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Das Karl-Liebknecht-Haus Ende 1926 |
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Das Haus steht, die Idee auch
Broschüre vom Gegeninformationsbüro
6. September 2005
Beitrag zum Konvoi des Zeitzeugen Erich Selbmann am Karl-Liebknecht-Haus.
Liebe Freunde, liebe Gäste, liebe Genossen, ich bin sehr zufrieden, dass
Sie auch hierher zu diesem Haus, auf diesen Platz, in dieses geschichtsträchtige
Zentrum der Hauptstadt gekommen sind. Der Grund meiner Zufriedenheit über
Ihr Kommen ist auch nicht der mögliche Gedanke daran, dass hier, in dieser
kleinen Weydinger Straße, direkt neben dem Rosa Luxemburg Platz, lange
politische Entscheidungen getroffen wurden – so lange war diese Zeit übrigens
gar nicht! Dieses Haus war ursprünglich ein einfaches Bürohaus. Erst
im November 1926 wurde es zum Sitz des Zentralkomitees der KPD und der Bezirksleitung
Berlin-Brandenburg/Lausitz-Grenzmark (1928 kam dann noch eine Druckerei hinzu).
Doch schon im Februar 1933 war dieses Haus beschlagnahmt, alle Einrichtungen
verdrängt. Im Zweiten Weltkrieg wurde auch dieses Haus, wie so viele im
Umkreis, durch Bombenangriffe zerstört, erst 1949 wurde das Haus – anders
als es vorher war – wieder aufgebaut. Wenn ich dennoch das Wort „zufrieden“ mit
Ihrem Interesse verbinde, so hat das einen ganz besonderen Grund: ich sehe darin
Ihr Interesse an einigen Ereignissen, über die heutzutage keine Zeitung
schreibt, kein Fernsehprogramm Dokumentationen zeigt, Ereignisse, die die heutigen
Machthaber einfach verdrängen wollen – wie man denken soll – mit
dem „Tag der Befreiung“, mit dem 8. Mai nichts zu tun habe: Totschweigen
als Mittel der politischen Propaganda – Schlimmeres kann es gar nicht
geben. Die Wahrheit ist, dass die Partei – die damals hier ihre Zentrale
hatte – die erste war, die den entschlossenen Widerstand gegen die
Nazi-Diktatur organisierte, und zugleich die erste, die von der Nazi-Diktatur
brutal angegriffen wurde – besonders deutlich gerade für alle
Welt an diesem Platz. Ich will dies nur an vier Ereignissen kurz zeigen, über
die man eigentlich sehr lang diskutieren könnte:
Am 22. Januar 1933 – also acht Tage vor der Machtübergabe an
Hitler – über die noch niemand sprach, befahl Hitler eine Einschüchterungsaktion,
die auf das ganze Volk wirken sollte: um auf dem Friedhof hier in der Nähe
einen Gedenkstein auf das Grab Horst Wessels zu setzen, sollten 10 000 SA-Männer
vom Bülow-Bogen hier am Karl-Liebknecht-Haus vorbei marschieren. Alle Gegendemonstrationen
waren verboten.
Am 25. Januar fand dann, als eine Antwort darauf, die letzte Massendemonstration
des Roten Berlins hier statt. Etwa 130 000 Kommunisten und Parteilose marschierten
am Karl-Liebknecht-Haus vorbei. Ein Signal, das den Widerstand gegen die drohende
Diktatur der Rechtsradikalen ins Zentrum rückte. Als wenig später – Hitler
war schon an der Macht und die erste Reichstagswahl sollte ihn bestätigen – der
Reichstag in Brand gesetzt wurde, taten die SA- und SS-Organe alles, um die so
genannten Schuldigen anzuklagen. Drei Polizeieinheiten drangen in dieses Haus
ein, die Beschlagnahme von Tonnen von Akten sollte die Brandstiftung den Kommunisten
unterstellen, sie verbieten, ihre Aktivisten in Zuchthäuser und Konzentrationslager
bringen. Und noch eine vierte Episode will ich nennen, die mich immer zum Nachdenken
zwang. Am Abend des 30. Januar, dem Tag der Machtübergabe an Hitler, ging
Maria Reese, eine kommunistische Abgeordnete, die sehr kritisch war, ins Karl-Liebknecht-Haus
und wollte fragen, wie es weiter gehen soll. Sie traf Wilhelm Florin und fragte
ihn, was man nun machen wolle. Florin hob die Schultern und ließ sie wieder
fallen: was soll man machen, wenn man keine kommunistischen Arbeiter in den Betrieben
hat? Die Tatsache, dass man eine eigene Gewerkschaft, die RGO, gegründet
hat erwies sich als ein folgenreicher Fehler. Maria Reese schrieb in ihr Tagebuch: „Da
sitzen nun die Generale und warten auf die Befehle der Soldaten!“
Von da an richtete man das Bemühen darauf, möglichst breite Bündnisse
mit allen Gewerkschaften, allen fortschrittlichen Parteien, alle zum Widerstand
bereiten Männer und Frauen zu schaffen- bis hin zum 8. Mai.
Erich Selbmann
Erich Selbmann ist ehemaliger DDR-Industrieminister, Journalist und Schriftsteller.
Er ist VVN-BDA- und DKP-Mitglied. Er gehörte einer von den Nazis verfolgten
Familie an. Sein Vater, Mitglied der KPD, war im Konzentrationslager.
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