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Aufruf
zur Protestkundgebung
Anti-Hartz-Bündnis 4. November 2002
„Blitz-Gesetze“ gegen Erwerbslose und Beschäftigte – Kundgebung
am 15. November 2002 um 10 Uhr vor dem Reichstag
Unter dem Deckmantel, die Vorschläge der Hartz-Kommission umzusetzen, fegen
gerade ohne Diskussion mit den Betroffenen Blitz-Gesetze durch den Bundestag.
Diese Gesetze haben gravierende Folgen für alle Erwerbslosen, ob sie nun
Arbeitslosengeld oder Arbeitslosenhilfe beziehen:
- Kürzungen bei Arbeitslosengeld, Arbeitslosenhilfe und Unterhaltsgeld
- Verschlechterungen bei der Zumutbarkeit von Vermittlungsangeboten (Leiharbeit,
Minijobs und haushaltsnahe Dienstleistungen)
- Verschärfung der Sperrzeitregelung
Insbesondere verstärken die geplanten Gesetze die schon vorhandene Benachteiligung
von Frauen auf dem Arbeitsmarkt.
Durch die Ausweitung der Leiharbeit, Legalisierung der Scheinselbständigkeit,
Abschaffung der Arbeitslosenhilfe werden keine Arbeitsplätze geschaffen,
sondern tarifliche Normalarbeits-verhältnisse vernichtet. Die Erhöhung
des finanziellen Drucks auf die Betroffenen löst kein arbeitsmarktpolitisches
Problem, sondern schafft neue Probleme der Ausgrenzung und Demütigung von
Arbeitslosen und vertieft die gesellschaftliche Spaltung aufgrund der negativen
Auswirkungen auf die Beschäftigungs- und Entlohnungsbedingungen der Beschäftigten.
Deshalb rufen wir auf zu einer Protestkundgebung
Freitag, den 15. November 2002, um 10 Uhr
vor dem Reichstag (Südflügel, Scheidemannstraße)
Es sprechen
Volker Fiebig (ver.di, Landesbezirk Berlin-Brandenburg)
Marion Drögsler (Arbeitslosenverband Deutschland e.V., Landesverband Berlin)
Dr. Christine Fuchsloch (Deutscher Juristinnenbund e.V.)
Musikalisches Begleitprogramm: Gerald Wolf vom Anti-Hartz-Bündnis, u.a.
Ein Kommentar
Thomas König
Erwerbslosen Initiative 12.
November 2002
Am Freitag wird der Bundestag die ersten beiden ‚Hartz-Gesetze‘ beschließen.
SPD und Grüne wollen dies so. Der tiefe Hartz-Nebel soll möglichst lange
verhüllen, dass die Kürzung oder Streichung von Arbeitslosengeld, Arbeitslosenhilfe
oder Unterhaltsgeld bei möglichst vielen Erwerbslosen oberstes Ziel dieser
„Reform“ ist. Das große Rätsel, wie die Vermittlung von
Erwerbslosen in Arbeit beschleunigt werden kann, wenn die erforderlichen Arbeitsplätze
fehlen, soll ungelöst bleiben.
Vor einer Woche wurden die ‚Hartz-Gesetzesentwürfe‘ vorgelegt.
Heute (12. November 2002 – Öffentliche Sitzung des Ausschusses für
Wirtschaft und Arbeit – siehe: Gesetzgebendes
Verfahren) wurden im Parlament mehr als 20 Sachverständige über
die Entwürfe befragt. Aber zum Lesen der Gesetzesentwürfe und ihrer
Begründungen, zum Durcharbeiten von Stellungnahmen der Sachverständigen
haben die Abgeordneten keine Zeit mehr. Am Freitag (15. November 2002 Sitzung
des Bundestages: 2. und 3. Lesung der Gesetze zur Umsetzung des Hartz-Konzeptes
– siehe: Gesetzgebendes
Verfahren) werden sie bereits über die ‚Hartz-Gesetze‘ abstimmen.
Ist ein solches Gesetzgebungsverfahren eine Farce? Oder ist es bloße Arbeitsverweigerung
von Politikern? Dagegen werden Erwerbslose am Freitag protestieren!
Die ‚Hartz-Gesetze‘ liefern viele
weitere Gründe
zum Protest
- Die Arbeitsämter sollen
vorrangig gewerbliche Leiharbeitsfirmen mit der Einrichtung von Personal Service
Agenturen (PSA) in Ämtern bzw. Jobcenter beauftragen, um Erwerbslose an Unternehmen
zu ‚vermieten‘. Arbeitslose werden zur ‚Reservearmee‘
der großen Leiharbeitsfirmen sein.
- Der Verdienst von Leiharbeitern soll zwar grundsätzlich dem von Stammarbeitskräften
am Einsatzort entsprechen. Aber während der ersten sechs Wochen werden viele
von der PSA vermittelte Erwerbslose nicht mehr als den Betrag verdienen, den sie
bislang als Arbeitslosengeld oder Arbeitslosenhilfe erhielten. Zudem werden mehr
als die Hälfte aller Leiharbeiter nicht einmal drei Monate von ihrer jeweiligen
Leiharbeitsfirma beschäftigt werden. Mit Leiharbeit ist bislang nur wenigen
ein dauerhafte Wiedereinstieg in das Arbeitsleben geglückt.
- Für die Ablehnung
eines zugewiesenen Leiharbeits- oder Niedriglohnjobs sollen Arbeitslose hart bestraft
werden. Sie können eine Sperre von drei Wochen erhalten. Im Wiederholungsfall
können es sechs oder zwölf Wochen sein. Zudem müssen Erwerbslose
fortan dem Jobcenter oder der PSA die Gründen beweisen, die sie zur Ablehnung
eines zugewiesenen Jobs veranlassen.
- Die Benachteiligung
von Frauen im Erwerbsleben sowie in den sozialen Sicherungssystemen wird mit den
Hartz-Gesetzen erweitert. Beispielsweise durch die Förderung von Mini-Jobs
in haushaltsnahen Dienstleistungen (500 Euro im Monat bei abgesenktem Sozialversicherungs-schutz).
Bei der Familien-AG werden es überwiegend Frauen sein, die Mithilfe in einer
untergeordneten Rolle erbringen. Eine soziale Absicherung für Mitglieder
einer Familien-AG ist nicht vorgesehen.
- Arbeitslose ohne familiären Bindungen können jederzeit zum Umzug gezwungen
werden, wenn der zugewiesene Job vom derzeitigen Wohnort nur nach unzumutbar langen
Fahrzeiten zu erreichen wäre.
- Langzeitarbeitslose,
die das 55. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, werden erst dann
Arbeitslosenhilfe erhalten, wenn ihr Vermögen aufgebraucht ist und den Betrag
von 13 000 Euro (bislang 33 800 Euro) nicht mehr übersteigt. Der
Vermögensfreibetrag wird von 520 Euro auf 200 Euro je Lebensjahr des/der
Erwerbslosen gesenkt werden.
- Das Einkommen der Lebenspartner von Erwerbslosen wird die Arbeitslosenhilfe viel
stärker als bisher mindern oder ganz entfallen lassen. Verschiedene Freibeträge
sollen gestrichen werden. Dies trifft besonders stark Frauen, deren Lebenspartner
noch Arbeit haben.
- Die jährliche
Anpassung des Arbeitslosengeldes oder der Arbeitslosenhilfe von Langzeitarbeitslosen
an die allgemeine Entwicklung von Löhnen und Gehältern wird ersatzlos
gestrichen. Die jährliche Kürzung der Arbeitslosenhilfe um drei Prozent
wird viel empfindlicher zu spüren sein.
Erwerbslose fordern:
Existenzsichernde Arbeitsplätze statt mehr Armut und soziale Not! Hände
weg von der Arbeitslosenhilfe! |
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