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Bischöfe Bornwasser, Sebastian, Gauleiter Bürckel,
Reichsinnenminister Frick, Goebbels (1935) |
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Heil Hitler und Amen –
Kirche während des Faschismus
Broschüre vom Gegeninformationsbüro
6. September 2005
Vielen Katholiken erschien Hitler als christlich-nationale Integrationsfigur,
die für „Ruhe und Ordnung“ sorgte. Nach traditioneller Auffassung
schuldete man ihm den staatsbürgerlichen Gehorsam trotz seines totalitären
Weltanschauungsanspruchs, der konträr zum christlichen Denken stand.
So hatten die deutschen Bischöfe nach Hitlers kirchenpolitischem Entgegenkommen
(Regierungserklärung vom 23. März 1933) bereits ihre allgemeinen Warnungen
vor der NSDAP zurückgezogen.
Am 20. Juli 1933 kam es zur Unterzeichnung des Reichskonkordats zwischen der
NS-Regierung und Papst Pius XI, das der katholischen Kirche weitgehende Freiräume
innerhalb ihres kirchlichen Tuns einräumte. Dieses 3. internationale Abkommen
verschaffte dem NS-Regime einen nicht zu unterschätzenden Prestigegewinn.
Doch die Freude über das Konkordat hielt nicht lange an, denn das Hitler-Regime
setzte seine Schikanen bereits 1934 fort. Die Einschränkungen des kirchlichen
Wirkungsbereiches veranlassten den deutschen Episkopat 1936, den Papst um ein
Wort des Protestes zu bitten. Die deutschsprachige Enzyklika „Mit brennender
Sorge“ wurde am 21. März 1937 im ganzen Deutschen Reich von der Kanzel
verlesen. Der Papst kritisierte darin nicht nur die Kirchenpolitik des NS-Staates,
sondern auch dessen ideologische Grundlagen: „Wer die Rasse oder das Volk
oder den Staat oder die Staatsform (...) vergöttert, der verkehrt und fälscht
die gottgeschaffene (...) Ordnung der Dinge.“ Die Enzyklika bildete den
Höhepunkt der weltanschaulichen Konfrontation zwischen dem NS-Regime und
der katholischen Kirche. Papst Pius XI. starb am 10. Februar 1939.
Krieg, Kirche und Hitlers Papst
Die katholische Kirche sah sich bei Ausbruch des Krieges in die „nationale
Pflicht“ genommen. Den Aufrufen der Bischöfe fehlte es nicht an Solidaritätsbekundungen.
Dem Gebot der nationalen Geschlossenheit im Krieg war alles unterzuordnen.
Während des gesamten Krieges wurde die katholische Kirche von Papst Pius
XII (1939 bis 1958), dem ehemaligen Kardinalstaatssekretär Eugenio Pacelli
angeführt, der die Verhältnisse in Deutschland aus seiner Zeit als
Apostolischer Nuntius beim Deutschen Reich und als päpstlicher Verhandlungsführer
beim Abschluss des Reichskonkordats bestens kannte.
Es verdichten sich die Indizien, dass Papst Pius XII stets nur vom Streben nach
Sicherung und Mehrung des Katholizismus beseelt war, angefangen bei der Einfädelung
des Reichskonkordats bis hin zur Direktive zum kirchlichen Gedenken an die Geburtstage
Hitlers. So sah er in seinem missionarischen Eifer in der Wehrmacht möglicherweise
die Speerspitze eines Kreuzzugs zur Erlösung Russlands vom jüdisch-bolschewistischen
Joch. [1] Denn zum Beispiel exkommunizierte Papst Pius XII. 1949 alle Kommunisten
Italiens. Die katholischen Nazis einschließlich des bis zu seinem Tode
katholischen Hitler hat er nicht exkommuniziert.
Und: „Der Papst, der geschwiegen hat“ – schwieg nicht
immer! Am 1. April 1939, vier Wochen nach seiner Krönung, sandte Pius XII.
an General Franco folgendes Telegramm: „Unser Herz zum Herrn emporhebend,
bringen wir Eurer Excellenz für den ersehnten katholischen Sieg Spaniens
unseren aufrichtigen Dank dar. Wir geben unserem Gelöbnis Ausdruck, dass
dieses geliebte Land in dem erreichten Frieden mit neuer Kraft die alten christlichen
Traditionen übernehmen möge, die es groß gemacht haben. Mit Gefühlen
herzlicher Zuneigung senden wir Eurer Excellenz und dem ganzen edlen spanischen
Volke unseren apostolischen Segen.“ [2] Kommentar überflüssig bei
einem Krieg, der mehr als einer Million Menschen das Leben kostete.
Aber vielleicht lässt sich doch noch der kämpferische Geist des Papstes
nachweisen: Laut einer Meldung des ORF vom 4. Mai 2001, die auf einem Artikel
in der Turiner „La Stampa“ gründet, versuchte Pius XII durch
Teufelsaustreibungen („Im Namen Jesu, Satan, weiche!“) Hitler aus
der Ferne zu „heilen“. [3] Überraschender Weise ist ihm das auch
nicht gelungen.
Der „Beweis“ für kirchlichen Widerstand
Im Zentrum der Analyse des Verhaltens der katholischen Kirche während des
Faschismus soll das von ihr selbst als herausragendes Beispiel für Widerstand
wiederholt benannte „Hirtenwort der deutschen Bischöfe über die
Lage der katholischen Kirche in Deutschland“ [4] dienen. Das 1941 ausgearbeitete
Papier wurde zusammen mit der evangelischen Bekennenden Kirche als gemeinsame
Denkschrift dem Reichskanzler zugestellt. Als es unbeantwortet blieb, gingen
zahlreiche west- und süddeutsche Diözesen im März 1942 dazu über,
eine gekürzte Fassung von den Kanzeln der Pfarrkirchen verlesen zu lassen.
Auf sechs dicht mit der Maschine geschriebenen Seiten werden folgende Untergliederungen
vorgenommen:
I. Religiöse und kirchliche Rechte
1. Einschränkungen des Konkordats
2. Verletzung des Rechts auf religiöse Erziehung
3. Behinderung der Ausübung des Lehr- und Seelsorgeamtes der Priester sowie
der katholischen Presse
4. Verdrängung der Orden und religiösen Genossenschaften
5. Beschlagnahmung von Priesterseminaren
II. Gottverliehene Rechte des Menschen [5]
1. Recht auf persönliche Freiheit
2. Recht auf Leben
3. Recht auf Besitz
4. Recht auf Schutz der Ehre gegen Lüge und Verleumdung
Während im Teil I ausschließlich auf rein kirchliche Belange Bezug
genommen wird, lässt Teil II die Hoffnung aufkommen, dass wenigstens dort
eindeutig Position gegen die Kriegs- und Vernichtungspolitik des faschistischen
Regimes eingenommen wird.
In II.1. wird die persönliche Freiheit aller Menschen gefordert, jedoch
innerhalb der Grenzen die „... die Pflicht des Gehorsams gegen die
gerechten Gebote der rechtmäßigen Obrigkeit ihm ziehen.“ Da
hier noch Interpretationsspielraum verbleibt, werden nachfolgend die weiteren
Absätze untersucht.
Kirchlicherseits wird gern der letzte Absatz von II.2. zitiert: „Wir Bischöfe
werden es nicht unterlassen, gegen die Tötung Unschuldiger Verwahrung einzulegen.
Niemand ist seines Lebens sicher, wenn nicht unangetastet dasteht: Du sollst
nicht töten!“. Da II.2. die Euthanasie geisteskranker Menschen zum
Thema hat, ist eine Ausweitung dieses Satzes auf jeden Menschen zwar wünschenswert,
entspricht aber keinesfalls den tatsächlichen Aussagen des Hirtenbriefes.
Auch II.4. bezieht ausschließlich katholische Ordensleute ein, die „... auch
im Kriege, heldenmütig ihre Pflicht getan [haben], wie vielfach auch durch
die Verleihung von Kriegsauszeichnungen anerkannt ist.“
Vergeblich durchsucht man den Text auf eine versteckte oder gar offene Positionierung.
Eher wird man gegenteilig fündig, wenn die Bischöfe davor warnen „... womöglich
das Christentum in Deutschland zu vernichten; und zwar noch während des
Krieges, noch bevor die Soldaten, die zum großen Teil im christlichen Glauben
die Kraft zu heldenhaftem Kämpfen und opferstarkem Aushalten finden, in
die Heimat zurückkehren.“ Hier muss man schon „göttliche
Gaben“ besitzen, um eine Ablehnung des Krieges heraus zu interpretieren.
Zur insgesamt äußerst zurückhaltend formulierten Schrift muss
hinzugefügt werden, dass spätestens zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung
die deutschen Bischöfe und auch die päpstliche Kurie gesicherte Informationen
des Hilfswerks beim Bischöflichen Ordinariat Berlin besaßen, dass
die Deportationen der Juden in den Osten keine Umsiedlung, sondern die Vorbereitung
für ihre physische Ausrottung bedeuteten. [6]
Im Jahr 2004, nach Öffnung einiger Geheimdokumente des Vatikans, belegt
Sale, Redakteur der Jesuitenzeitschrift „La Civilta’ Cattolica“,
mit der Veröffentlichung von 80 Nuntiaturberichten aus München und
Berlin an das Staatssekretariat unter Kardinal Eugenio Pacelli (dem späteren
Papst Pius XII.) aus der Zeit von 1930 bis 1938, dass der Vatikan stets über
das Tun und Streben der Deutschen Faschisten informiert war. [7]
Die Kirche hat zwar geschwiegen, aber sie unterstützte nie aktiv das Regime,
oder?
Häufig wird gefragt, woher die Faschisten die Religionszugehörigkeit
der Einzelperson wussten. Leider spielt auch hier die Kirche eine unselige Rolle:
Was über Finanzämter, das Berufsbeamtengesetz, eine Volkszählung
1933 und eine weitere 1939 nicht in Erfahrung zu bringen war, klärten teilweise
die Kirchenbücher.
Dort war unter anderem vermerkt, wenn beziehungsweise wann ein Mensch jüdischen
Glaubens zum christlichen übertrat. Um einer Überarbeitung der Pastoren
beim Ausfüllen der „Ariernachweise“ vorzubeugen, wurde eine
zentrale Kirchenbuchstelle geschaffen. Somit half die Kirche tatkräftig
bei der Suche nach Christen mit jüdischer Herkunft mit.
Widerstand von unten
Auch wenn bisher ausführlich gezeigt wurde, dass die Amtskirche und ihr
Oberhirte kläglich als Bollwerk gegen den Faschismus versagten, darf nicht
unterschlagen werden, dass vielzählige Christen mutig gegen das Regime aufgetreten
sind und aktiv Menschen jüdischen Glaubens, Kommunisten, Roma und Sinti,
Homosexuelle und andere Verfolgte unterstützten. 407 Priester wurden in
ein Konzentrationslager verbracht, 107 kamen dort zu Tode. 63 weitere Priester
wurden hingerichtet oder ermordet. Zahlen über Christen, die sich dem alltäglichen
Faschismus widersetzten und ein ähnliches Schicksal erlitten, gibt es zwar
nicht, aber diese Menschen gab es auch.
Die Kirche nach Kriegsende
Nach Kriegsende wollten unzählige Kriegsverbrecher im fernen Ausland abtauchen.
Zynischerweise war es gerade die katholische Kirche, die ihnen dabei behilflich
war. Über die Fluchtroute mit dem Namen „Vatikanlinie“ oder „ratline“ wie
sie im Geheimdienst genannt wurde, brachte man die Nazis über Rom und Genua
nach Übersee. [8] Den Namen erhielt sie, weil sie durch ein Netz von Klöstern
und Priestern ging. Eine wichtige Rolle spielte Bischof Alois Hudal dabei, der
sich schon 1937 in einem Buch [9] offen zum Nationalsozialismus bekannt hatte und
als Direktor eines Priesterkollegs fast 30 Jahre Einfluss auf den kirchlichen
Nachwuchs hatte. Er besorgte falsche Reisepässe beim Internationalen Roten
Kreuz und Reisegeld bei der Caritas. Protestanten fanden Hilfe beim Präses
Heinemann und je nach Nationalität gab es weitere Unterstützergruppen.
Geheimdienste mischten selbstverständlich auch mit. Der kroatische Priester
Krunoslav Dragonovic, in seiner Heimat ein Aktivist der faschistischen Ustascha,
leitete in Genua das „Geschäft“: zirka 1000 Dollar pro Person,
Kinder die Hälfte und „Promis“ 1400 Dollar. Er arbeitete eng
mit Bischof Hudal zusammen und war unter anderem für die gelungene Ausreise
von Klaus Barbie und Eichmann verantwortlich.
Aber heute!
Bei den Nachgesängen auf den kürzlich verstorbenen Papst Johannes Paul
II wurde wiederholt dessen herausragende Rolle als Papst der „Wiedergutmachung“ unterstrichen.
Da drängt sich sofort die Frage auf: Was machte er wieder gut? [10]
Papst Johannes Paul II war eher bereit zu einer Entschuldigung als seine Vorgänger,
denn: „Papst Johannes Paul II. bat 26 mal für historische Vergehen
der Katholiken um Entschuldigung.“ schrieb das Katholische Sonntagsblatt
(7. September 1979). In seiner Enzyklika „Tertio Millenio Adveniente“ habe
er zudem geschrieben: „Das Eingestehen des Versagens von gestern ist ein
Akt der Aufrichtigkeit und des Mutes.“ Die Kirche könne die Schwelle
des zweiten Jahrtausends nicht überschreiten, ohne „ihre Kinder dazu
anzuhalten, sich durch Reue von Irrungen, Treulosigkeiten, Inkonsequenzen und
Verspätungen zu reinigen.“
So einfach ist das also: 26 mal um Entschuldigung bitten und schon hat sich die
Kirche von der Verantwortung freigekauft, anstatt sich aktiv an der Entschädigung
der Opfer zu beteiligen.
Fußnoten
- Siehe dazu: Kirchengeschichte ... [back]
- Leserbrief in der ZEIT vom 2. Dezember 1999 [back]
- Wer sich noch immer ernsthaft mit diesem unseligen Papst beschäftigen
will, der/dem sei Hitler’s Pope: The Secret History of Pius XII von John
Cornwell empfohlen. Auch auf deutsch erhältlich. [back]
- vollständig abgedruckt unter anderem in: Beiträge zum Widerstand 1933
bis 1945, Nr. 36. Kostenlos erhältlich bei Gedenkstätte Deutscher Widerstand,
Berlin. [back]
- Eher allgemein bekannt als „Menschenrechte“. [back]
- Siehe Anmerkung 2 [back]
- Seine Schlussfolgerung aus der Veröffentlichung der Akten ist jedoch etwas
anders gelagert: „Der Vatikan hat sich demnach zu keinem Zeitpunkt nach
der Machtergreifung Hitlers 1933 der Illusion hingegeben, die Nazis könnten
eventuell Verbündete der Kirche bei der Abwehr der bolschewistischen Bedrohung
sein.“ [back]
- Ausführliche Literatur zum Thema: a) Klaus Barbie von Tom Bower, b) Die
Rattenlinie von Gehlen [back]
- Alois Hudal, Die Grundlagen des Nationalsozialismus [back]
- Lesenswerter Artikel zu diesem Thema in: Junge Welt Nr. 77/78, USA-Vatikan-Connection
von Marian Stankiewicz [back]
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