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1967–1977: Zur Geschichte einer Bewegung
Filmreihegruppe 21. September 2007


Kino Babylon Mitte
19. bis 28. Oktober 2007
Rosa-Luxemburg-Straße 30 | 10178 Berlin



„Wir können eine Welt gestalten, wie sie die Welt noch nie gesehen hat, eine Welt, die sich auszeichnet, keinen Krieg mehr zu kennen, keinen Hunger mehr zu haben, und zwar in der ganzen Welt. Das ist unsere geschichtliche Möglichkeit – und da aussteigen? Ich bin kein Berufspolitiker, aber wir sind Menschen, die nicht wollen, dass diese Welt diesen Weg geht, darum werden wir kämpfen und haben wir angefangen zu kämpfen.“

Rudi Dutschke im Gespräch mit Günter Gaus am 3. Dezember 1967 in der ARD

1967 und 1977 – Jahreszahlen, die in der BRD für gesellschaftlichen Aufbruch und staatliche Repression stehen. Zwischen ihnen liegen zehn Jahre heftigster gesellschaftlicher Auseinandersetzungen. Hunderttausende gingen auf die Straßen, um gegen den Vietnamkrieg, den Militärputsch in Chile, den Bau von AKWs und die Macht und Lügen der Springerpresse zu demonstrieren. Der Prager Frühling und der Pariser Mai standen 1968 für die Hoffnungen einer ganzen Generation in Ost und West, in jenen Jahren kam es auch zu wilden Streiks im „Wohlfahrtsstaat“ BRD. Weltweit entstand nach 1967 eine neue Frauenbewegung, die das Jahrzehnt mit prägte. 1977 gab es eine breite linke Bewegung, die an den Bauzäunen der AKWs rüttelte, die internationalistische Solidarität mit den im Trikont von Ausbeutung und Elend betroffenen und denen, die sich dagegen wehrten, übte. Die ersten Häuser und Jugendzentren waren besetzt worden, die ersten antirassistischen Kampagnen gestartet.

Die Filmreihe „1967–1977: Zur Geschichte einer Bewegung“ wird sich gerade nicht hauptsächlich um „Terror“, RAF, Schleyer und Stammheim drehen und die Zeit auch nicht auf die staatliche Repression verkürzen. Die Filmreihe richtet sich gegen das Vergessen(machen) einer linken Geschichte, die viel mehr war als das – wenn auch diese Ereignisse natürlich dazu gehören und ihren Platz in der Filmreihe haben werden. Bilder, gerade bewegte Bilder, sind besonders geeignet, den gesellschaftlichen Aufbruch und die Gefühle der Zeit nachvollziehen zu können. Filme hatten auch für die Entwicklung von Bewegungen und die Motivation einzelner, sich aufzulehnen, sicher eine größere Bedeutung als ihnen die Geschichtsschreibung zumisst. HistorikerInnen wälzen eher Bücher oder alte Flugblätter, als dass sie sich verkratzte Filmkopien ansehen. Dabei haben Filmsequenzen und Bilder aus dem Vietnamkrieg, von Napalm verbrannte Kinder oder vietnamesische Milizionärinnen, die einen zwei Köpfe größeren US-Bomberpiloten gefangen nehmen, sicher mehr Menschen zur damaligen Antikriegsbewegung  gebracht als es Seminarlektüre hätte tun können. Spielfilme wie Schlacht um Algier haben womöglich einen bleibenderen Eindruck der Gewaltsamkeit der Entkolonisierung vermittelt als dicke Imperialismustheorien. Der unsichtbare Aufstand von Costa Gavras hat die Stadtguerilla in der BRD wahrscheinlich mehr beeinflusst als Ches Schriften. Und Bilder aus dem Herbst 1977 vermitteln auch heute noch einen Eindruck des zugespitzten, militarisierten Konflikts und der massiven staatlichen Repression.

Nicht nur für heute politisch Aktive bietet diese Filmreihe Gelegenheit, eine Geschichte kennen zu lernen, die zwar vorbei zu sein scheint, in der aber Auseinandersetzungen stattfanden, die höchst aktuell sind: weltweite soziale Gerechtigkeit, Gleichheit und Menschenwürde statt Ausbeutung und Krieg.

Am Beispiel der Filme soll über die (linke) Geschichte, die Art ihrer Darstellung im Film und vor allem ihre aktuellen Bezüge gesprochen werden. Deshalb sind zu einigen Filmen ReferentInnen und ZeitzeugInnen eingeladen.

Die Filmreihe soll Kino im besten Sinne sein: Ein Ort, an dem sowohl auf der Leinwand als auch davor etwas geschieht.


Programm der Filmreihe

Kino Babylon Mitte
19. bis 28. Oktober 2007
Rosa-Luxemburg-Straße 30 | 10178 Berlin



Fr. 19.10. | 19.30 | Saal
Berlin 2. Juni ´67
Dokumentarfilm
BRD 1967, Regie: Thomas Giefer,
Rüdiger Minow, Uli Knaudt, 50 Min.


Polizeistaatsbesuch des Schah von Persien. Eine bewaffnete Polizeimacht war zuständig für die Sicherheit des Gastes während seines Aufenthalts in Westberlin. Zur gleichen Zeit, als der Schah und seine Frau, begleitet von den Oberen der Stadt, die Oper besuchten, erschoss ein Beamter in Zivil den Studenten Benno Ohnesorg. StudentInnen bildeten einen eigenen Ermittlungsausschuss zur Rekonstruktion der Tat. Die Kamera begab sich auf die Suche nach denen, die aktiv beteiligt waren oder billigend den Tod des Studenten zu verantworten hatten ...


„Wie starb Benno Ohnesorg“
Buchvorstellung


Uwe Soukup wird sein neues Buch Wie starb Benno Ohnesorg vorstellen. „Trauer und Wut angesichts eines Geschehens, das man in der deutschen Nachkriegsdemokratie, zumal im so genannten freien Teil Berlins, nicht für möglich gehalten hätte. (...) Soukup hat mit vielen Beteiligten von damals gesprochen – mit Polizeibeamten, mit Politikern der SPD und mit Opfern des Polizeieinsatzes. (...) Und er hat Fotos als Beweismaterial zusammengetragen – in einer Fülle, wie man sie noch nicht gesehen hat. Das alles wird verwoben zur dichten Beschreibung eines Tages, der die Republik wie kein anderer verändern sollte.“ (Die Zeit)


Fr. 19.10. | 22.00 | Studio
Günter Gaus-Interview mit Rudi Dutschke
„Eine Welt gestalten, die es noch nie gab“
BRD 1967, Fernsehinterview, 41 Min.


„Gaus: Sie gehen davon aus, daß der Mensch absolut bildungsfähig ist, daß der Mensch besser werden kann.
Dutschke: Ich gehe davon aus, daß der Mensch nicht dazu verurteilt ist, dem blinden Spiel der Zufälle in der Geschichte unterworfen zu bleiben.
Gaus: Er kann die Geschichte selbst in die Hand nehmen?
Dutschke: Er hat sie schon immer gemacht. Er hat sie bloß noch nicht bewußt gemacht. Und jetzt muß er sie endlich bewußt machen.“ (Zitat aus dem Film)


Von der Revolte zur Revolution
BRD 1968, Regie: Kurt Rosenthal und
Filmmacher-Cooperative, 60 Min.


„Enteignet Springer“ war das Motto der außerparlamentarischen Bewegung nach dem Mord an Benno Ohnesorg 1967. In vielen Städten verhinderten DemonstrantInnen die Aus­lieferung der BILD-Zeitung. Der Film dokumentiert die Belagerung des „Springer-Hauses“ 1968 in Hamburg. Die Polizei reagierte mit einer bis dahin unbekannten Brutalität auf die Proteste, was eine weitere Radikalisierung der Bewegung nach sich zog. Was tun? Jürgen Krahl, SDS, und Prof. Wolfgang Abendroth werfen die Frage der Gegengewalt auf.


Sa. 20.10. | 19.30 | Studio
Rot liegt in der Luft
(Le fonds de l’air est rouge)
F 1977, Regie: Chris Marker, 179 Min.


Der französische Filmessayist Chris Marker montierte ausgehend von der Oktoberrevolution und dem Spanischen Bürgerkrieg ein imponierendes Fresko der politischen Bewegungen der 1960er und 1970er Jahre. Er nahm eigene und Bilder anderer Kameraleute aus Frankreich, Chile, Kuba etc. auf und kommentierte sie neu: „Man weiß nie, was man filmt“. Mit eingefärbten Bildern schaffte er Distanz und vervielfachte die Standpunkte durch einen achtstimmigen Kommentar. Markers nachdenklicher Versuch einer Bilanz der 68er-Revolte sucht festzustellen, ob trotz des Scheiterns der emanzipatorischen Bewegungen ein „rotes Lüftchen“ geblieben ist.
Von Vietnam zum Mord an Che. Mai`68 und all das. Vom Prager Frühling zum Gemeinsamen Programm. Von Chile zu ...?


So. 21.10. | 18.00 | Saal
Der Austausch – Die vergessene
Entführung des Peter Lorenz
BRD 2000, Regie: Klaus Salge und Klaus Stern, 45 Min.


Am 27.2.1975 entführte ein Kommando der Bewegung 2. Juni mitten im Berliner Wahlkampf den Spitzen-Kandidaten der CDU, Peter Lorenz. Im Austausch mit Lorenz gelingt es ihnen, fünf Inhaftierte der militanten Linken, sowie zwei nach dem Tod von Holger Meins inhaftierte Demonstranten, zu befreien. Es war die spektakulärste Tat der Bewegung 2. Juni und zugleich auch schon der letzte geglückte Gefangenenaustausch der Guerilla.

„Mit der Kardinalfrage nach der Erpressbarkeit des Staates eröffnen die Filmautoren ihren dokumentarischen Polit-Thriller, der die Ereignisse in Tagesschau-Ausschnitten und Interviews Revue passieren lässt.“ (Tagesspiegel)

Mit Ralf Reinders und Ronald Fritzsch, ehemals Bewegung 2. Juni.


So. 21.10. | 22.00 | Studio
Der unsichtbare Aufstand
F/I/BRD 1972, Regie: Constantin Costa-Gavras, 115 Min.


Als die Tupamaros, die legendäre Stadtguerilla Uruguays, einen anscheinend unbescholtenen US-Bürger in Montevideo entführen, versteht zunächst niemand die Hintergründe dieser Tat ... Der unsichtbare Aufstand ist ein packender Politkrimi. Eindringlich schildert er die sozialen und politischen Zustände in einem südamerikanischen Land und kritisiert die Praktiken des amerikanischen Imperialismus. Costa-Gavras bezieht sich in seinem Film auf den authentischen Fall des US-Agenten Daniel Mitrione, der 1970 in Uruguay als Entwicklungshelfer getarnt das diktatorische Regime unterstützte. Durch die Besetzung der Rolle dieses Polizeiberaters mit dem Sympa­thieträger Yves Montand gelingt eine spannende Gratwanderung zwischen Kritik und Legitimität revolutionärer Gewalt.


Mo. 22.10. | 19.30 | Studio
Schlacht um Algier
Algerien/Italien 1965/1966,
Regie: Gillo Pontecorvo, 121 Min.


Algier, 1957: Die „Nationale Befreiungsfront“ (FLN) rüstet zum Widerstand gegen die französische Kolonialherrschaft in Algerien und die französischen Fallschirmjägertruppen des Colonel Mathieu greifen immer härter durch. Um die Mitglieder der Untergrundorganisation zu finden, setzen sie brutale Foltermethoden ein. In der Kasbah, dem historischen Kern Algiers, agiert eine Guerillazelle der FLN. Zunächst gelten die Anschläge der Aufständischen einzelnen Polizisten und Militärs, später töten ihre Bomben auch französische und arabische ZivilistInnen.

Schlacht um Algier feierte seine Premiere im September 1966 mit einem Goldenen Löwen bei den Filmfestspielen von Venedig. In Frankreich und England war er bis 1971 verboten. Auch in anderen Ländern versuchten rechtsradikale Militärs der „Organisation de l‘armée secrète“ (OAS), Aufführungen zu verhindern und zu sabotieren.


Mo. 22.10. | 22.00 | Studio
Junta | Garage Olimpo
Argentinien/Italien 1999,
Regie: Marco Bechis, 98 Min.


Nach dem Putsch vom März 1976 in Argentinien verlagerte die Militärjunta um die Generäle Videla, Agosti und Massera den staatlichen Terror in den Untergrund: Während sich im Straßenbild das Leben nach und nach normalisierte, „verschwanden“ 1976–1983 etwa 30.000 Argentinier­Innen in illegalen Gefängnissen und wurden zumeist später ermordet.

„Der Name eines dieser Konzentrationslager dient Marco Bechis als Originaltitel für seinen mit autobiografischen Elementen durchsetzten Film. Bechis, Jahrgang 1957, war zwanzig Jahre alt, als er von der Geheimpolizei verhaftet und zehn Tage lang mit verbundenen Augen Folter und Misshandlungen ausgesetzt wurde. Bechis hatte Glück: Er wurde in ein ordentliches Gefängnis verlegt; ein mit seinen Eltern bekannter General sorgte für seine Freilassung. (...) Im Film hat der Regisseur seine vorwiegend akustischen Erlebnisse im Folterlager eingearbeitet: das stets überlaute Radio, das die Schreie der mit Elektroschocks Gefolterten zu übertönen versucht, und immer wieder die „Ping-Pong“-Klänge der sich die Zeit vertreibenden Peiniger – wie etwa auch das Abstempeln an der Stechuhr – gehören zusammen mit der eindrücklichen Schlusssequenz zu den Stärken dieses mit einem Dutzend internationalen Preisen ausgezeichneten Films.” (José García)

Der Film löste in Argentinien eine breite gesellschaftliche Debatte über die Zeit der Militärdiktatur und die Folter aus.


Di. 23.10. | 19.30 | Studio
Pierburg – Ihr Kampf ist unser Kampf
BRD 1974/75, Dokumentation, 49 Min.


Am 13. August 1973 legten Arbeiterinnen und Arbeiter bei der Pierburg AG in Neuss, vor allem migrantische Frauen, die Arbeit nieder – ohne dass eine Gewerkschaft offiziell zum Streik aufgerufen hätte. Die Bosse holten als erstes die Polizei und der Neusser Polizeidirektor erklärte: „Eine wilde Arbeitsniederlegung gilt als Revolution!“, um ein repressives Eingreifen zu rechtfertigen. Trotzdem konnten sich die ArbeiterInnen hier durchsetzen, weil es im Streik gelang, die Spaltung nach Herkunftsländern und Geschlecht zu überwinden. Ein bewegendes Dokument eines Streiks gegen die Leichtlohngruppe II und gegen die Ausbeutung migrantischer Frauen. Das Material wurde im Sommer 1973 von verschiedenen Beschäftigten der Pierburg AG bei Neuss und den FilmemacherInnen Edith Schmidt und David Wittenberg gedreht und anschließend den AktivistInnen für ihre politische Arbeit zur Verfügung gestellt. Dieser Streik war erfolgreich – so wurde die Leichtlohngruppe II abgeschafft und niemand entlassen. Die Haltung der offiziellen Gewerkschaften gegenüber migrantischen ArbeiterInnen wurde infrage gestellt.

Mit zwei Referenten zur Geschichte der Arbeitskämpfe. Hans Köbrich, Betriebsratsmitglied und Leiter des Vertrauensleutekörpers bei BMW in Berlin-Spandau. In den 70er Jahren versuchte die Geschäftsleitung ihn und andere Kandidaten einer oppositionellen Liste zur Betriebsratswahl aus dem Betrieb zu säubern. Die Verantwortlichen in der IG Metall reagierten mit Ausschlussverfahren. Andreas Hesse arbeitete in zahlreichen Druckbetrieben in Westberlin. Er gehörte in den 70er Jahren einer gewerkschaftsoppositionellen Gruppe in der Westberliner Druckindustrie an.


Di. 23.10. | 22.00 | Studio
Allein machen Sie Dich ein – Rauch-Haus-Film
BRD 1973/74, Regie: Rauch-Haus-Kollektiv; Manfred Stelzer, Susanne Beyeler, Rainer März, 73 Min.


Ende 1971 besetzten mehrere hundert Jugendliche – Lehrlinge, SchülerInnen, ehemalige Heimkinder – einen Teil des Bethanien-Krankenhauses in Berlin-Kreuzberg und benannten es in Georg-von-Rauch-Haus um. Der Film dokumentiert den Kampf um den Erhalt des Rauch-Hauses und damit der Möglichkeit der Jugendlichen, ihren Alltag selbst zu organisieren.


Mi. 24.10. | 19.30 | Studio
Schleyer – Eine deutsche Geschichte
BRD 2003, Buch und Regie:
Lutz Hachmeister, 90 Min.


Es war das spektakulärste politische Attentat in der Geschichte der Bundesrepublik – die Entführung und Ermordung des Arbeitgeber-Präsidenten Hanns-Martin Schleyer. Für seinen Film hat Lutz Hachmeister die Biographie Schleyers recherchiert. Schleyer zählte zu den jungen, radikalen NS-Studentenfunktionären im Heidelberg der 1930er Jahre. Im Prager „Centralverband der Industrie für Böhmen und Mähren“ war er zu Beginn der 1940er Jahre maßgeblich an der „Germanisierung“ der tschechischen Wirtschaft beteiligt. Nach mehrjähriger Internierungshaft begann sein beruflicher Wiederaufstieg 1951 bei Daimler Benz. Schleyer galt als „Scharfmacher“ in den legendären Tarifkämpfen der 1960er Jahre. Mit dieser Biographie erschien der ehemalige SS-Untersturmführer der RAF als „Magnet“ für eine Entführung.


Mi. 24.10. | 22.00 | Saal
Auf Leben und Tod
Schweden 1979,
Regie: Hans Hederberg, 55 Min.


Am 7. April 1977 wird der Generalbundesanwalt Siegfried Buback erschossen. An dieser Stelle beginnt der Film seine Darstellung der Geschichte des bewaffneten Kampfes, angefangen bei der APO bis zu den Toten in Stammheim; die Geschichte der Stadtguerilla in der BRD von RAF und Bewegung 2. Juni, ihre Hintergründe und ihre politischen Ziele. Produziert wurde dieser Film vom schwedischen Fernsehen. Keine deutsche Sendeanstalt übernahm den Film aufgrund seiner Kritik an der inneren Aufrüstung der BRD.

Mit dem Historiker Hanno Balz zum Thema „Mediale Konstruktion von Terrorismus am Beispiel der RAF“. Außerdem werden AktivistInnen jener Zeit anwesend sein.


Do. 25.10. | 19.30 | Studio
Widerstandsaktivitäten gegen Faschismus und Besatzung
Videointerviews mit antifaschistischen WiderstandskämpferInnen und Projektvorstellung des ERA-Archivs, 60 Min.


ERA ist ein Online-Archiv der Widerstandsaktivitäten gegen Faschismus und Besatzung während des Zweiten Weltkrieges in Europa. Kern des Webportals sind vorerst 20 Videointerviews mit Frauen und Männern, die am antifaschistischen Widerstand in sechs europäischen Ländern teilgenommen haben.

ERA ist ein Raum, in dem die individuellen Geschichten von Menschen, die sich dem faschistischen Terror, der Erniedrigung und Verzweiflung widersetzt haben, lebendig und sichtbar gehalten werden. Die Bedingungen von Faschismus, Besatzung, Kollaboration und Widerstand unterscheiden sich im europäischen Vergleich stark voneinander. ERA bietet spezifisches Wissen über die verschiedenen Widerstandsbewegungen und deren unterschiedliche Auswirkungen innerhalb der jeweiligen nationalen Kontexte an. Es wird versucht, die in den aktuellen geschichtlichen Diskursen dominierende nationale Perspektive der Geschichtsschreibung (insbesondere an den Schulen) zu erweitern.

www.resistance-archive.org


Do. 25.10. | 22.00 | Studio
Der unsichtbare Aufstand
F/I/BRD 1972, Regie: Constantin Costa-Gavras, 115 Min. (Siehe Sonntag, 21.10.)



Fr. 26.10. | 19.30 | Studio
„Wehrt Euch, leistet Widerstand“
Die Anti-AKW-Bewegung & der autonome Widerstand


Eine politische Geschichte der Anti-AKW-Bewegung mit AktivistInnen und Videos.


Fr. 26.10. | 22.00 | Studio
Projekt Artur
BRD 1989, Medienwerkstatt Freiburg, 72 Min.


Ende der 60er Jahre; die Nachkriegsgeneration war angetreten, sich von dem Nazi-Erbe zu befreien, ein Schatten von Revolution liegt über dem Land. Doch es ist der Schatten der Revolution einer anderen – der hungernden, ausgeplünderten und von Bomben zerfetzten Dritten Welt. Und wenn es ein Wort gibt, das alle Diskussionen in dieser Zeit in sich vereint, so ist dies „Vietnam“. Dann der Tod von Benno Ohnesorg; der Staat hatte gezeigt, zu welchen Mitteln er greift, wenn eine Bewegung auf ihr Recht, das Recht auf Widerstand pocht. Eine ganze Bewegung stand vor der Frage der nächsten notwendigen Schritte gegen die Gegenwart der Vergangenheit, und im Bündnis mit dem System war eine wirkliche Demokratie in der Bundesrepublik nicht mehr denkbar. In Gesprächen mit Zeugen dieser Zeit zieht der Film einen Bogen über die Auseinandersetzungen in der Frage der Mittel zur Durchsetzung der politischen Ziele, der Frage von Gewalt und Gegengewalt – ein Fragment dieser Zeit, für die Diskussion von heute.

Mit einem Bericht zur Entstehung des Films und einem im Film nicht enthaltenen Interview mit einem ehemaligen RZ-Mitglied.


Sa. 27.10. | 19.30 | Studio
Die Macht der Männer
ist die Geduld der Frauen
BRD 1978, Regie: Cristina Perincioli, 75 Min.


„Als ich 1974 in England die ersten Häuser für misshandelte Frauen sah, begann ich in Berlin Frauen zu Gewalt von Partnern zu befragen und fand ein nie geahntes Ausmaß an Misshandlung. Wir – Frauen aus der Frauenbewegung und engagierte Journalistinnen – fingen nun an, die Öffentlichkeit zu mobilisieren mit Hörfunk- und Fernsehsendungen und dem Buch Gewalt in der Ehe. 1976 entstand in Westberlin das erste Frauenhaus. 1978 drehten wir diesen Film zusammen mit Frauen aus diesem Frauenhaus. International erfolgreich verstärkte der Film die Frauenhaus­bewegung in Deutschland, Australien, Kanada, den USA, der Schweiz, Österreich, Schweden und Indien. Der Titel wurde zur Parole.“ (Cristina Perincioli)

Mit Christina Perincoli und Frauen aus dem Frauenhaus.


Sa. 27.10. | 22.00 | Studio
Für Frauen – 1. Kapitel.
Ein Film von Frauen für Frauen
BRD 1971, Regie: Cristina Perincioli, 36 Min.


„Eine Erfahrung haben wir alle gemacht: In der Familie ist eine Frau isoliert: Freundinnen, Nachbarinnen können eine Frau nur von einzelnen Schwierigkeiten entlasten (wie Kinderhüten, Einkaufen gehen (...) Doch die Willkür des Ehemannes ist tabu. (...) Diese Verhältnisse werden künstlich aufrecht erhalten durch die planmäßige Unterbezahlung und Diskriminierung der Frauen am Arbeitsplatz. (...) Die für eine Aktion notwendige Solidarität kann am ehesten am Arbeitsplatz erreicht werden, wo viele Frauen vor gleichen Situationen stehen. In diesem Film wird gezeigt, welche Probleme Frauen klären müssen, bevor sie gegen den Unternehmer vorgehen können. Nachdem wir das erkannt hatten, haben wir Frauen gemeinsam diesen Film geschrieben und ihn selbst gedreht: Wir brauchen keine liberalen Filmer, die sich der Emanzipation annehmen. Wir fordern die Mittel in unsere Hand!” (Aus dem Text zum Film von 1971)


Eine Prämie für Irene
BRD 1971, Regie: Helke Sander, 47 Min.


In Eine Prämie für Irene spielt Helke Sander mit dem Wechsel von Aufnahmen einer Überwachungskamera in einer Fabrik, die Arbeiterinnen zeigt, zum männlichen Kamerablick des Kinos, der eine attraktive Sekretärin verfolgt. Dieser agitative Kurzspielfilm über die doppelte Ausbeutung weiblicher Fabrikangestellter endet mit der gemeinschaftlichen Zerstörung einer Überwachungskamera. Der Film wird musikalisch begleitet von Ton Steine Scherben.


So. 28.10. | 19.30 | Saal
Sir! No Sir!
US-Militärs gegen den Vietnam-Krieg
USA 2005, Regie: David Zeiger, 55 Min.


Am 6. November 1965 trug Leutnant Henry Howe auf einer Antikriegs-Demonstration ein Transparent mit der Aufschrift „Beendet die faschistische Aggression von Präsident Johnson in Vietnam“. Howe wurde deswegen von einem Standgericht zu fünf Jahren Zwangsarbeit verurteilt. Seinem Beispiel folgend, kamen Hunderte weitere Soldaten für ihren Widerstand gegen den Vietnamkrieg ins Gefängnis. Diese Bewegung hatte 1971 ein derartiges Ausmaß angenommen, dass eine Kommission des Pentagons zu der Auffassung gelangte, über die Hälfte der in Vietnam kämpfenden Truppenmitglieder sei gegen den Krieg. Zwischen 1966 und 1973 desertierten 503 926 Soldaten und Wehrpflichtige. Dennoch versuchen Regierung, Medien und die amerikanische Gesellschaft nach dem Rückzug der amerikanischen Truppen und dem Fall von Saigon diese Tatsachen aus dem kollektiven Gedächtnis zu streichen. Ausgehend von Aussagen zahlreicher Veteranen aus der Bewegung der Kriegsdienstverweigerer sowie von Dokumentarfilmen aus den 70er Jahren rekonstruiert Filmemacher David Zeiger die zehn Jahre der amerikanischen Beteiligung am Vietnamkrieg und die Protestbewegung dagegen.

Mit den Vietnam-Veteranen Stephen Summers und Dave Blalock, die über die aktuelle Kampagne gegen den Irak-Krieg innerhalb der US-Armee berichten werden.


So. 28.10. | 22.00 | Studio
The Weather Underground
USA 2003, Regie: Sam Green & Bill Siegel,
92 Min., engl. Originalfassung!


Die späten 60er und frühen 70er: Zeit des Aufruhrs, Zeit von Studentenprotesten, Zeiten der Revolution. Schon vor Kriegsbeginn zählten die „SDS“ (Students for a Democratic Society) Hunderttausende Mitglieder. Mit Beginn des Krieges in Vietnam löste sich eine Gruppe von ihnen und schloss sich zu den „Weathermen“, später „Weather Underground“, zusammen.

Unter dem Slogan „Bring the War Home“ wollten sie den Krieg gegen Vietnam stoppen. So entwickelte sich aus der Studentenbewegung eine militante Gruppe, deren Mitglieder schließlich vom FBI verfolgt in den Untergrund gehen mussten. Der Dokumentarfilm zeichnet durch Archivmaterial aus Nachrichten, Zeitungen, des FBI und private Videoaufnahmen ein authentisches Bild der Zeit. Schonungslos werden auch Bilder des Vietnamkrieges gezeigt. Zwischen die Berichterstattung der Geschehnisse mischen Sam Green und Bill Siegel Statements ehemaliger „Weather Underground“-AktivistInnen.
 21. September 2007