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Uran Geschosse: Schwergeschädigte Soldaten, missgebildete Neugeborene, sterbende Kinder
Siegwart-Horst Günther 23.
März 1999
Professor Siegwart-Horst Günther hat als Präsident des Gelben Kreuzes
International zahlreiche Hilfslieferungen für die hungernde und kranke irakische
Bevölkerung organisiert und selbst durchgeführt. Es ist indes nicht
nur sein selbstloser, der Humanität verpflichteter Einsatz, der den Arzt
und Wissenschaftler auszeichnet, sondern die – in Deutschland weitgehend
unbekannte – Tatsache, dass er einem bis dahin geheim gehaltenen amerikanischen
Kriegsverbrechen auf die Spur kam und es der internationalen Öffentlichkeit
mitteilte. In seiner Eigenschaft als Professor für Infektionskrankheiten
und Epidemiologie an der Universität Bagdad stieß der Mediziner bei
der Untersuchung seiner Kinderpatienten auf ein bislang unbekanntes Krankheitsbild.
Weitere Nachforschungen ergaben, dass diese bei Mensch und Tier zu beobachtenden,
regelmäßig zu einem qualvollen Tod führenden Krankheitssymptome
von einer neuen Waffentechnik herrühren, die bei der Zerstörung des
Irak erstmals flächendeckend zum Einsatz kam: der Verwendung von Geschoßkernen
mit abgereichertem Uran.
Professor Günther verhaftet und misshandelt:
Am 26. Juni 1995 erreichte uns telefonisch die Nachricht, dass Professor Günther
nach seiner Rückkehr aus dem Irak bereits am 22. Juni verhaftet worden war.
Wenig später erhielten wir einen handschriftlichen Kassiber, den der schwerkranke
Wissenschaftler als Hilferuf in die Außenwelt schmuggelte. Die Hintergründe
und Begleitumstände der Verhaftung sind so ungeheuerlich, dass wir an Stelle
einer weiteren Kommentierung die Dokumente selbst sprechen lassen wollen. Der
Kassiber ist auf Toilettenpapier verfasst; wir veröffentlichen es hier transkribiert
zur Dokumentation (Hervorhebung von Professor Günther):
Lieber Herr XXXXXXXXXXX,
seit meiner Eingabe an die UN-Kommision für Menschenrechte, Genf, erhalte
ich kein Briefpapier mehr.
Dürfte ich Sie bitten, den beiliegenden Bericht den Medien zu übergeben.
Erbitte um Zusendung von entsprechenden Kopien.
Mit herzlichen Grüßen
Ihr S. Günther
Zuchthaus Kiel, Zelle 217
Faeschstraße 8-12, 24114 Kiel
Prof. Dr. Dr. Sir Siegwart-Horst Günther
Präsident Gelbes Kreuz International
Wenige Tage nach der Rückkehr aus dem Irak werde ich, am 22. Juni 1995
etwa um 9 Uhr, von der deutschen Polizei verhaftet.
Zunächst werde ich nach Husum transportiert, dann in das Zuchthaus Neumünster.
Hier werden mir alle Sachen abgenommen und ich in eine Zelle gestoßen.
Die Zelle ist völlig verdreckt, es stinkt, die Toilette ist voller Fäkalien.
Hakenkreuze sind an den Wänden und Sprüche:
„Das Ausländerpack müsste man aufhängen und dann verbrennen.“
„Hängen die Türken erst am Baum, ist in Deutschland wieder
Raum.“
Ich muss vier Stunden in dieser Zelle verbringen, eine Liegemöglichkeit
besteht nicht.
Die Zelle wird geöffnet, ich werde als „elender Honecker“ bezeichnet
und soll einem Arzt vorgeführt werden.
Der Wärter ist völlig betrunken, ich lehne dies, aus Furcht vor
Gewalttätigkeiten, ab.
Ich werde in die Zelle zurückgestoßen.
Einige Zeit später werde ich, mit zwei Mithäftlingen, einer davon
aus Pakistan, der andere ein Zigeuner, in ein vergittertes Fahrzeug verbracht.
Von dem Zigeuner wird mir berichtet, dass ihm bei Nahrungsverweigerung auch
das Wasser abgestellt wurde:
„Wenn er nichts esse, brauche er auch nicht trinken“,
wurde ihm dabei gesagt. Das Wasser sei erst drei Tage später wieder angestellt
worden.
Alle Angehörigen des Zigeuners sind in einem deutschen KZ ermordet worden.
Wir werden ins Zuchthaus Kiel transportiert.
Dort angekommen werde ich mit „Du“ angesprochen, alle Sachen werden
mir abgenommen. Ich muss mich öffentlich nackt ausziehen und erhalte Anstaltskleidung
und einen Sack mit Sachen, den ich wegen meines schlechten Gesundheitszustandes
kaum tragen kann.
Ich werde von einem brutal aussehenden und auftretenden Anstaltsarzt vorgeführt.
Als ich seine Untersuchung ablehne, schlägt er brutal auf mich ein. Ein
mich begleitender Wärter versucht das nach einigen Minuten zu unterbinden,
andere Häftlinge sehen hilflos zu. Von dem deutschen Anstaltsarzt werde
ich in die Arrestzelle kommandiert.
Ähnlich wie in Neumünster ist die Zelle völlig verdreckt. Überall
liegen alte, verdreckte Kleidungsstücke herum. Ich ekele mich, habe Angst
vor Infektionskrankheiten und AIDS.
Ich bin seit dem 22. Juni 1995 Im Hungerstreik; ich will einem Richter vorgeführt
werden. Ich trinke nur noch Leitungswasser und erwarte, dass auch mir das Leitungswasser
abgestellt wird.
Am 23. Juni 1995 wird mir, in Anwesenheit eines deutschen Arztes, von zwei
Wärtern angedroht:
„Wir werden Dir eins über die Rübe schlagen, so richtig kräftig,
damit Du endlich versorgt bist.“
Der deutsche Arzt greift nicht ein.
Seit einigen Wochen fallen mir, vermutlich durch Uran-Toxizität und Radioaktivität,
die Zähne aus. Eine Kontaktaufnahme zu meinem Arzt in Husum wurde vom Zuchthaus
Kiel mehrfach abgewiesen.
Durch meine humanitären Hilfen in den jüdischen Gemeinden im Irak
werde ich in der Bundesrepublik Deutschland als „Dreckige Juden-Sau“ beschimpft.
Bei diesen Vorgängen werden wieder Erinnerungen an meine Haftzeit im
Reichssicherungshauptamt, Berlin, Prinz-Albrecht-Straße, wach, dem damaligen
Sitz der Deutschen Gestapo.
Zuchthaus Kiel, den 26. Juni 1995
Prof. Dr. Dr. Sir Siegwart-Horst Günther
Zuchthaus Kiel, Zelle 217, Faeschstr. 8-12, 24114 Kiel
Uran Geschosse: Schwergeschädigte Soldaten, missgebildete Neugeborene,
sterbende Kinder Eine Dokumentation der Folgen des Golfkrieges, 1993-1995
Uranium Projectiles: Severely Maimed Soldiers, Deformed Babies, Dying Children
Documentation of the aftermaths of the Gulf War 1993-1995
Projectiles d’uranium: Militaires gravement mutilé, nouveau-nés
difformes, enfants mourants Une documentation des suites de la guerre du Golfe,
1993-1995
Mit Geleitworten von / With prefactory notes by / Avec préfaces de
Tony Benn, Margarita Papandreou, Freimut Seidel
„Das erste Opfer auch dieses Krieges ... war die Wahrheit. Umso bemerkenswerter
ist die Dokumentation über die Folgen des Golfkrieges, weil hier die Wahrheit über
eine neue Dimension des Kriegsverbrechens dokumentiert wird“ (Antifa)
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