieren. Das mussten wir unter allen Umständen nachholen. Warum? Aus den Gründen, die immer mit der Stationierung von Bodentruppen verbunden sind, nämlich Kontrolle über eine Region zu bekommen. Das lässt sich weder von Flugzeugen noch von Schiffen aus machen“ (Blätter für deutsche und internationale Politik, August 2001). War da nicht mal etwas von humanitärer Katastrophe geredet worden, hatte Fischer nicht das Verhindern eines zweiten Auschwitz angemahnt? Das Geschwätz von Gestern ist offensichtlich vergessen. Beweise für die zahlreichen Lügen und der bewussten Irreführung der Öffentlichkeit werden von Fischer, Scharping und Schröder brüsk zurückgewiesen. Diese Erfahrungen sollten uns umso vorsichtiger sein lassen, wenn es jetzt gegen den „internationalen Terrorismus“ gehen soll. Bislang gibt es keinerlei Be-weismittel für die Existenz eines „terroristischen Netzwerks“, was es gibt sind lediglich Aussagen von Geheimdiensten und so genannten „Terrorismusexperten“.


Wenn nötig mit, wenn möglich ohne Nato!

Ein Krieg in Zentralasien bedeutet nach den imperialistischen Kriegen gegen Irak und Jugoslawien, eine weitere imperialistische Aggression der USA. Es geht um politisch-ökonomische und militärische Kontrolle, um den Zugang zu den Öl- und Gasvorkommen des Kaspischen Meeres und letztlich um die „neue Weltordnung“, des westlich dominierten Kapitalismus.

Die USA glauben nach den Anschlägen vom 11. September freie Hand in Zentralasien zu haben. Sie planen ihren „Rachefeldzug“ unter weitgehendem Ausschluss der Nato-Partner, denen sie ihre Aufgaben und Rollen zuweist: „Verfügbarkeit von Luftraum für Überflüge, von Luftstützpunkten und Häfen, eventuell Nachschubleistungen und Sicherungsdienste könnten Washington schon genügen“, wie die FAZ am 17. September 2001 vermerkt.

Wir sollten nicht wieder abwarten, bis uns in einigen Jahren vielleicht ein Herr Wimmer die Beweggründe der USA erklärt: Der Grund warum wir, die USA, nach Afghanistan gegangen sind, war nicht der internationale Terrorismus. Wir mussten dort Bodentruppen stationieren, um die Region zu kontrollieren und den sicheren Zugang zu den Ölvorkommen des Kaspischen Meeres zu gewährleisten.

Die Ursachen von Anschlägen wie in New York zu bekämpfen, bedeutet den Kampf gegen Imperialismus, neue Weltordnung, Unterdrückung und Elend.

Lassen wir uns nicht zum Krieg aufhetzen! Widerstand dem Krieg: zu jeder Zeit und überall!

Tag X: wenn USA/Nato zuschlagen – 18 Uhr Alexanderplatz

 20. September 2001