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Flyer zum Aktionstag asls PDF
Lügen haben Scharpings Beine
Aktionsbündnis zum Jahrestag des völkerrechtswidrigen Angriffskriegs der Nato gegen Jugoslawien 24. März 2001


Um den Krieg gegen Jugoslawien vor der Bevölkerung zu legitimieren, scheute sich die rot-grüne Bundesregierung in keinem Moment infame Lügen zu verbreiten. Scharpings jüngste Lüge bezüglich des Krieges gegen Jugoslawien betrifft den Einsatz uranhaltiger Munition.

Das Verschweigen der Langzeitfolgen der hochbrisanten Munition, die in Jugoslawien wie auch schon gegen Irak eingesetzt wurde, sind das aktuelle Beispiel der auf Lügen beruhenden Politik der westlichen Werteallianz. Entgegen wissenschaftlich fundierten Untersuchungen, beharren die Kriegstreiber auf ihrer Position der völligen Unbedenklichkeit dieser Waffentechnologie. Als einer der vehementesten Vertreter der Verschleierung und Verharmlosung tritt hierzulande ein weiteres Mal Verteidigungsminister Scharping auf den Plan. Das tatsächliche Gefahrenpotential für die Zivilbevölkerung und auch die Soldaten wird von Scharping mit den Worten „geringe Gefährdung“ auf das Gröbste heruntergespielt. Es ist zu befürchten, dass den Menschen in großen Teilen des früheren Jugoslawien ähnliche Grausamkeiten bevorstehen wie der irakischen Bevölkerung: starke Zunahme von Leukämie und anderen Krebsarten, Fehl- und Missbildungen bei Neugeborenen, Verminderung der Infektresistenz bei Kindern, Verseuchung der Umwelt etc.

Vor zwei Jahren, am 24. März 1999, begann die Nato mit dem völkerrechtswidrigen Angriffskrieg gegen Jugoslawien. Mit dem Segen der Bundestagsmehrheit, der alten Kohl- und der neuen Schröder-Fischer-Regierung – aber entgegen dem Grundgesetz, das den Einsatz der Bundeswehr ausschließlich zum Zweck der Landesverteidigung vorsieht – beteiligten sich erstmals seit der Niederschlagung Nazi-Deutschlands wieder deutsche Soldaten an einem Angriffskrieg gegen einen souveränen Staat. Unter dem militärischen Druck, den nach jugoslawischen Angaben 3000 zivilen Todesopfern und den Zerstörungen, die die Luftangriffe der Nato-Bomber hauptsächlich an der zivilen Infrastruktur des Landes hinterlassen haben, stimmte die Regierung in Belgrad einem Abkommen zu, das die vorübergehende Besetzung der Provinz Kosovo durch Nato-Truppen beinhaltete. Seitdem unterhält die Nato im Kosovo ein Protektorat, in dem die staatliche Kontrolle und Gesetzmäßigkeit Jugoslawiens aufgehoben und die D-Mark offizielles Zahlungsmittel ist. Hier regiert die Nato. Unter ihrem Schutz kann die offiziell aufgelöste und demobilisierte UCK (Front zur Befreiung des Kosovo) weiter agieren. Seit dem Ende des Krieges betreibt die UCK eine auf Terror beruhende Mord- und Vertreibungspolitik gegen albanische „Kollaborateure“, Serben, Juden, Sinti, Roma und Türken. Ihrem Schwur entsprechend, nämlich für die Befreiung und Vereinigung der „besetzten albanischen Erde“ (Großalbanien) zu kämpfen, gibt sich die albanische „Befreiungsbewegung“ mit der „Albanisierung“ des Kosovo nicht zufrieden. Eine Ausweitung des Krieges auf Südserbien und Mazedonien ist die Konsequenz.

Zynischerweise schicken der deutsche Außenminister Fischer und die Nato die jugoslawische Armee vor, um dem Terror der rechtsextremen albanischen Bewegung Einhalt zu gebieten – so schnell verändern sich die Feindbilder, und aus früheren Kampfgefährten werden terroristische Verbrecherbanden.


Zur Erinnerung

Außenminister Fischer umriss am 15. April 1999 vor dem deutschen Bundestag die Ziele des Krieges gegen Jugoslawien: „Das Europa der Demokratie kann diese rohe Form des Faschismus nicht akzeptieren. (...) Wir brauchen eine robuste internationale Friedenstruppe mit einem klaren Auftrag, um diese Menschen in einem friedlichen, multiethnischen Kosovo tatsächlich zu schützen. (...) Wenn Sie nicht wollen, dass die nächste blutige Runde in Montenegro, in Mazedonien stattfindet, dann muss im südlichen Balkan die Logik des Krieges gebrochen werden.“
Tatsächlich wurde mit der Nato-Intervention die Logik des Krieges weiter angeheizt und an der Heimatfront mit dummdreisten und infamen Lügen legitimiert.
Die Lügen der Regierung und ihre Verbreitung durch die Mehrzahl der Medien waren jedoch eine der Voraussetzungen, um die Bevölkerung für eine deutsche Kriegsbeteiligung wenn schon nicht zu begeistern, so doch von massivem Widerstand abzuhalten.
Die angeblichen Massaker von Rugovo und Racak, das angebliche Konzentrationslager im Stadion von Pristina und der frei erfundene „Hufeisenplan“ sind nur einige der immer wieder verbreiteten Ungeheuerlichkeiten aus den Ministerien von Fischer und Scharping. Den absoluten Höhepunkt der Propaganda stellte die Behauptung dar, es gelte in Jugoslawien ein neues Auschwitz zu verhindern. Die Verbrechen der deutschen Wehrmacht und seiner Verbündeten im II. Weltkrieg sollen vergessen gemacht werden.

Der Auschwitz-Vergleich entspricht nicht nur der Relativierung der deutschen Vergangenheit, wie sie Jung- und Altnazis betreiben, sondern ist ein Schlag in das Gesicht der Überlebenden der industrialisierten Vernichtungspolitik des deutschen Faschismus. Die unsäglichen Debatten um die Entschädigungszahlungen und die Weigerungshaltung des deutschen Großkapitals gegenüber den ZwangsarbeiterInnen, sind Ausdruck der „Normalisierung“ Deutschlands.

Die Grünen tragen einen großen Teil der Verantwortung, einem Geschichtsbild Vorschub geleistet zu haben, welches Deutschland von seiner historischen Schuld befreit. Hilmar Kopper, Vorstandsmitglied der deutschen Bank, erklärte am 4. November 1999 im Hamburger Abendblatt:
„Wenn Sie mich vor anderthalb Jahren gefragt hätten, ob ich mir eine aktive Beteiligung der Bundesrepublik an einem Krieg auf dem Balkan unter einer rot-grünen Regierung vorstellen könnte, dann hätte ich Sie für nicht ganz gescheit gehalten. Genauso aber kam es. Und es konnte nur von einer rot-grünen Regierung kommen. Sonst hätten wir in diesem Land eine Revolution gehabt. Ähnliches gilt wohl auch für die Veränderung des Sozialstaates. Wahrscheinlich müssen die heiligen Kühe von denen geschlachtet werden, die an der Aufzucht am aktivsten beteiligt waren.“


Warum dieser Krieg und warum diese Lügen?

Es klingt paradox, aber das Ziel der Lügen war die Glaubwürdigkeit und das Ziel des Krieges war der Krieg. Es ging nicht um Humanität, sondern um brachiale Unterwerfung unter die „neue Weltordnung“. Die Glaubwürdigkeit dieser Ordnung galt es zu beweisen. Der US-Amerikanische Sprachwissenschaftler Noam Chomsky drückt es so aus:
„Was der Ausdruck „Glaubwürdigkeit“ bedeutet, kann uns jeder Mafiaboss erläutern. Wenn ein Ladenbesitzer kein Schutzgeld bezahlt, nehmen die Schläger, die ihm auf den Hals gehetzt werden, ihm nicht nur das Geld ab, sondern sie lassen ihn als zerschlagenes Wrack zurück, damit auch andere die Botschaft verstehen. Mafiabosse im Weltmaßstab gehen von genau denselben Überlegungen aus.“

Die Regierenden von Jugoslawien und Irak also Hussein und Milosevic sind die aktuellsten unbotmäßigen Ladenbesitzer, die sich den Regeln der neuen Weltordnung nicht vollständig unterordnen wollten – der Preis eines zerbombten Landes ist hoch. Das muss er in der Mafialogik aber auch sein, um eben diese Glaubwürdigkeit zu vermitteln.

Die politischen Mafiabosse plagt dennoch ein Problem: Wie erkläre ich der Bevölkerung, die die mörderischen Bombardements schließlich zu finanzieren hat, meine Ziele, ohne die wahren Beweggründe zu benennen? Die Gefahr des Kommunismus taugt nicht mehr und so wurde die von PR-Agenturen gefütterte Propaganda auf humanitäre Themen spezialisiert. Resultat dieser Kampagne sind die fortan geführten „humanitären Kriege“. Mit dieser höhnischen Wortschöpfung werden die Menschen seither konfrontiert, um die machtpolitischen Intentionen der Vertreter der „neuen Weltordnung“ zu verschleiern.
Nato-Sprecher Jamie Shea sieht das sehr klar: „Die politischen Führer spielten nun die entscheidende Rolle für die öffentliche Meinung. (...) Rudolf Scharping machte wirklich einen guten Job. Es ist ja auch nicht leicht, speziell in Deutschland, das 50 Jahre lang Verteidigung nur als Schutz des eigenen Landes gekannt hatte, statt seine Soldaten weit weg zu schicken. Psychologisch ist diese neue Definition von Sicherheitspolitik nicht einfach. Nicht nur Minister Scharping, auch Kanzler Schröder und Minister Fischer waren ein großartiges Beispiel für politische Führer, die nicht der öffentlichen Meinung hinterher rennen, sondern diese zu formen verstehen. Es stimmt mich optimistisch, dass die Deutschen das verstanden haben. (....) Wenn wir die öffentliche Meinung in Deutschland verloren hätten, dann hätten wir sie im ganzen Bündnis verloren.“ (FR: 16. Februar 2001)


Neue militärische Ausrichtung von Nato und Bundeswehr

Auf rein militärischer Ebene spiegelt sich die neue „Humanität“ des westlichen Bündnisses in der im April 1999 verabschiedeten Nato-Doktrin wieder. Mit dem neuen strategischen Konzept wandelt sich die Nato von einem Verteidigungsbündnis (was es nie war) nun auch offiziell zu einem Bündnis, das die Interessen des Westens weltweit gegebenenfalls auch militärisch und per Selbstmandatierung durchsetzt. Ein Veto des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen, welches den Krieg gegen Jugoslawien – einem Gründungsmitglied der UNO – durch die Stimmen Russlands und Chinas verhindert hätte, hat keinerlei Bedeutung mehr. Wenn möglich mit, wenn nötig ohne UNO-Mandat.

Auch Deutschland hat seine „vitalen Interessen“ neu definiert. Entsprechend der neuen Verteidigungspolitischen Richtlinien zielen diese Interessen auf die Absicherung von Rohstoffen und Ressourcen rund um die Welt. Hatte die SPD im Wahlkampf von 1998 noch definiert: „Die Bundeswehr hat die Aufgabe der Landes- und Bündnisverteidigung und kann darüber hinaus nur im Rahmen eines UNO- oder OSZE-Mandats für Friedensmissionen (...) eingesetzt werden“, so erklärt Kriegsminister Scharping ein Jahr später: „(...) nicht zuletzt als Lehre aus dem Kosovo-Konflikt (behält sich das Nato-Bündnis) das Recht vor, auch ohne explizites Mandat des VN-Sicherheitsrates tätig zu werden. (...) Dies bedeutet keine neue Rolle als „Weltpolizist“; es geht statt dessen um die Möglichkeit, ohne unzweckmäßige Begrenzungen dort zu handeln, wo die Sicherheit der Bündnisstaaten und die euro-atlantische Stabilität gefährdet sind“ (Europäische Sicherheit, 7/99). Der Vizeadmiral und Inspekteur der Marine, Hans Lüssow ergänzt: „Vergangen ist die Zeit, in der das, was in anderen oder fernen Regionen geschah, für Deutschland entweder gar nicht oder allenfalls am Rande von Bedeutung war“ (Europäische Sicherheit, 9/99). Was von Interesse sein könnte, erläutert Admiral a.D. Dieter Wellershoff, einer der Vordenker deutscher Interessenspolitik in seinem Artikel: „Die Herausforderung Komplexität – Aufgabe für die politische Klasse“. Dort heißt es u.a.: „Wir beobachten die Globalisierung in wichtigen Handlungsfeldern wie im Handel, bei den Finanzmärkten, in der Kommunikation (...). Das heißt auch, dass die Konfliktursachen sich ebenfalls weiträumig entwickeln können, dass unser Frühwarnsystem und unsere Sicherheitspolitik größere Reichweite brauchen. (....) Am Beispiel Bundeswehr bedeutet das, die langfristige Strukturplanung konsequent weiterzuführen. (...) Im Taktik-Strategie-Dilemma darf auf die Dauer nicht die Taktik (z.B. strategieferne Sparprogramme) siegen.“ (Europäische Sicherheit 12/99)

Der Umbau der Bundeswehr zur Interventionsarmee mit eigener Satellitenaufklärung, modernisierten Luft- und Seestreitkräften, strategischer Verlegefähigkeit und Krisenreaktionskräften wird durch ein strategisches Bündnis mit der deutschen Wirtschaft forciert. Die Bundeswehr konzentriert sich im Rahmen dieses Bündnisses auf ihre „militärischen Kernaufgaben“ (nämlich Kriege zu führen) – alles andere bleibt privaten Dienstleistern überlassen.

Mit dem Krieg gegen Jugoslawien haben die Nato-Staaten glaubhaft vorgeführt, dass sie bei der Durchsetzung ihrer strategischen Interessen keinerlei Rücksichten auf ökonomische und Sicherheitsinteressen anderer Staaten wie z.B. Russland nehmen. In den Gebieten westlich und südlich Russlands locken nicht nur große Absatzmärkte, hier locken insbesondere immense Rohstoffvorkommen, die Erdölfelder des kaspischen Beckens eingeschlossen. Die sogenannten „ethnischen Konflikte“ in dieser Region, könnten schon bald zu einem „humanitären Einsatz“ der Nato auffordern. General a.D. Klaus Naumann hat es bereits angekündigt: „Das machen wir beim nächsten mal besser. Denn der nächste Konflikt wird kommen.“ (Truppenpraxis, 11/1999)


Spucken wir den Generälen gemeinsam in die Suppe!
Erteilen wir den Lügen der Kriegstreiber eine Absage!
Kriegsdienste verweigern!
Der Kriegspolitik von Regierung und Rüstungskonzernen wirkungsvoll entgegentreten!
Organisiert Euch in Betrieben, Gewerkschaften und Schulen!
 24. März 2001