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Kundgebung am Potsdamer Platz
„Helfer in Krieg und Frieden“
Broschüre vom Gegeninformationsbüro 6. September 2005


Im Vorfeld der Feierlichkeiten zum 8. Mai, dem Tag des Sieges über den Nazi-Faschismus, darf die Geschichte der Mercedes-Benz AG als ein Beispiel für die Verstrickung heutiger deutscher Unternehmen in Nationalsozialismus und Krieg keinesfalls fehlen.

Der Rüstungsbereich spielte bei Mercedes Benz und Daimler schon im ersten Weltkrieg eine außerordentliche Rolle. In der Zeit des Nazi-Faschismus, als sich die beiden Unternehmen zur Daimler-Benz AG zusammenschlossen, machte die Rüstung einen Anteil von bis zu 90 Prozent des Umsatzes aus. An der strategischen Ausrichtung war die Deutsche Bank als Großaktionär des Daimler-Benz-Konzerns maßgeblich beteiligt.

Die Deutsche Bank stellte mit Emil Georg Strauß den Daimler-Aufsichtsratsvorsitzenden, der das operative Geschäft der Rüstung lenkte. Er war NSDAP-Mitglied und ein persönlicher Freund Hermann Görings. Regelmäßige und umfangreiche staatliche Rüstungsaufträge und die Motorisierung der Gesellschaft ließen den Aktienkurs und die Dividenden steigen. Unternehmensleitung, Aktionäre und Belegschaft waren sich zum großen Teil einig in ihrer Dankbarkeit gegenüber „Führer und Reich“.

Das dunkelste Kapitel der Daimler-Benz Geschichte bleibt neben der Rüstungsproduktion die Ausbeutung, Auspressung und Ermordung durch Zwangsarbeit. Das war die geplante und kontrollierte Vernichtung durch Leistungserpressung von Kriegsgefangenen, KZ-Häftlingen und anderen ZwangsarbeiterInnen. Ende der Kriegsjahre stellten diese Gruppen in den zahlreichen Fabriken mehr als die Hälfte der Belegschaft. Etwa siebzigtausend Menschen wurden in den Rüstungsbetrieben bei Mercedes-Benz zu Tode verwertet.

Noch 1969 behauptete Mercedes, es habe gar keine KZ-Häftlinge bei Daimler-Benz gegeben. Erst als 1987 eine beachtliche Studie der Hamburger Stiftung für Sozialgeschichte, „Das Daimler-Benz Buch“, herauskam und weitere öffentliche Kritik nicht nachließ, musste sich der Konzern mit seiner eigenen Geschichte auseinandersetzen. Letztlich gab es für die überlebenden ZwangsarbeiterInnen nur einige Brosamen vom Herrentisch: Nach über 50 Jahren der Ignoranz und Leugnung trat Daimler der „Stiftungsinitiative der deutschen Wirtschaft“ bei und bequemte sich damit zur billigsten Lösung.

Das Stiftungsgesetz schließt Rechtsansprüche ausdrücklich aus und machte die Menschen mit Lohn- und Entschädigungsansprüchen zu AlmosenempfängerInnen. Dies ist eine weitere Beleidigung und Verhöhnung der Opfer durch die Daimler-Benz AG.

Kein Vergessen, kein Vergeben für die Profiteure der Zwangsarbeit!
Auch den Übergang zur Friedenszeit hat Daimler-Benz gut hinbekommen. In den letzten Kriegsmonaten bauten sie Produktionsanlagen in Ostdeutschland ab und brachten sie nach Süddeutschland. Schon im Herbst 1945 erhielten sie Aufträge von Alliierten zur Instandsetzung von Kraftfahrzeugen. Von der Währungsreform konnten die Aktionäre sogar profitieren, denn Aktien konnten eins zu eins in die neue Währung „Deutsche Mark“ umgetauscht werden, während einfache Bankguthaben neun zu eins abgewertet wurden.

Anfang der siebziger Jahre hatte Daimler-Benz Großaktionär Friedrich Flick sein Aktienpaket an die Deutsche Bank verkauft. Diese war jetzt wie vor 1945 wichtigster Großaktionär. Erneut initiierte die Deutsche Bank den Wiedereinstieg von Daimler Benz in die Rüstungsindustrie durch Aufkauf einer Reihe namhafter Rüstungshersteller. Auf die Frage, welche Vision er für sein Unternehmen habe, antwortete der Daimler-Vorstandsvorsitzende Schrempp dem ‚Spiegel‘ 1995 kurz und knapp: „Profit, Profit, Profit“.

1998 übernahm die Mercedes Benz AG den Konzern Chrysler, um als „global player“ in der Automobilbranche weltweit agieren und ausbeuten zu können. Die Führung von Chrysler wurde sozusagen „germanisiert“. Konzernlenker Jürgen Schrempp übernahm die alleinige Führung.

Das zweite Standbein des Daimler-Konzerns ist die stabile Auftragslage, die auf dem Weg der EU zu einer Militärmacht herausspringt. Mit der European Aeronautic Defence and Space Company, kurz EADS, wurde ein entsprechender militärisch-industrieller Komplex geschaffen, zu dessen Spitze auf deutscher Seite der Daimler-Konzern zählt. Nach dem Motto: produziert wird, was maximale Gewinne bringt, produziert EADS beziehungsweise deren Beteiligungsgesellschaft RTG-Euromunition unter anderem die international geächteten Landminen und liefert diese wie auch anderes Kriegsgerät mit steigender Tendenz in alle Welt.

Der Geschäftsführer des Dachverbands der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre, Henry Mathews, erinnerte kürzlich, dass in New York, San Francisco, Buenos Aires, La Plata und Nürnberg juristische Verfahren gegen DaimlerChrysler anhängig sind, die sämtlich im Zusammenhang mit schweren Menschenrechtsverletzungen während des Apartheidregimes in Südafrika beziehungsweise der Militärdiktatur in Argentinien stehen. Unabhängig von deren Ausgang steht der Konzern in der moralischen und historischen Schuld, seine Archive aus diesen Zeiten zu öffnen und Entschädigungen an die Opfer zu zahlen. Die Maxime der skrupellosen Profitmaximierung kostete damals wie heute Menschen das Leben.

Damals wie heute muss gelten: Nie wieder Faschismus! Nie wieder Krieg! DaimlerChrysler zerschlagen! Und ALG II für die Manager!


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 6. September 2005