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Monitor-Interview mit Arundhati Roy
Monitor 6. Mai 2004


Interview mit der indischen Bestseller-Autorin und Globalisierungsgegnerin Arundhati Roy zu den Foltervorwürfen im Irak

Sonia Mikich: „George W. Bush, sein Verteidigungsminister, die US-Army sollen nie wieder von Demokratie und Freiheit sprechen, wenn sie den Krieg im Irak begründen. Westliche Werte sind zerbrochen worden, so wie die Menschen in den Folterzellen. Wie das auch außerhalb der arabischen Welt ankommt, erklärt die indische Bestseller-Autorin und berühmte Globalisierungskritikerin Arundhati Roy, so etwas wie die Stimme der Dritten Welt. Armin Paul Hampel hat sie für Monitor befragt.“

Arundhati Roy: „Im Fernsehen habe ich Iraker gesehen, wie sie diese Folterbilder betrachteten. Es war so gespenstisch, denn die Menschen zeigten absolut keine Regung, da war einfach nur eine große Stille als Reaktion auf diese äußerste Erniedrigung. Man erstarrte beim Zuschauen.

Die Amerikaner müssen jetzt so schnell wie möglich den Irak verlassen, sie müssen gehen. Und zwar ganz. Kein Alibirückzug, keine Nebelkerzen, nicht etwa, dass indische oder andere Truppen ihren Dreck wegräumen müssen, während sie weiterhin die wichtigsten Rohstoffe des Irak kontrollieren und so das Land an sich reißen. Denn sonst würden sie den Irak weiterhin kontrollieren wie mit einer Fernbedienung, während andere die Drecksarbeit machen.

Die Forderung kann nur heißen: vollständiger Rückzug. Die Iraker müssen selbst über ihr Land bestimmen und eine Demokratie entwickeln. Die kann nicht befohlen, oder einfach so zubereitet werden wie eine Fertigsuppe. Pulver in kochendes Wasser und fertig. Das alles braucht Zeit, und der Prozess muss jetzt unverzüglich beginnen.

Die gegenwärtigen Ereignisse sind schrecklich. Aber es gibt jetzt wenigstens eine schreckliche Klarheit, die Fakten liegen auf dem Tisch. Es ist Zeit, klar Positionen zu beziehen. Sie können nicht länger hin- und herlavieren. Sie müssen wählen, der eine Weg führt in den Abgrund, der andere zu einem wenigstens etwas angenehmeren Zustand. Nicht gerade ins Paradies, aber dahin, wo es eine Zukunft gibt.“
 6. Mai 2004