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Der populäre chile-
nische Folkloresänger Victor Jara – im Natio-
nalstadion ermordet
Tag und Nacht Exeku-
tionen, Säuberungs-
aktionen und Folter |
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Chile
11. September 1973 – Ein Feldzug der Barbarei
Gegeninformationsbüro
11. September 2003
Seit 1970, mit der Wahl Salvador Allendes zum Präsidenten, und der Erringung
von über 50 Prozent der Stimmen für die Unidad Popular in ganz Chile,
nahm die revolutionäre Politik und die Massenmobilisierung zur Eroberung
der Volksmacht einen Aufschwung, dem die bedrohte herrschende Klasse nicht tatenlos
zusah.
In einem Interview nach dem Staatsstreich gab Pinochet zu, dass das Militär
sich bereits seit 1971 auf die Zerschlagung der Volksbewegung und ihrer gewählten
Regierung vorbereitete. Der erste Versuch, im Oktober 1972, scheiterte noch an
den Widersprüchen innerhalb der Militärspitze und am großartigen
Widerstand der ArbeiterInnen und der Bevölkerung. Der Putsch am 11. September
1973 wurde um so brutaler durchgeführt. Er war begleitet von mörderischer
Repression. Von langer Hand geplant und vorbereitet begannen die faschistischen
Geheimdienste und die Militärmaschine noch am selben Tag einen systematischen
Vernichtungsfeldzug gegen alle linken Organisationen und gegen die AnhängerInnen
der Unidad Popular und gegen die Bevölkerung. Mit vorbereiteten Mordlisten
zogen spezialisierte Militärstreifen durch die Städte und schossen nieder,
wen sie ergreifen konnten. In den widerständischen Vierteln von Santiago
wurden zigtausend Menschen auf Lastwagen geknüppelt und ins Nationalstadion
transportiert, wo sie monatelang gefoltert wurden und entweder dem Gefängnis
oder dem Tod entgegen sahen.
Wer sich erinnert wird es niemals vergessen und auch niemals verzeihen: den grausamen
Mord an Victor Jara, dem populären Folksänger und Dichter: zuerst zerschlugen
sie ihm die Hände, damit er nicht mehr spielen konnte. Dann zerschmetterten
sie seinen Kopf, um seinen Gesang zu ersticken. Sie durchsiebten seinen Körper
und hängten ihn zur Abschreckung der Gefangenen auf der Tribüne des
Stadions auf. Victor Jara war eines der ersten Opfer, Hunderte wurden allein in
den ersten Tagen im Stadion erschlagen oder an die Wand gestellt. Der ehemalige
Bonner Minister und CDU-Generaldirektor Bruno Heck erklärte nach einem Hofierbesuch
bei Pinochet der deutschen Presse: Bei sonnigem Wetter sei das Leben im Stadion
„recht angenehm“.
Insgesamt wurden 30 000 Menschen während der Militärdiktatur unter
Pinochet ermordet. Im ganzen Land wurden dutzende von KZs errichtet. 150 000
wurden in die Konzentrationslager oder in die Gefängnissen geworfen. Tausende
verschwanden nachdem sie vom Militär oder vom Geheimdienst verschleppt waren,
Folterungen, Vergewaltigungen waren an der Tagesordnung. Heute wird offiziell
von 600 000 Gefolterten gesprochen. Zigtausende wurden exiliert. 44 Prozent
der Bevölkerung war von den Putschisten und ihren Profiteuren zu Freiwild
erklärt, weil sie mit der linken Bewegung war.
Dies ist die blutrünstige Seite der militärischen Vertreter des Kapitals,
die kaltblütige und systematische Zerstörung aller fortschrittlichen
gesellschaftlichen Strukturen und Inhalte, die unter der Regierung Allendes etabliert
werden konnten, ist die andere Seite. Zügig restaurierte die Junta die alten
kapitalistischen Verhältnisse und trieb die Mehrheit der Bevölkerung
wieder zurück in die Armut: Per Dekret wurde die Agrarreform rückgängig
gemacht, die Parteien und die Gewerkschaft verboten, das Parlament aufgelöst,
die verstaatlichten Betriebe und Wirtschaftsbereiche wieder in die Hand internationaler
Ausbeuter gelegt, Lohnerhöhungen verboten, die Preise um mehrere hundert
Prozente angehoben, die Milchpreise um das Vierfache erhöht, das Wahlrecht
abgeschafft, die Pressefreiheit liquidiert, die Universitäten wurden von
Generälen geführt, tausende Professoren und Studenten von der Uni gewiesen,
marxistische und freigeistige Bücher verbrannt ... Dem Putsch folgte
ein geistig/kultureller Kahlschlag, ein ökonomisches Desaster für die
Mehrheit der Bevölkerung, Armut und Elend für die untersten Schichten,
ein gesellschaftliches Klima staatlicher Verfolgung, Willkür und brutaler
Gewalt für alle, die mit der Regierung Allendes waren, für alle, die
fortschrittliche, humanistische Ideen vertraten. ... Die Folterer, die
Mörder, die Henker und die Lakaien, leben noch. Sie wurden niemals für
ihre Verbrechen zur Verantwortung gezogen.
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Die letzten Worte Allendes
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