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Gegen Aufrüstung, Krieg und die Strategen der globalen Ausplünderung
Gegeninformationsbüro
15. Juni 2006
Broschüren-Beitrag vom Gegeninformationsbüro für
die AnwohnerInnen des diesjährigen G8-Camps
Blühende Landschaften, wachsende Industrien, Wohlstand für alle – das
waren die Versprechungen der westdeutschen Politik, um sich möglichst reibungslos
die „neuen fünf Länder“ einzuverleiben. Die Realität
des Großteils der Bevölkerung sieht heute ganz anders aus. Mit rund
20 Prozent liegt Mecklenburg-Vorpommern im Bundesdurchschnitt ganz vorn in der
Arbeitslosenstatistik, wobei fast die Hälfte der Erwerbslosen als „langzeitarbeitslos“ abqualifiziert
wird. Was ebenfalls versprochen wurde, waren Freiheit und Demokratie. Doch was
bedeutet eine proklamierte Freiheit, die an den Grenzen der spärlich gefüllten
Geldbörse endet und was nutzt eine Demokratie, deren politischen Vertreter
jeglicher Couleur sich einig sind, dass es zur herrschenden Politik keine Alternative
gäbe: Wir müssen den Gürtel enger schnallen! Wir müssen dieses
oder jenes kommunale Unternehmen verkloppen, weil das Haushaltsloch uns dazu
zwingt?
Die gleiche Freiheit und Demokratie wird den Menschen aus den Beitrittsländern
zur EU versprochen und auch den Menschen auf dem afrikanischen Kontinent, dem
die Aufmerksamkeit des letzt jährigen G8-Gipfels in Gleneagles/Schottland
galt. Versprochen wurden und werden diese Werte auch den Menschen in Sudan, Jugoslawien,
Afghanistan, Irak und aktuell in der Republik Kongo und Iran, denen notfalls
mit Bomben die „westlichen Werte“ beigebracht werden sollen. Es sind
die gleichen hohlen Versprechungen, die gleichen Phrasen im globalen Maßstab – in
der Geschichtsschreibung wird diese Form der Politik mit den Begriffen Kolonialismus
und Imperialismus beschrieben.
Die obersten Prediger der Heilslehre von Freiheit und Demokratie werden sich
nächstes Jahr zum G8-Treffen in Mecklenburg-Vorpommern versammeln und Deutschland
ist als eine der führenden Wirtschaftsmächte Schrittmacher der Ausplünderung
der globalen menschlichen und natürlichen Ressourcen.
Der Weg zur Weltmacht führt über die EU
Unter der Beteiligung der Bundesrepublik Deutschland fand 1975 das erste Gipfeltreffen
der führenden westlichen Wirtschaftsmächte in Rambouillet statt, damals
noch als G6-Treffen. Spielte die BRD über Jahre in erster Linie die Rolle
des Bollwerks am eisernen Vorhang, so veränderte sich die Situation nach
1989 ganz grundsätzlich.
Deutschland solle nun wieder Verantwortung in der Welt übernehmen, hieß es
unter Kanzler Kohl. Um dieser Verantwortung gerecht zu werden, mussten auch die
militärischen Mittel zur Verfügung gestellt werden. Nach dem Motto: „Eine
Diplomatie ohne Schwert, ist eine Diplomatie ohne Wert“, wie es der CDU-Abgeordnete
Rudolf Seiters im Februar 1998 formulierte, begann bereits Anfang der 90er Jahre
der Umbau der Bundeswehr von der so genannten Verteidigungsarmee zur Interventionsarmee.
Die Bundeswehr ist – und ehemalige Bürger der DDR wissen das
besser als viele Bürger der früheren BRD – von ihrer Konzeption
und Einsatzplanungen her nie eine Verteidigungsarmee gewesen. Aber um weltweit
Einsatz fähig zu werden, musste sie neu strukturiert und neu ausgerüstet
werden. Die bedeutendsten militärischen Großprojekte, die Milliarden
Euro verschlingen, sind Bestandteile, um Deutschlands Position in der Welt neu
zu bestimmen: Als Führungsmacht innerhalb der Europäischen Union und
mit dieser als angehende Weltmacht. Genannt seien nur: Eurofighter, Aufklärungssystem „SAR-Lupe“,
Militär-Airbus „A400M“, Kampfhubschrauber „Tiger“,
Luftabwehrsystem „MEADS“, U-Boote der Klasse 212A, Fregatten der „Klasse
124“, Satellitenleitsystem „Galileo“ ...
Deutschland führt wieder Krieg
Die erste Feuertaufe des vereinigten Deutschland war der Krieg gegen Jugoslawien.
Aber es handelte sich bei dem völkerrechtswidrigen Krieg und der Vorbereitung
dazu nicht nur um eine militärische Feuertaufe, sondern auch um die Erprobung
geheimdienstlicher und nichtmilitärischer Fähigkeiten. Unter dem früheren
BND-Geheimdienstchef Kinkel, der von 1992 bis 1998 Außenminister war, begann
schon frühzeitig die Vorbereitung zur Zerschlagung des Jugoslawischen Staates.
Kontakte zu Kosovo-Albanischen Parteien und Separatisten aber auch zu den führenden
Persönlichkeiten Kroatiens und Bosniens waren eine Seite des schmutzigen
Krieges, eine andere waren die Lieferungen militärischen Gerätes, unter
anderem aus alten Beständen der NVA.
Zu den Kriegsvorbereitungen zählte ebenfalls die mediale Inszenierung und
Einstimmung der Bevölkerung auf einen Krieg. Gerade in den „neuen
fünf Ländern“ war die Skepsis gegenüber einem Waffengang
mit deutscher Beteiligung unübersehbar, was auf Antikriegsaktivitäten
und Demonstrationen zum Ausdruck kam – damals noch maßgeblich
mitgetragen von einer entschieden antimilitaristisch auftretenden PDS.
Die Macht der Medien
Diese Widerstände galt es zu brechen. Eine Propagandaoffensive, die vor
keiner Lüge zurückschreckte und von der Regierungsspitze und den Redaktionsstuben
von Zeitungen, Radio- und Fernsehsendern getragen wurde. Das Massaker von Racak
oder Milosewic-Hitler-Vergleiche waren die Spitze des Eisbergs einer Kampagne
für den lange geplanten Krieg. Andere Meinungen, die Antikriegsbewegung
und der sich international formierende Widerstand gegen den Jugoslawienkrieg
wurden in weiten Teilen der Medien diskreditiert oder mit keiner Silbe erwähnt.
Dies war die „zivilgesellschaftliche Feuertaufe“, die noch nicht
perfekt funktionierte, da viele Lügen sehr schnell offenkundig wurden, aber
ihren Dienst erfüllt hatte – es war weitgehend ruhig geblieben
im Hinterland.
Doch die Medien dienen nicht nur der Förderung einer Kriegsstimmung in der
Bevölkerung. Sie dienen gleichzeitig der Verschleierung der eigentlichen
Interessen. Ost- und Südosteuropa waren nicht nur in den Denkschriften der
Großindustriellen in der Zeit vor dem ersten Weltkrieg und in der Weimarer
Republik eine der Regionen, der das besondere Interesse der wirtschaftlichen
Ausplünderung galt. Auch die Führungseliten der heutigen Großkonzerne
sehen in dieser Region strategische Ziele ihrer Expansionsbestrebungen. Deutsche
Konzerne dominieren heute große Teile der Schlüsselindustrien sowie
Dienstleistungs- und Medienmärkte in Polen ebenso wie in Tschechien, Ungarn
oder den Staaten des ehemaligen Jugoslawien. Der Krieg gegen Jugoslawien und
die Osterweiterung der EU dienten und dienen diesen Strategien.
Die Macht der Großkonzerne
Die Erschließung neuer Märkte und die Ausplünderung der dortigen
Arbeitskraft lässt die Umsätze und Gewinne der Konzerne rasant anwachsen
und ermöglicht ihnen die weitere Expansion in zu erschließende Großräume,
die geostrategisch erfasst werden.
Mit einer Vielfalt von Institutionen und Instrumenten werden die Pläne der
Großindustrie von der Politik aktiv gefördert. Dazu gehören EU-
und Bundesmittel der Entwicklungs- und Strukturhilfe, Wirtschaftsdelegationen,
Behörden wie die Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe
(BGR), die Bundesagentur für Außenwirtschaft (bfai) ...
Die innenpolitische Entsprechung erfährt diese Politik in der Auspressung
der Lohnabhängigen und dem Herunterschrauben des Lebensniveaus derer, die
von staatlichen Leistungen abhängig sind, seien es RentnerInnen, MigrantInnen,
Behinderte oder Obdachlose.
Zur Begründung werden immer wieder die gleichen Argumente angeführt:
Wir haben über unsere Verhältnisse gelebt, die Haushaltskassen sind
leer, das Boot ist voll, Schmarotzer und Sozialmissbrauch.
Kampagnenartig agieren auch hier die Medien im Einklang mit politischen Vorgaben
im Interesse der Industrie. Einmal ist es die „Flut von Ausländern“,
die unseren Wohlstand bedroht, dann sind es die „Hartz-IV-Betrüger“ und
morgen vielleicht die unabhängigen Linken und KommunistInnen, die das Vaterland
verraten, wenn sie gegen Krieg und Ausbeutung und die Pläne der G8-Staaten
auf die Straße gehen.
Expansion nach innen
Die Unterdrückung beginnt vor und hinter der eigenen Haustür. Widerstand
wird polizeilich verfolgt, Hartz-IV-Betroffenen werden die Schnüffler ins
Haus geschickt und sie dürfen ihre Heimatorte nicht ohne Zustimmung der
Jobcenter verlassen – eine Einschränkung der Menschenrechte,
wie sie bisher lediglich MigrantInnen erleiden mussten. Die Unterdrückten
und Lohnabhängigen, die noch in Beschäftigung sind, werden immer wieder
gegeneinander ausgespielt. Eigentliche Ursachen werden kaschiert oder zu Randnotizen.
Auch diese Entwicklungen gehen auf die Machtfülle der Konzerne zurück.
Seit der großen Steuerreform, die unter der rot-grünen Regierung seit
2001 ihre Wirkung entfalten konnte, geht es den Konzernen und Finanzdienstleistern
besser als je zuvor. Die DAX-Unternehmen, zu denen unter anderem Siemens, Daimler,
RWE, E.ON, Deutsche Bank und Allianz gehören, fahren gigantische Gewinne
ein, zahlen kaum noch Steuern und entlassen Jahr für Jahr Tausende von Beschäftigten.
Doch nicht nur das. Gleichzeitig eignen sie sich kommunale Unternehmen an, die
bislang als soziale Infrastruktur auch für Einkommensschwache zugänglich
waren. Schauen Sie in die Kommunen! Wo werden nicht Wasserbetriebe, Wohnungsbaugesellschaften, Öffentlicher
Nahverkehr, Stadtwerke oder die Krankenhäuser an privates Kapital verhökert?
Sie werden kaum noch Kommunen finden, wo nicht zumindest darüber in den
Rathäusern debattiert wird. Dies ist die Entsprechung der oben beschriebenen
Expansion nach außen – dies ist die Expansion nach innen. Jedes
Gut wird zur Ware, und immer mehr Menschen auch in dem reichen Deutschland können
sich Waren der Grundsicherung einfach nicht mehr leisten.
Gegen nationale Interessen!
Dieser Politik gilt es Einhalt zu gebieten und zwar auf kommunaler Ebene, auf
Landesebene, im nationalen Raum aber vor allem auch international. Internationale
Solidarität gegen Rassismus, Chauvinismus und nationale Einfalt. Dieses
Motto muss Programm sein, im Sinne internationaler Verständigung und Freundschaft
und gemeinsamer Kämpfe, die auf nationaler Ebene nur noch beschränkte
Wirkung entfalten können.
Denn international agierende Konzerne brauchen zur Durchsetzung ihrer Profitinteressen
eine national gesinnte Bevölkerung. Sonst lassen sich keine Kriege führen
und sonst lassen sich die Menschen auch nicht an nationalen Grenzen gegeneinander
ausspielen und sonst lassen sich Menschen auch nicht auspressen wie die Zitronen,
wenn es nicht ein übergeordnetes Ziel gibt – nämlich ein
so genanntes „nationales Interesse“.
Für internationale Solidarität!
Deshalb sind wir hier in Mecklenburg-Vorpommern und deshalb kommen wir mit starker
internationaler Unterstützung im nächsten Jahr wieder. Nämlich
dann, wenn in Heiligendamm die Führungen der G8-Staaten hinter Zäunen
und Mauern tagen werden.
Wir werden diese Herrschaften daran hindern, ungestört ihre Treffen abzuhalten.
Denn was bei diesen Treffen geplant wird, sind die Strategien der forcierten
globalen Ausplünderung der Menschen, der natürlichen Ressourcen und
der Umwelt. Ausgehandelt werden die Herrschaftsräume der regionalen und
der Weltmächte, sowie die Ausmerzung jeglichen Widerstands, der sich gegen
die vielfältigen Unterdrückungsmechanismen wendet. Zu den Mitteln,
die von den Herrschenden dafür gebraucht werden, gehört der Krieg.
Deshalb sagen wir:
Gegen G8, Krieg, Imperialismus und Ausbeutung
Hoch die internationale Solidarität!
Gegeninformationsbüro Berlin |
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