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Was soll die Bundeswehr in Afghanistan?
Antifaschistische Linke Berlin, Antifaschistische Revolutionäre Aktion Berlin, Bündnis für die Einstellung der §129(a)-Verfahren und Libertad! Berlin  28. August 2007


Was soll die Bundeswehr in Afghanistan?

Die Bundesregierung sieht in ihrem „Afghanistan-Engagement“ eine Chance, Deutschland als globalen Akteur zu etablieren. Denn das Land ist von enormer strategischer Bedeutung gegenüber dem Nahen Osten, Russland und China. So ist von hier aus die Kontrolle über die Öl- und Gasfelder am Persischen Golf und in Zentralasien möglich.

Die Besatzung dauert inzwischen bereits sieben Jahre an. Die Bundeswehr ist daran mit ca. 3.500 Soldaten beteiligt. Dieses Kontingent soll um mindestens 1.000 Soldaten aufgestockt werden. Eine schnelle Eingreiftruppe, die sogenannte Quick Reaction Force, ist im Norden Afghanistans im Einsatz.

Das Ergebnis von mehreren Jahren Krieg ist ein zerstörtes Land, in dem Armut, Hunger und Kriminalität ein unerträgliches Ausmaß erreicht haben. Mindestens 80.000 Menschen wurden durch die Kämpfe im Süden Afghanistans aus ihren Häusern vertrieben. Bei Bombardierungen und Schießereien sterben täglich Zivilisten.

Die zunehmende Armut zwingt die Menschen, ihre Kinder arbeiten zu lassen. 61 Prozent der Bevölkerung sind chronisch unterernährt und 68 Prozent haben keinen Zugang zu Trinkwasser. Nur eine kleine wohlhabene Schicht profitiert von der Besatzung. Die „Aufstandsbekämpfung“ ist zentrales Ziel der Besatzungstruppen. Denn die Regierung des im Jahr 2001 in Bonn zum Präsidenten ernannten Hamid Karzai kontrolliert gerade mal 30 Prozent des Landes. Die Mehrheit der Afghanen lehnt diese Regierung ab. Unter Karzai herrschen die gleichen War-Lords, unter denen die Menschen bereits in der Vergangenheit zu leiden hatten. Viel Wert wird daher auf eine „zivil-militärische Zusammenarbeit“ gelegt.

Wiederaufbau, Polizeiausbildung, Öffentlichkeitsarbeit und „Bekämpfung des Terrorismus“ werden von Teams aus Zivilisten und Soldaten gemeinsam verfolgt. Diese Kooperation bedeutet jedoch keine Stärkung „ziviler“ Lösungen, sondern deren Instrumentalisierung für militärische Ziele.

So ist es kein Wunder, dass der Widerstand gegen die Besatzung zunimmt. Auch wenn die westlichen Medien das Bild prägen, allein die reaktionären Taliban seien daran beteiligt, setzt sich der Widerstand aus unterschiedlichen Gruppen zusammen. Diese sind teils islamistisch, teils nationalistisch oder auch demokratisch geprägt. Marginal existieren auch linke afghanische Organisationen. Sie arbeiten unter schwierigsten Bedingungen sowohl gegen die Besatzung als auch gegen islamische Fundamentalisten.

Doch ohne Frage sind die radikal-islamischen Organisationen, die für ihre brutale Unterdrückung der Frauen bekannt sind, die einflussreichere Kraft. Allerdings war ihre Politik in den 1980er und 1990er Jahren kein Grund, sie als Verbündete gegen die von der Sowjetunion unterstützte säkulare Regierung Najibullahs zurückzuweisen. Im Gegenteil, sie wurden mit westlicher Hilfe ausgebildet und unterstützt. Der Krieg hat solche Organisationen eher stärker gemacht als sie zu schwächen.


Für eine bessere Welt?

Die Nato (North Atlantic Treaty Organization) nimmt heute in Afghanistan die entscheidende Rolle ein, da sie das Kommando über die ISAF-Truppen innehat.

Offiziell wird der Krieg zur Herstellung von Stabilität und Sicherheit, für Demokratie und Menschenrechte und gegen den Terrorismus geführt. Die Heuchelei solcher Begründungen wird deutlich, wenn man sich zum Beispiel die gute Zusammenarbeit der westlichen Regierungen mit der Regierung Ägyptens oder dem saudi-arabischen Königshaus ansieht.

Ehemalige Partner wie Saddam Hussein im Krieg gegen den Iran können schnell zu Erzfeinden erklärt werden, wenn sie sich nicht mehr den Interessen der USA oder EU unterwerfen. Solange sie aber im Sinne dieser Staaten handeln, werden sie mit Waffen, Geld und Logistik unterstützt. Tatsächlich geht es in all diesen Kriegen um die politische und militärische Vormachtstellung der führenden kapitalistischen Länder in wichtigen Regionen, zu denen Afghanistan oder der Irak ohne Frage zählen.

Die kapitalistische Wirtschaft ist in hohem Maße von knapper werdenden Rohstoffen abhängig. Gerade über den wichtigen Energieträger Erdöl verfügen die Industrienationen größtenteils nicht selbst, weshalb sie auf die weltweiten Vorkommen angewiesen sind.

Kriege werden auch künftig im globalen Kapitalismus keine Ausnahme, sondern die Regel darstellen. Sie sind untrennbar verbunden mit einer Ökonomie, die auf der gewaltsamen Konkurrenz von Nationen, Unternehmen und Individuen beruht.

Kein Wunder also, dass auch ein großer Teil der „Hilfsgelder“ im Zusammenhang mit Interventionen an ausländische Unternehmen vergeben werden, die den Aufbau einer Infrastruktur allein an den strategischen Bedürfnissen der Nato orientieren.


Wessen Interessen, wessen Welt?

Im „Weißbuch“ der Bundeswehr von 2006, das deren Aufgaben formuliert, werden die Interessen der BRD so dargestellt: „Deutschland, dessen wirtschaftlicher Wohlstand vom Zugang zu Rohstoffen, Waren und Ideen abhängt, hat ein elementares Interesse an einem friedlichen Wettbewerb der Gedanken, an einem offenen Welthandelssystem und freien Transportwegen“.

Störungen dieser Waren- und Rohstoffströme sollen hingegen verhindert werden – wenn nötig auch mit militärischen Mitteln. Das wirtschaftliche System soll geschützt werden. Sicherheit und Stabilität beziehen sich somit in erster Linie auf den reibungslosen Warenaustausch und die ungehinderte Warenproduktion. Doch eben diese kapitalistische Wirtschaftsordnung ist der Grund für die Unsicherheit und Misere großer Teile der Weltbevölkerung. Sie beruht auf Ausbeutung, Konkurrenz und Besitz der Produktionsmittel durch eine Minderheit.

Das Leben der Menschen und ihre Bedürfnisse spielen in dieser Produktionsweise eine Nebenrolle – der Einzelne zählt entweder als zahlungskräftiger Kunde oder nur als möglichst billige Arbeitskraft. Wenn der Profit das Ziel ist, müssen Sozialleistungen abgebaut, Arbeitsbedingungen verschlechtert, Löhne gesenkt und Armut hergestellt werden. Die auch hier immer schlechtere soziale Situation ist nicht zu trennen vom weltweiten Kriegszustand.


Bundeswehr vor der Haustür?

Während deutsche Herrschaftsinteressen zunehmend mit militärischen Mitteln durch Einsätze der Bundeswehr im Ausland durchgesetzt werden, vollzieht sich auch eine schleichende Militarisierung des Alltags hier in Deutschland.

Schon während des G8-Gipfels in Heiligendamm wurde die Bundeswehr herangezogen. Von der Bereitstellung des Mückenschutzmittels bis hin zu Aufklärungsmissionen durch Tornados reichte der Aufgabenbereich. Zivil-Militärische Zusammenarbeit zeigte sich in unterschiedlichsten Bereichen. So wurden Landeskommandos in den Hauptstädten der 16 Bundesländer installiert.

Auch der Katastrophenschutz wurde in den letzten Jahren anstelle von zivilen Akteuren immer stärker vom Militär übernommen. Dabei soll für eine stärkere Akzeptanz für die „neuen Aufgaben“ der Bundeswehr geworben werden.

Denn es bleibt längst nicht mehr beim Katastrophenschutz. Die Entwicklung läuft auf eine zunehmende Aufweichung der Trennung der Aufgaben von Polizei und Militär hinaus. Gleichzeitig setzt die Bundeswehr verstärkt auf Präsenz im öffentlichen Raum, wie z.B. in Schulen, an Universitäten oder auf Messen.

Ein positives Image gilt es zu pflegen, um in der Bevölkerung anerkannt zu werden und Soldaten anzuwerben. Auch die Medien sollen ihren Teil dafür leisten, wenn es beispielsweise darum geht, ein Gelöbnis vor dem Berliner Reichstag in Szene zu setzen.

In Arbeitsämtern und anderen öffentlichen Einrichtungen veranstalten die Militärs unterdessen gezielte Werbeveranstaltungen. Zudem gibt die Bundeswehr kostenlose Materialien heraus, die im Unterricht unter Oberschülern eingesetzt werden. Regelmäßig organisiert die Bundeswehr in vielen Städten sogenannte Karriere-Treffs, um sich als attraktiver Arbeitgeber zu präsentieren.

Mit all diesen Aktivitäten soll nicht nur die Unterstützung für weitere Auslandseinsätze gewonnen werden. Sondern es geht auch um eine Zustimmung der Bevölkerung zu einem verstärkten Engagement im Innern.


Kriegsgerät interessiert uns brennend!

Gegen die Militarisierung der Außen- und Innenpolitik hat es bereits verschiedenste Aktionen gegeben. So wurde es zum Beispiel der Bundeswehr in Berlin unmöglich gemacht, ihre Werbemaßnahmen in Arbeitsagenturen ungestört durchzuführen.

Auch bei den Anti-G8-Aktivitäten im letzten Jahr wurde an einem Aktionstag auf Militarisierung und Krieg eingegangen. Am 24. September beginnt wahrscheinlich vor dem Berliner Kammergericht ein Prozess gegen Oliver, Axel und Florian.

Angeklagt sind sie wegen Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung nach § 129 StGB. Ihnen wird vorgeworfen, den Versuch unternommen zu haben, Bundeswehrfahrzeuge in Brandenburg/Havel in Brand zu setzen. Im Zuge der Ermittlungen – anfangs wegen Bildung einer terroristischen Vereinigung nach § 129 a – wurde ein erheblicher Teil linker Strukturen in Berlin und bundesweit von den Sicherheitsbehörden ausgespäht. Das Zerstören von Kriegsgerät ist eine Form der Abrüstung, die angesichts verstärkter mörderischer Auslandseinsätze angemessen ist. Den von Repression Betroffenen gilt unsere Solidarität, denn nur gemeinsam können wir uns dem Militär- und Repressionsapparat entgegenstellen.

Kein Friede mit der Nato!
Bundeswehr wegtreten!

Einstellung der § 129 (a)-Verfahren – sofort! Kommt zum antikapitalistischen Block auf der Anti-Kriegs-Demonstration 20. September 2008 | 12 Uhr | Brandenburger Tor ... und nächstes Frühjahr auf nach Straßburg/Kehl … 60 Jahre Nato – Kein Grund zum Feiern!



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 28. August 2007