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Aktionen gegen Abschiebungen –
Freitag den 9. September 2005 in Berlin
Bündnis „Stopp Abschiebung“ 6. August 2005

Besuch der Parteizentralen: 10 Uhr,
SPD-Zentrale, Berlin Willy-Brandt-Haus, Wilhelmstraße 141, U Hallesches Tor.

Kundgebung: 17 Uhr,
Pariser Platz, S Unter den Linden


In Deutschland leben offiziell zirka sieben Millionen MigrantInnen und Flüchtlinge. Und etwa eine halbe Millionen Menschen leben ohne Papier unter prekärsten Bedingungen. Selbst die Eingebürgerten haben keinen sicheren Status, da ihnen der deutsche Pass jederzeit entzogen werden kann, wie es im Moment bei zirka 100 000 Menschen aus der Türkei der Fall ist. Trotz der verbal anerkannten Realität der Migration, vor allem wegen der konsumierbaren Multikultivielfalt, wird das Leben der MigrantInnen und Flüchtlinge in Deutschland durch Rassismus, Ausgrenzung und Generalverdacht bestimmt.

Ein menschenwürdiges Leben wird den MigrantInnen und Flüchtlingen systematisch verweigert; denn die „westliche Zivilisation“ braucht ihre Feindbilder, um sie für soziale Missstände, Bildungsdefizite, Kriminalität, Terrorismus etc. verantwortlich zu machen. Sie sind die ausgewählten Objekte, an denen die soziale Degradierung und die verschiedensten Formen der Repression des Kapitalismus zuerst angewendet werden. Hartz IV in gravierenderer Form gehört seit zwölf Jahren zum Alltag der Flüchtlinge.

Seit Jahrzehnten gehören
  • Sondergesetze (Zuwanderungsgesetz, Asylbewerberleistungsgesetz)
  • Residenzpflicht (Beschränkung der Bewegungsfreiheit auf einen Landkreis)
  • Demütigung durch Lebensmittelgutscheine und 40 Euro Taschengeld im Monat
  • Gefangennahme in Sammellager und Abschiebehaft
  • Ständige Drohung mit Abschiebungen (Zirka 50 000 Abschiebungen im Jahr)
  • Ausschluss von der politischen Partizipation
  • Aberkennung der ohnehin sehr geringen Anzahl der Asylanerkennungen
  • Ständiger Unsicherheitsstatus mit Kettenduldungen
  • Einteilung in „nützliche“ und „unnützliche“ MigrantInnen und Flüchtlinge
  • Einhämmerung der als Integration verpackten deutschen „Leitkultur“
  • Körperverletzung und Tod durch rassistische Angriffe der Polizei und Neonazis
zum Alltag der MigrantInnen und Flüchtlingen in Deutschland.

Wir haben es satt, ständig auf die unerträglichen Zustände, die Kontinuitäten des Kolonialismus aufweisen, hinzuweisen. Wir appellieren nicht an das Gewissen der „bürgerlichen Demokratie“ und ihrer Anhängerschaft. Wer diese Zustände mit seinem Gewissen und seiner politischen Anschauung nicht vereinbaren kann, wird ohnehin handeln.

Wir stellen nur klar: Wir haben ebenfalls ein unveräußerliches Recht auf ein menschenwürdiges Leben, für das wir immer und überall kämpfen werden. Europäischen Staaten und ihren Gesellschaften sollte es klar sein: Wir sind nicht „Nutzniesser“ dieses vermeintlichen Wohlstands, wie es oft verleumderisch behauptet wird. Der Reichtum dieses Landes beruht auf der Ausplünderung unserer Länder. Wir sind hier, weil unsere Länder durch westliche Länder ausgebeutet und zerstört werden.

Wir appellieren an die MigrantInnen und Flüchtlingen: Wir dürfen es nicht länger zulassen, dass wir als Menschen 2. oder 3. Klasse behandelt werden. Keiner außer uns ist die Kraft, die mit diesen Zuständen Schluss machen kann. Lassen wir uns nicht aufteilen in „gute“ und „böse“ MigrantInnen und Flüchtlingen. Nur mit einer internationalistischen Haltung und Solidarität haben wir die Chance, den Herrschenden Paroli zu bieten. Mit Almosen für Einzelgruppen sollten wir uns nicht zufrieden geben. Glücklich sind wir erst dann, wenn alle das sagen können.

Organisieren wir uns in allen Lebensbereichen und vernetzen wir unsere Initiativen! Kämpfen wir bis der gegenwärtige Zustand sich grundlegend ändert!

Gegenwärtig werden auch in Berlin und Brandenburg hunderten von Menschen Abschiebungen angedroht. Das bedeutet Auslieferung an Verfolgerstaaten, die nicht selten mit Folter und Tod enden. Abschiebung von Menschen, die sich größtenteils mit der Familie hier seit Jahren eingelebt haben, bedeutet nicht anderes als ein zerstörerischer Einschnitt in ihrer Lebensgeschichte. Abschiebung, die Lebensgefahr für die Betroffenen billigend in Kauf nimmt, ist eine alarmierende Form der rassistischen Praxis, der wir entschieden entgegentreten müssen.

Schluss mit entwürdigenden Lebenszuständen in Deutschland, rassistischen Sondergesetzen und Abschiebungen! Bleiberecht für alle – jetzt sofort! Unsere Agenda heißt: Kampf um alle Rechte!


UnterstützerInnen: Alliance of Struggle, Allmende, Anti-Colonial Africa Conference, ARI, BBZ, Dest-dan, FIB, Flüchtlingsrat-Berlin, FrauenRechtsBüro e.V., Initiative gegen Abschiebehaft, Initiative gegen Chipkartensystem, Karavane, Navenda Kurda, Plataforma, Respect, The Voice

Aufruf zu den Aktionen am 9. September auf Englisch
Aufruf zu den Aktionen am 9. September auf Französisch
Aufruf zu den Aktionen am 9. September auf Spanisch
Aufruf zu den Aktionen am 9. September auf Türkisch
Aufruf zu den Aktionen am 9. September auf Kurdisch
Aufruf zu den Aktionen am 9. September auf Albanisch
Aufruf zu den Aktionen am 9. September auf Russisch
 6. August 2005