|
Kreuzritter des Kapitals: Hermann Josef Abs (links) mit
Karl Schiller, Franz-Josef Stauß und Berthold Beitz im März 1967 |
|
|
Deutsche Bank:
Geschichte und Kontinuität
Broschüre vom Gegeninformationsbüro
6. September 2005
Die gegenwärtigen Vorstellungen über den Nationalsozialismus sind durch
Filme über das politische Personal, aber auch durch das Erstarken neo-nazistischer
Parteien und Organisationen geprägt. Das „Böse“ wird individualisiert
und moralisiert. Darüber droht das Wissen um die Beteiligung der deutschen
Wirtschaft, vor allem der Finanzwirtschaft am deutschen Faschismus in Vergessenheit
zu geraten.
Weder die heimliche Aufrüstung noch das Tempo technologischer Innovationen
und der militärwirtschaftlichen Produktivitätssteigerungen, noch schließlich
die dadurch erst geschaffene Kriegsfähigkeit des faschistischen Deutschland
sind ohne das konzertierte Vorgehen der wichtigsten Banken und Großkonzerne
nachvollziehbar.
In einer „gemeinsamen Erklärung“ riefen 1999 die Regierung Schröder
und zwölf deutsche Großkonzerne, allesamt mit einer langen Firmengeschichte,
für die Gründung einer Stiftung zur Entschädigung der NS-ZwangsarbeiterInnen
auf. Nach jahrzehntelanger Ignoranz der ehemaligen ZwangsarbeiterInnen waren
für die strategische Neuausrichtung im Umgang mit den Opfern zwei Faktoren
ausschlaggebend: Es ging um Vermeidung unangenehmer Kampagnen, vor allem in den
USA, zur Verstrickung der Unternehmen in die deutsche NS-Wirtschaft und Vermeidung
kostspieliger Sammelklagen der Opfer von ‚Arisierungen‘ beziehungsweise
deren Nachkommen. Zu diesen Gründungsunternehmen gehörte auch die Deutsche
Bank.
In früheren Hochglanzbroschüren über die eigene Geschichte hatte
es immer geheißen, das Bankhaus habe gerade in der „Zeit nach 1933“ vornehme
Zurückhaltung geübt und trotz „einiger Neuerwerbungen nach 1938“ „keine
Konzessionen“ gemacht. Nach wachsender Kritik an dieser schamlosen Geschichtsklitterung,
nicht zuletzt in den geschäftlich so wichtigen USA, entschloss sich die
Deutsche Bank zur Flucht nach vorn. Hauseigene Historiker wiesen prompt nach,
dass die Deutsche Bank sich mit vollem Wissen ihres Vorstands an der Finanzierung
von Auschwitz beteiligt hat. Sie gab Kredite für den Bau des Buna-Werks
der IG Farben und für Baustellen der Waffen-SS in Auschwitz. Bei der Kattowitzer
Filiale der Deutschen Bank belief sich der Umsatz des Buna-Werks im Frühjahr
1943 auf fünf Millionen Mark pro Monat.
Man hätte dies und weit mehr schon seit über fünfzig Jahren wissen
können. Einer Untersuchungsgruppe der US-Militärverwaltung, dem „Deutsche
Bank Team“, war es nach der faschistischen Niederlage 1945 einige Monate
lang möglich, relativ frei in Deutschland zu forschen. In einem Bericht
dokumentierte sie die weitreichende Beteiligung der Deutschen Bank an den Nazi-Verbrechen
und forderte die Zerschlagung des Instituts und Bestrafung seines Führungspersonals.
Demnach hatte die Bank den politischen Aufstieg der faschistischen Kräfte
mit befördert, konnte in der Vorkriegszeit bis 1939 durch operative Kollaboration
ihre Wirtschaftsstellung ausbauen und expandierte parallel zur militärischen
Machtausweitung der Naziherrschaft. Ein besonderes Kapitel befasste sich mit
der Ausbeutung der Zwangsarbeiter, KZ-Insassen und Kriegsgefangenen. Wegen der
Bereitschaft der Deutschen Bank „dem Ziel der Nazis zu dienen, der Welt
den Willen Deutschlands mit Waffengewalt aufzuzwingen“, forderte die mit
der OMGUS-Untersuchung [*] der Deutschen Bank befasste
Stelle in der US-Militärverwaltung
umfassende Konsequenzen, die nur zu berechtigt waren:
„Es wird empfohlen, dass: 1. die Deutsche Bank liquidiert wird, 2. die
verantwortlichen Mitarbeiter der Deutschen Bank angeklagt und als Kriegsverbrecher
vor Gericht gestellt werden, 3. die leitenden Mitarbeiter ... von der Übernahme
wichtiger oder verantwortlicher Positionen im wirtschaftlichen und politischen
Leben Deutschlands ausgeschlossen werden.“
Bekanntlich kam es nicht dazu, im Gegenteil, denn solche Beurteilungen waren
bald darauf aufgrund des Beginns des ‚Kalten Krieges‘ nicht mehr
opportun. Die personalen Kontinuitäten in Bezug auf die Deutsche Bank – wie
auch der westdeutschen Wirtschaft – gipfeln in der so prominenten
wie dubiosen Figur des Bankers Hermann Josef Abs. Denn unbeschadet seiner langjährigen
und intensiven Kollaboration mit dem Nazi-Regime als Finanz- und Wirtschaftsstratege
war Abs auch nach Kriegsende bis zu seinem Tod 1994 eine der einflussreichsten
Persönlichkeiten der westdeutschen Republik: Kanzlerberater, internationaler
Verhandlungsführer, zehn Jahre lang DB-Vorstandssprecher und lebenslang
graue Eminenz der westdeutschen Machteliten an der Schnittstelle zwischen Wirtschaft
und Politik in der BRD. Noch heute ist sein offizielles Gedenken von ehrfürchtiger
und beschönigender Anerkennung bestimmt.
Nach dem 2. Weltkrieg hatte die Deutsche Bank ihre wirtschaftliche Macht auf
dem System „Deutschland AG“ aufgebaut, denn es begrenzte den Wettbewerb
untereinander, hielt die ausländische Konkurrenz außen vor und sorgte
für gute Akzeptanz des Wirtschaftssystems in der westdeutschen Bevölkerung.
Seit dem Wegfall der realsozialistischen Systemkonkurrenz wurde diese „Selbstbeschränkung“ jedoch
mehr und mehr als Hemmschuh empfunden. Mit Steuersenkungen, mit krisensicheren
staatlichen Rüstungsprogrammen und weiteren Gefälligkeiten hat die
Regierung Schröder inzwischen den Weg freigemacht, sich mit frischen Kräften
an der globalen Schlacht um profitable Fusionen und Investmentgeschäften
zu beteiligen. Der jetzige wahlkampfbedingte Theaterdonner des SPD-Vorsitzenden
kann über die unverändert kapitalfreundliche Politik von RotGrün
nicht hinwegtäuschen.
Die Deutsche Bank ihrerseits hat ihre ‚Hausaufgaben‘ hervorragend
erledigt. Sie betrachtet inzwischen die gesamte EU als „Heimatmarkt“ und
zählt in wichtigen Finanzsparten zur internationalen Spitzengruppe. Profitable
Konzernergebnisse lässt sich Vorstandssprecher Ackermann mit einem Jahresgehalt
in zweistelliger Millionenhöhe vergüten, nicht ohne weitere Massenentlassungen
und erhöhte Dividenden in Aussicht zu stellen. Geschäftlich konzentriert
man sich weltweit auf die Vertretung der Interessen Wohlhabender, sowie die Ausweidung
von Industrieunternehmen durch Kauf, Zerschlagung oder Umstrukturierung, Kapitalabschöpfung
und anschließender Platzierung an der Börse.
Geblieben ist auch das politisch „sensible“ Geschäft in Trikontländern.
Bekannt ist ja die direkte Unterstützung des kriminellen Südafrikanischen
Apartheidregimes durch Kredite zu günstigsten Bedingungen und großzügige
Teilumschuldung noch bis 1985. Dagegen hat das südliche Afrika keinerlei
Entlastung für aus der Apartheid übernommene Schulden erhalten. Ein
Schuldendienst von 20 Prozent des Staatshaushaltes an die Deutsche Bank und andere
Gläubiger trägt mit dazu bei, dass die Mittel für den sozialen
und infrastrukturellen Aufbau fehlen. Die Opfer der vormaligen grausamen und
kriminellen Arbeitsbedingungen, an denen die westlichen Investoren jahrelang
mitverdienten, warten weiterhin auf eine Entschädigung.
Bleibt festzustellen:
Die Empfehlungen des OMGUS-Berichts sind also immer noch aktuell!
Fußnote
* Office of Military Goverment for Germany, United States (OMGUS), Militärregierung
der Vereinigten Staaten für Deutschland, Finanzabteilung – Sektion
für finanzielle Nachforschungen. [back]
zum letzten Beitrag | zum nächsten Beitrag
|
|
|